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4.11.2000

Pressemitteilung
 
 

Keinen Frieden mit allen Tätern !
Rassismus auf jeder Ebene bekämpfen !

Nach den bitteren Erfahrungen, die MigrantInnen und Flüchtlinge in den letzten Jahren mit diesem Rechtssystem und mit dieser Gesellschaft gemacht haben, scheint es absurd an, daß gerade die Repräsentanten dieses Staates jetzt zu einer Groß-Demonstration für "Menschenwürde und gegen Rassismus" aufrufen (Erstunterzeichner u.a. Otto Schily, Friedrich Merz, Gerhard Schröder).

Die neue Empörung richtet sich vor allem gegen den plötzlich entdeckten Rechtsradikalismus auf der Straße. Mit der groß angelegten von der Regierung mitgetragenen PR-Aktion soll das internationale Ansehen des Landes und der Wirtschaftsstandort Deutschland gerettet werden.

Die Politik der Abschottung nach außen und der Ausgrenzung nach innen, die Parolen vom "vollen Boot", von "Überfremdung" und von "Scheinasylanten", die "auf unsere Kosten" leben würden, sind über die Jahre auf fruchtbaren und vor allem deutschen Boden gefallen. Der Rassismus der Bevölkerung wird seit Jahren staatlich gestützt und verteidigt.

Nicht-Deutsche sind in diesem Lande permanent Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Maßnahmen ausgesetzt. Die Menschenwürde wird angegriffen, indem tausendfache und oft monatelange Freiheitsentziehungen, zur Vorbereitung von Abschiebung durchgesetzt werden. Die Menschenwürde wird angegriffen, indem völlig legal und im Rahmen der Gesetze Tausenden Menschen in diesem Land Arbeitsmöglichkeit und Wohnung und ein eigenständiges Leben verwehrt wird, weil sie Flüchtlinge sind. Sie sind über Jahre gezwungen zu einem Leben in Lagern, kaserniert hinter Stacheldraht - ohne Erlaubnis, den Ort zu verlassen. 

Durch das seit Jahren konstruierte Bild der Flüchtlinge als "Illegale", "Kriminelle", "Drogenhändler", oder "Wirtschaftsflüchtlinge" in Politik und Medien wird die schlechte Behandlung und die flächendeckende Verletzung von Menschenrechten legitimiert. Auch tote Flüchtlinge an den deutschen Grenzen, in Abschiebeknästen oder bei Abschiebungen spielen vor diesem Hintergrund in der Öffentlichkeit keine Rolle, seien sie doch selbst schuld an ihrem eigenen Unglück. Diese moralischen Verdrehungen gehen so weit, daß beim Anschlag auf das Flüchtlingsheim in Lübeck jahrelang mit absurdesten Konstruktionen ein Flüchtling angeklagt wurde, anstatt die naheliegende Spur von verdächtigten Rechten zu verfolgen. Die Opfer werden zu Tätern erklärt. 

Das Ergebnis ist ein rassistischer Normalzustand - eine Selbstverständlichkeit, mit der Rassismus heute zur Grundeinstellung breiter Bevölkerungsteile gehört. Und die Grenzen zwischen staatlichem und gesellschaftlichem Rassismus sind fließend.

Bei den Angriffen in Rostock, Solingen, Hoyerswerda, Mölln usw.usw... war man schockiert, aber doch immer sehr verständnisvoll: "die Deutschen" seien überfordert mit so vielen "Fremden" und mit der großen Arbeitslosigkeit. 

Sichtbar ist der Rassismus auch auf sogenannten gefährlichen Plätzen, auf denen die Polizei gezielt "Schwarze" kontrolliert und jagt und jeder Passant und jede Passantin in ihrem Bild "schwarz ist gleich kriminell und gehört festgenommen" bestätigt wird.

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Rassistische Gesetze und Verordnungen werden von Beamten umgesetzt, die mit der Rückendeckung des Staates ihren eigenen Rassismus ausleben können und oft genug Menschen mißhandeln. Daß diese verbeamteten Täter, meistens für ihre Straftaten nicht verurteilt werden, sondern im Gegenteil, den Opfern der Prozeß gemacht wird, zeigt den rassistischen Konsens zwischen Staat und Gesellschaft.

Die Menschen, die aufgrund deutscher Nationalität das Existenzrecht in diesem Lande immer nur für sich in Anspruch nehmen, sind rassistisch. Und Menschen, die weggucken oder schweigen, unterstützen den staatlichen und gesellschaftlichen Terror gegen Flüchtlinge und MigrantInnen.
 

Wir fordern:

Schaut nicht weg, greift ein !

Weg mit den rassistischen Sondergesetzen !

Gleiche Rechte und gleiche Behandlung für alle hier lebenden Menschen !
 
 

Die Antifaschistischen Intitiative Moabit (AIM) ruft unter dem Motto

"Kein Vergeben - Kein Vergessen"

zur Demonstration im Berliner Bezirk Tiergarten auf.

Wir unterstützen diese Demonstration, die zum neunten Mal stattfinden wird.

Donnerstag, 9. November 2000
Start: 17 Uhr an dem Mahnmal Levetzowstraße
(U-Bahn: Turmstraße dann 10 Minuten zu Fuß)
Abschlußkundgebung am Mahnmal an der Putlitzbrücke




Der Demonstrationszug orientiert sich an dem Weg, auf dem die Juden und Jüdinnen vom Sammellager in der Synagoge in der Levetzowstraße zum Güterbahnhof an der Putlitzbrücke getrieben wurden.