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Weniger Asylanträge und Abschiebungen in Niedersachsen

Nur jeder vierte Spätaussiedler besteht Deutschtest - Innenminister lehnt Härtefallkommission ab - 890 Flüchtlinge gingen freiwillig

Hannover - Die Zahl der Asylanträge in Niedersachsen ist im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen. Sie sank um 13,3 Prozent auf 2909, teilte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) mit. Die Zahl der Abschiebungen aus Niedersachsen ging von 1847 im Vorjahr auf 1336 zurück. Auch die Zahl der Spätaussiedler sank weiter. Den neuen Deutschtest, den Aussiedler seit 2005 vor ihrer Einreise absolvieren müssen, bestanden nur knapp 25 Prozent.

Nach heftiger Kritik von Sozialverbänden und Kirchen verteidigte sich der Minister gegen die anhaltenden Vorwürfe, seine Flüchtlingspolitik sei unmenschlich. Am Umfang sowie an der Form der Abschiebung von Ausländern will Schünemann aber nichts ändern.

Die Debatte über die Einrichtung einer Härtefallkommission für Bleiberechtsfragen, wie sie fast alle Bundesländer haben, entflammte unterdessen neu. FDP-Generalsekretär Stefan Birkner sagte im "Weser Kurier", die bisherige Behandlung kritischer Abschiebefälle sei nicht ausreichend. Schünemann erklärte dagegen, er halte den Petitionsausschuß des Landtags weiter für das beste Gremium, um über solche Fälle zu entscheiden. Letztlich sei die Einrichtung einer Härtefallkommission aber die Entscheidung des Parlaments.

Schünemann betonte, gemessen an den reinen Zahlen sei der Vorwurf falsch, er sei der "größte Abschieber" des Landes. Dies sei vielmehr der frühere niedersächsische Minister für Bundes- und Europa-Angelegenheiten, Jürgen Trittin (Grüne), gewesen.

Der CDU-Politiker erklärte, bei vielen der jüngst öffentlich kritisierten Fälle sei oft nur die halbe Wahrheit bekannt geworden. Sollten Betroffene Straftaten begangen oder zu Unrecht Sozialhilfe bezogen haben, könnten sie nicht als Härtefall behandelt werden. Auch wer seine Herkunft verschleiert habe oder dauerhaft auf finanzielle Hilfe des Staates angewiesen sei, könne nicht auf Bleiberecht hoffen.

Im vergangenen Jahr wurden nur 0,47 Prozent aller Asylanträge in Niedersachsen positiv entschieden - insgesamt 25 Flüchtlinge erhielten dauerhaftes Bleiberecht. Weitere 17 wurden vom Petitionsausschuß des Landtags als Härtefälle anerkannt. 890 Flüchtlinge verließen das Land freiwillig - sie wurden dafür im Schnitt mit 930 Euro Starthilfe unterstützt.

Zur neuen Debatte über eine Härtefallkommission will die FDP zunächst keinen Vorstoß innerhalb der Koalition unternehmen. "Wir hatten vereinbart, daß wir erst mal eine zeitlang abwarten und das derzeitige Verfahren dann evaluieren. Dieser Zeitraum ist noch nicht verstrichen", sagte Fraktionschef Philipp Rösler.

Der Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Joachim Anlauf, sagte: "Wir haben eine Arbeitsgruppe eingerichtet und stehen im Dialog mit allen Gruppen, die im Petitionsausschuß mit diesen Härtefällen befaßt sind." Es werde diskutiert, ob die Art und Weise richtig sei, wie zu Ergebnissen gekommen werde. "Da gab es Diskussionen in der Fraktion, daher hat man die Arbeitsgruppe eingerichtet." lni


Artikel erschienen am Die, 14. M? 2006

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