18.03.2006 / Inland / Seite 04

Abschiebung in den Tod

Ausgewiesene Kongolesin starb bei der Geburt ihres Kindes in Kinshasa. Niedersächsischer Petitionsausschuß debattiert seit zwei Jahren Antrag auf humanitäres Bleiberecht

Von Reimar Paul

Emmerthal, Niedersachsen, in der Nähe des Atomkraftwerks Grohnde: Im Schatten von Kühlturm und Reaktorkuppel spielte sich unbeachtet von der Öffentlichkeit vor zwei Jahren ein Abschiebedrama mit tödlichen Folgen ab, das erst jetzt Stück für Stück bekannt wird.

1995 flüchtet das Ehepaar Freddy Kisuwu Ndungigi und Tshiana Nguya mit seinen beiden Kindern aus dem Kongo nach Deutschland. Eine weitere Tochter kommt 2002 in Emmerthal zur Welt. Die Asylanträge der Familie werden nach längerem juristischen Hin und Her abgelehnt.

In der Nacht zum 17. Februar 2004 werden die Flüchtlinge aus dem Schlaf gerissen. Polizisten stehen vor der Tür, um die Familie abzuschieben. Dem 14-jährige Sohn gelingt die Flucht, die Eltern und die beiden jüngeren Töchter werden ins Flugzeug nach Amsterdam gesetzt.

Der Vater erleidet einen Atemstillstand und muß in Amsterdam ins Krankenhaus. Die Niederländer schicken die Familie zurück nach Deutschland. Aus Angst vor einer weiteren Abschiebung hält sie sich versteckt.

Tshiana Nguya wird erneut schwanger. Weil sie keinen Arzt findet, der sie ohne Krankenschein behandelt, fährt sie am 21. Juni 2004 zur Ausländerbehörde nach Hameln. Dort wird sie umgehend verhaftet, die Kinder werden zunächst in Pflegefamilien untergebracht.

Am 26. August erfolgt die zweite Abschiebung. Bei Ankunft in Kinshasa wird Frau Nguya sofort in Polizeihaft genommen, später wird sie in einem Militärcamp arretiert. Am 7. Dezember 2004 stirbt die Frau bei der Geburt ihres vierten Kindes in einem Krankenhaus in Kinshasa. Über das Schicksal der beiden mit ihr abgeschobenen Kinder ist nichts bekannt.

Beim Petitionsausschuß des niedersächsischen Landtags ist seit fast zwei Jahren ein Antrag auf ein humanitäres Bleiberecht anhängig. In der vergangenen Woche war die Petition laut Auskunft der Landtagsverwaltung »noch nicht entscheidungsreif«.