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Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und 2. Januar 13 Bundesland Sachsen-Anhalt. In dem Flüchtlingsheim von
Vockerode verletzt sich selbst ein 25 Jahre alter irakischer Flüchtling und
droht dann, die Wohnnung eines anderen Bewohners abzubrennen. Den
vom Wachdienst gerufenen PolizibeamtInnen gelingt es zu verhindern, daß der
Mann seine Drohung in die Tat umsetzt. Er wird ins Krankenhaus gebracht. MDZ 3.1.13 6. Januar 13 Bundesland Sachsen-Anhalt. Auf dem Bahnhof Bitterfeld
werden um die Mittagszeit drei Flüchtlinge von Bundespolizisten angehalten
und nach ihren Papieren gefragt. Noch bevor diese ihre Papiere bereit haben,
werden sie in aller Öffentlichkeit bäuchlings auf den Boden gezwungen,
fotografiert und gedemütigt. Danach dürfen sie weitergehen. Flüchtlingsinitiative
Wittenberg und Karawane –
Wittenberg 27.3.13 9. Januar 13 Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt. Oumarou Hamani
Ousman wartet seit 13.00 Uhr im Bahnhof auf seinen Zug, der um 14.11 Uhr vom
Gleis 5 in Richtung Bitterfeld abfahren soll. In dieser Zeit halten sich auch
zwei Bundespolizisten dort auf. Als Herr Ousman kurz vor der Abfahrt die
Waggontür öffnet, bemerkt er, daß die beiden Beamten ebenfalls in den Zug
einsteigen. Einige Minuten später fordern sie ihn auf, seine Papiere zu
zeigen. Als er nach der Begründung fragt, kommt die Antwort "Kontrolle
der Bundespolizei". Im
selben Moment bringen die Polizisten ihn zu Boden und fesseln seine Hände so
heftig, daß er starke Schmerzen bekommt. In
Bitterfeld angekommen erwartet ihn ein Polizeiauto, mit dem er nach Dessau gefahren
wird. Er hört, wie die Beamten diskutieren, was sie als Grund für eine
Anzeige gegen ihn nennen sollten. Als sie sich für eine Beleidigungsklage
entscheiden, antwortet er, daß sie lügen. Im
Dessauer Polizeirevier wird Herrn Ousman Blut abgenommen, um den
Alkoholgehalt festzustellen. Als der Festgenommene protestiert und nach den
Namen der Beamten fragt, bekommt er zunächst gar keine Anwort. Es bedarf der
Anweisung des Vorgesetzten der Polizisten, daß sie ihre Dienstnummern
herausgeben. Als
Herr Ousman schließlich nach Bitterfeld zurückkommt, bemerkt er, daß seine
Hände blutig sind. Oumarou
Hamani Ousman lebt seit über 10 Jahren in der Bundesrepublik und fast ebenso
lange im Lager Friedersdorf. Er ist einer der Sprecher der
Flüchtlingsinitiative, die die menschenverachtenden Lebensbedingungen in dem
Lager öffentlich gemacht hat. Eineinhalb Tage vor diesem polizeilichen Angriff
hatte die Demonstration zum 8. Todestag von Oury Jalloh in Dessau
stattgefunden. (siehe auch: 8. September 13) Flüchtlingsinitiative
Wittenberg und Karawane –
Wittenberg 27.3.13 9. Januar 13 Abschiebegefängnis
Köpenick in Berlin. Ein georgischer Abschiebegefangener bricht am 3. Tag
seines Hunger- und Durststreiks bewußtlos zusammen. Trotz der Bitte des
Seelsorgers wird er nicht ins Krankenhaus gebracht, sondern am nächsten Tag
nach Polen zurückgeschoben. Er befand sich insgesamt 29 Tage in
Abschiebungshaft. Mike Koch – Rabbiner im Abschiebegefängnis 9. Januar 13 Bundesland
Sachsen-Anhalt. In einem Zimmer im zweiten Stock des Magdeburger
Flüchtlingsheimes Grusonstraße entsteht um 22.45 Uhr ein Feuer. Der Bewohner,
ein 29 Jahre alter Iraner, ist nicht anwesend. Einem
durch den Feuermelder alarmierten Wachmann gelingt es relativ schnell, das
Feuer zu löschen – jedoch erleidet er dabei eine Rauchgasvergiftung. Die
Feuerwehr stellt später fest, daß eine Matratze in Brand geraten war. Polizei
Magdeburg 10.1.13; VM 10.1.13 12. Januar 13 Bundesland Bayern – Landkreis
Bayreuth. Zehn unbekannte, teilweise vermummte und mit Strickmützen
bekleidete Personen dringen in die Flüchtlingsunterkunft Fichtelberg ein und
skandieren rassistische Parolen. Nach
Alarmierung der Polizei durch BewohnerInnen und NachbarInnen flüchten die
Personen und fahren mit zwei PKWs davon. Bereits
im Dezember 2012 waren zwei Personen auf das Gelände vorgedrungen und hatten
ebenfalls Parolen gegrölt. Die
"Aktionsgruppe Bayreuth" und das ebenfalls neonazistische
"Freie Netz Süd" hatten seit Dezember per Internet gegen die
Unterkunft gehetzt. aida-archiv.de; BT DS 18/203 15. Januar 13 Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Um 18.20 Uhr
klingeln Polizisten im Auftrag der Ausländerbehörde an einer Wohnung in der
Podewilsstraße. Anwesend sind drei Männer, von denen einer sagt, daß er seine
Papiere aus der Küche holen müsse. Dort springt der 28-Jährige aus dem
Fenster der im ersten Stock gelegenen Wohnung und schlägt im Innenhof auf.
Mit Verletzungen am Bein bringen ihn Rettungskräfte der Feuerwehr zur
stationären Behandlung in eine Klinik. Es
stellt sich heraus, daß gegen ihn eine Ausweisungsverfügung besteht und er
zur Festnahme ausgeschrieben ist. Polizei Berlin
16.1.13 15. Januar 13 Zentrale Rückführungsstelle der Bundespolizei am Flughafen
Frankfurt. Im Warteraum befindet sich ein ghanaischer Flüchtling, der bei dem
Versuch, seine Duldung verlängern zu lassen, heute morgen in der
Ausländerbehörde festgenommen wurde. Er hat keinerlei Gepäck bei sich,
lediglich 15 Euro Bargeld. Er
berichtet, daß er seit drei Jahren in der Bundesrepublik ist und einen
3-jährigen Sohn habe. Er wird dann nach Accra ausgeflogen. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 25. Januar 13 Kamenz im Bundesland Sachsen. Unbekannte zünden in der
Macherstraße an einem leerstehenden Gebäudeteil der Flüchtlingsunterkunft um
1.30 Uhr Silvesterknaller. Die Bewohne- rInnen werden durch die Explosionen aus dem Schlaf
ge-schreckt. Außer Schmauchspuren an drei Fensterrahmen und dem Rahmen einer Tür
sind keine weiteren Sachschäden entstanden. Das Dezernat Staatsschutz wird in
die Ermittlungen der Kriminalpolizei mit eingebunden. Polizei Görlitz; BT DS 18/203 29. Januar 13 Bundesland Sachsen. Auf dem Gelände der Chemnitzer
Flüchtlingsunterkunft in der Oberfrohnaer Straße zünden drei Personen gegen
1.00 Uhr einen Müllcontainer an und werfen mit den Rufen von
"verfassungsfeindlichen Parolen" Dosen gegen die Fenster. Eine
Person wird verletzt. Polizei Chemnitz
29.1.13; Staatsministerium
des Inneren 29. Januar 13 Berlin. Während einer angemeldeten Kundgebung vor der
sudanesischen Botschaft am Kurfürstendamm kommt es zu einem gewaltsamen
Polizeieinsatz, bei dem mindestens drei Flüchtlinge aus dem Sudan durch
Schläge und Tritte verletzt werden. Dann werden die Männer in Handschellen
gelegt und festgenommen. Im
Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke müssen sich alle nackt ausziehen,
durchsuchen und erkennungsdienstlich behandeln lassen. Einer der Verletzten
hat einen Nasenbeinbruch erlitten. Ein anderer muß seine Prellungen an Knie
und Arm ärztlich behandeln lassen. ReachOut 30. Januar 13 Bundesland Sachsen-Anhalt. Morgens um 6.05 Uhr dringen mit
eigenem Schlüssel vier Beamte der Magdeburger Ausländerbehörde, vier
Angestellte des städtischen Ordnungsdien stes und zwei Polizisten in ein Zimmer des
Flüchtlingsheims Grusonstraße ein. Eine sechsköpfige Familie wird aus dem
Schlaf gerissen – sie soll umgehend nach Armenien abgeschoben werden. Der
Abschiebebeschluß ist mit heutigem Datum versehen und die Familie wird völlig
überrumpelt. Die
32-jährige Mutter der vier Kinder bricht zusammen und kommt mit einem
Rettungswagen ins Krankenhaus. Ihrem Mann wird Telefonieren untersagt. Die
Beamten legen dem 30-Jährigen Hand- und Fußfesseln an, um ihn mit den Kindern
im Alter von 6 bis 14 Jahren zum Flughafen zu transportieren. Obwohl er die
Beamten bittet, ihm – mit Rücksicht auf die anwesenden Kinder – die Schellen
abzunehmen, bleibt er während der gesamten Fahrt nach Berlin gefesselt. Erst
nachdem die Mutter der Kinder versucht hat, sich im Krankenhaus mit einer
Schere die Pulsadern zu öffnen und der Anwalt telefonisch interveniert, wird
die Abschiebung abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Kinder mit dem
Vater bereits am Flughafen Berlin-Schönefeld im Check-in-Bereich. Die
Familie war 2005 in die Bundesrepublik gekommen, weil sie in Armenien als
Angehörige der yezidischen Minderheit verfolgt und mit dem Tode bedroht war. Die
Mutter leidet unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom. Seit ihrer
Flucht lebten Eltern und Kinder ununterbrochen in einem Lager. Karawane –
Wittenberg; MDZ 1.2.13; MDZ
3.2.13; jW 5.2.13; Flüchtlingsinitiative
Wittenberg 30. Januar 13 Bundesland Saarland. In der Landesaufnahmestelle in Lebach
werden einem russischen Ehepaar bei eisiger Kälte und ohne Vorwarnung Strom
und Heizung ausgestellt. Ziel
dieser Disziplinierungsmaßnahme der Lagerverwaltung ist es, das Ehepaar zum
Umzug in eine andere Wohnung innerhalb der Unterkunft zu zwingen, weil die
derzeitige Behausung von Schimmel befallen ist. Da die Eheleute aber
befürchten, daß die zukünftige Wohnung in einem noch schlimmeren Zustand ist,
verweigerten sie sich der mündlichen Aufforderung einer Angestellten. In
ihrer Not rufen sie die Polizei, die dafür sorgt, daß Strom und Heizung
wieder angestellt werden. Nach
kurzer Zeit erfolgt allerdings erneut die Abstellung, und die Eheleute sitzen
wieder im Dunkeln und im Kalten. Daran ändert auch der Brief eines
Rechtsanwaltes nichts, der der Verwaltung eine Frist bis zum 7. Februar
setzt. Erst durch Beantragung einer einstweiligen Anordnung beim
Verwaltungsgericht Saarlouis wird nach Intervention des Gerichtes der Strom
am 8. Februar um 16.00 Uhr wieder angestellt. FRat Saarland 12.2.13; Saarbrücker Ztg 13.2.13 31. Januar 13 Bundesland Bayern – Oberfranken. Gegen Mittag befindet
sich der 23 Jahre alte Afghane Nasratullah P. aus der Kulmbacher
Flüchtlingsunterkunft in 30 Metern Höhe an dem Schornstein einer alten
Spinnerei nahe des Zentralen Omnibusbahnhofs. Er droht sich
hinunterzustürzen. Sein Asylantrag ist abgelehnt worden, er ist verzweifelt
und hat Todesangst wegen der drohenden Abschiebung. Insgesamt
50 Rettungskräfte von Polizei, Feuerwehr, Bayerischem Roten Kreuz und der
Bergwacht treffen ein. Ein Sprungkissen wird aufgebaut, und von einer
ausgefahrenen Drehleiter aus verhandeln Spezialisten mit dem jungen Mann. In
die Verhandlungen sind auch der Oberbürgermeister Henry Schramm und eine
Vertreterin des Ausländeramtes vor Ort mit eingebunden. Nach einer Stunde
Ungewißheit läßt sich der Flüchtling umstimmen, so daß er um 12.55 Uhr am Spinnerei-Schlot
herunterklettert. Er kommt zur ärztlichen Behandlung ins Krankenhaus. Zwei
Jahre später hat sich die Lebensperspektive von Nasratullah P. deutlich
verbessert, denn durch tatkräftige Unterstützung bekommt er nach einem
Praktikum eine Azubi-Stelle in einer Baufirma. Die Firma unterstützt ihn auch
bei der Suche nach Deutsch-Kursen und einer Unterkunft außerhalb des Heimes.
Während der 3-jährigen Ausbildung ist er zunächst vor Abschiebung geschützt. main-netz.de 31.1.13; infranken.de
31.1.13; br 1.2.13; NBK
17.12.14 Anfang Februar 13 Landkreis Fürstenfeldbruck in Bayern. Als ein afghanisches
Ehepaar mit zwei Kindern aus der Flüchtlingsunterkunft in Gröbenzell zur
Rückschiebung nach Italien abgeholt werden soll, fügt sich der Ehemann und Vater
selbst Verletzungen zu. Die
Abschiebung entsprechend dem Dublin-II-Verfahren
wird vorerst ausgesetzt. merkur-online.de
28.2.13 1. Februar 13 Ein Asylbewerber aus Bangladesh soll in der Berliner
Charité zwangsweise einer Altersfeststellung unterzogen werden. Er wehrt sich
gegen die geplante Magnetresonanztomographie (MRT), indem er – laut
Polizeiangaben - Flaschen um sich wirft, das Personal mit einem Messer
bedroht und versucht, sich selbst mit einem abgeschlagenen Flaschenhals die
Pulsadern aufzuschneiden. Um
14.30 Uhr setzt die Polizei Reizgas gegen ihn ein und bringt ihn in die
geschlossene Psychiatrie. Nach
Aussage des Leiters der Rechtsmedizin Prof. M. Tsokos werden in Berlin
jährlich zwischen 100 und 120 zwangsweise Altersfeststellungen vorgenommen.
Es kommt immer wieder zu Zwischenfällen, wenn psychisch labile Flüchtlinge
sich der MRT-Untersuchung in der sehr engen und lauten Röhre unterziehen
müssen. TS 1.2.13; Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 11. Februar 13 Bundesland Brandenburg.
Eine georgische Gefangene aus dem Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt
schneidet sich in selbstverletzender Art auf dem Weg nach Berlin den Arm auf.
Nach ärztlicher Versorgung wird sie in das
Abschiebegefängnis Köpenick gebracht und von dort aus einige Tage später nach
Litauen abgeschoben. Mike Koch – Rabbiner im Abschiebegefängnis 16. Februar 13 Göttingen in Niedersachsen. Drei Tage vor ihrer geplanten
Abschiebung nach Serbien versucht die 22 Jahre alte Djeljana Shaqiri, aus dem
Fenster zu springen, und kann gerade noch rechtzeitig von ihrem Onkel daran
gehindert werden. Anschließend kommt sie in die psychiatrische Fachklinik
Asklepios in Göttingen. Die Abschiebung für sie und ihren zwei
Jahre jüngeren Bruder Emran, die für den 19. Februar geplant ist, wird
vorerst ausgesetzt und für den 14. März vorbereitet. Am
12. März ruft der Leiter der Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen die
behandelnde Ärztin in der Klinik an und fordert sie auf, von der Patientin
eine Schweigepflichtentbindung unterschreiben zu lassen. Er droht, wenn bis
10.00 Uhr keine Rückmeldung vorläge, dann würde die Polizei die Patientin aus
der Klinik herausholen. Djeljana Shaqiri würde dann einem Flughafenarzt
vorgeführt werden, der sicherlich Reisefähigkeit bescheinigen würde – zudem
wäre eine Ärztin bei der Abschiebung dabei. Trotz
dieser Drohgebärden storniert der Landkreis selbst die Abschiebung aufgrund
eines Eilantrags von Emran Shaqiri. Dabei handelt es sich um einen Änderungsantrag
nach § 80VII VwGO, weil sich die Sachlage zu seinen Gunsten geändert hat. Djeljana
Shaqiri war als Kleinkind im Jahre 1993 mit ihren Eltern aus dem Kosovo
geflohen, ihr Bruder Emran wurde noch im selben Jahr in Deutschland geboren.
Seit 20 Jahren lebt die Familie in Duderstadt mit unsicherem Aufenthalt und
jahrelanger krankmachender Angst vor Abschiebungen. Auch jetzt erhalten die
Geschwister wieder eine Duldung. Emrans
Frau erwartet im Mai ein Baby, die Ärzte diagnostizierten bei ihr eine
Risiko-Schwangerschaft. AK Asyl
Göttingen 11.3.13; FRat NieSa
12.3.13; HAZ 12.3.13 19. Februar 13 Gifhorn in Niedersachsen. Als die 13-jährige Milica Toskic
sich morgens um 6.35 Uhr die Zähne putzt, klopft es an der Tür, und auf ihre
Frage wird geantwortet: "Eine Frau braucht Hilfe." Als sie öffnet,
stürmen Polizisten, ein Mitarbeiter des Landkreises und ein Arzt die kleine
Wohnung und fordern sowohl Milica als auch ihre Mutter auf, ihre Sachen zu
packen und sich der Abschiebung nach Serbien nicht zu widersetzen. Der Arzt zwingt die 13-Jährige, ein
Beruhigungsmittel zu schlucken, ohne die medizinische Verträglichkeit zu
überprüfen. Circa sechs weitere Polizeibeamte haben den Wohnblock umstellt. Milica
ruft in ihrer Verzweiflung eine Mitarbeiterin der Kirchengemeinde, Frau W.,
an und fleht um Hilfe. Das Gespräch wird abrupt unterbrochen, und die
Angerufene hört nur noch Schreie und Gepolter. 15
Minuten nach dem ersten Klopfen an der Wohnungstür steht Frau W. mit ihrem
Mann in der menschenleeren Wohnung. Es sieht aus wie nach "einem
gewaltigen Überfall .... die Wohnung ist ein Ort der Verwüstung",
schreibt sie später. Milica und ihre Mutter Danijela Toskic sind weg.
"Nur noch Spuren im Schnee (Autoreifen, Fußspuren) .... Es herrscht eine
unheimliche Stille". Um
9.45 Uhr meldet sich Milica erneut bei ihr. Sie befindet sich jetzt auf der
Polizeiwache in Gifhorn. Sie muß sich ständig übergeben, seitdem sie das
Beruhigungsmittel schluckte. Zehn Minuten nach dem Gespräch wird sie mit
ihrer Mutter von Beamten aus Hannover abgeholt, nach Berlin gebracht und um
13.00 Uhr Richtung Serbien ausgeflogen. Durch
die Morddrohungen ihres gewalttätigen Vaters gegen sie und ihre Mutter ist
Milica stark suizidgefährdet. Seit Januar befand sie sich in psychologischer
Betreuung – auch zur Erstellung eines Gutachtens. Die weitere Therapie sollte
im März 2013 angeschlossen werden und wäre vom Landkreis Gifhorn bezahlt
worden. In dem Attest der Wolfsburger Fachärztin vom 15. Januar mit der
Überschrift "Drohende Abschiebung, schwere gesundheitliche
Störungen" wird eine "ernsthafte psychische Erkrankung"
diagnostiziert, "deren Behandlung keinen Aufschub duldet". Der
nach der Abschiebung laut werdenden Kritik entgegnet der Landkreis, daß
dieses Attest für eine Duldung nicht ausreichend gewesen sei – es wäre ein
Gutachten nötig gewesen. Am
20. Februar meldet sich Milica erneut und erzählt, daß sie von ihrer
Großmutter irgendwo bei Bekannten versteckt worden sei und große Angst vor
dem Vater hätte. Sie berichtet auch, daß sie sich am Berliner Flughafen
komplett ausziehen mußten und untersucht wurden. Ihre Mutter wurde von einer
Beamtin mit den Worten "Du Arsch" angeschrien und hin und her
gestoßen, so daß die 39-Jährige fiel und sich verletzte. Sie mußte ärztlich
versorgt werden. St.-Alfred-Kirchengemeinde
Gifhorn; WoAZ 21.2.13 23. Februar 13 Lüchow im Bundesland Niedersachsen. Nachts um 3.30 Uhr
wird die Roma-Familie Osmani aus dem Schlaf gerissen. Ein Vertreter der
Ausländerbehörde und zehn Polizeibeamte geben Vasvija Osmani und ihren 7- und
13-jährigen Söhnen eineinhalb Stunden Zeit, um ihre Sachen zu packen. Dann
werden sie abgeführt und in den Kosovo abgeschoben. Dadurch ist die Familie
getrennt, denn Herr Seiki Osmani ist noch nicht betroffen, weil der
16-jährige Sohn bei Freunden übernachtet und nicht ohne einen Elternteil in
der BRD zurückbleiben soll. Die
Abschiebung geschieht überfallartig ohne schriftliche Ankündigung und ohne
amtsärztliche Stellungnahme zur Reisefähigkeit der schwer traumatisierten
Frau. Die letzte amtsärztliche Einschätzung ist von Ende 2011 und lautet
"nicht reisefähig". Umfangreiche fachärztliche Stellungnahmen
bescheinigen die Krankheit der Frau, die Klage wegen der Anerkennung der
Traumatisierung als Abschiebehindernis ist noch nicht entschieden. Die Abschiebung
geschieht am Wochenende, so daß kein Rechtsbeistand, kein Gericht, kein Arzt,
keine Behörde und kein Flüchtlingsrat erreichbar sind – sogar die sonst
übliche Abschiebebeobachtung am Flughafen wurde umgangen. Es gab keine
Verabschiedung nach 16 Jahren Deutschland-Aufenthalt. Aufgrund
der laut werdenden öffentlichen Kritik zu Zeiten der neu gegründeten
rot-grünen Landesregierung und durch die Einforderung des von Rot-Grün
angekündigten "Paradigmenwechsels in der Abschiebepraxis" gelingt es
dem Unterstüt- zungskreis, daß das Innenministerium die Wiedereinreise
von Vasvija Osmani und ihren beiden Söhnen einleitet. Sieben Monate nach der
Abschiebung, am 20. Oktober, kehren sie nach Lüchow-Dannenberg zurück. AK Asyl u.
Bleiberecht Lüchow-Dannenberg 25.2.13; FRat NieSa
25.2.13; taz 25.2.13; ND 12.3.13; ndr – regional
20.10.13; wendland-net.de
20.10.13; taz 24.10.13 24. Februar 13 Bundesland Baden-Württemberg. Um 10.26 Uhr geht eine
Brandmeldung bei der Feuerwehr Kornwestheim ein. Als die Rettungskräfte das
Flüchtlingsheim in der Villeneuvestraße erreichen, brennt bereits ein Zimmer
in der 2. Etage. Das
Gebäude wird geräumt und das brennende Bett schnell gelöscht. Der 25-jährige
Bewohner des Zimmers kommt mit Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung ins
Krankenhaus. Als Ursache des Feuers wird eine defekte Heizdecke genannt. Ludwigsburger
Kreiszeitung 24.2.13; Feuerwehr
Kornwestheim.de 26. Februar 13 Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern. Auf der
Ausländerbehörde in der August-Bebel-Straße eskaliert die Situation, als ein
algerischer Asylbewerber aus Angst vor seiner Abschiebung in Panik gerät. Er
zieht aus der Jackentasche eine Flasche Brandbeschleuniger und droht, das
Mobiliar und sich selbst in Brand zu setzen. Durch
deeskalierendes Einwirken der MitarbeiterInnen der Kreisverwaltung gelingt
es, den Mann zu beruhigen, so daß er sich schließlich freiwillig in die
Psychiatrische Klinik der Universität Rostock nach Gehlsdorf fahren läßt. OZ 26.2.13; OZ
27.2.13 26. Februar 13 Abschiebegefängnis Köpenick
in Berlin. Am Abend vor seiner geplanten Abschiebung schneidet sich ein 21
Jahre alter algerischer Gefangener den linken Arm auf. Nach der ärztlichen
Versorgung der Wunde im Krankenhaus schneidet er sich auf dem Rücktransport
erneut den Arm auf und kommt wieder ins Krankenhaus. Danach wird er ins
Gefängnis zurückgebracht und darf erst nach dreitägiger Isolation zu den
anderen Gefangenen zurück. Am 15. März erfolgt seine Abschiebung über
Frankfurt am Main nach Algerien. Initiative gegen
Abschiebehaft Berlin; Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 27. Februar 13 Villingen in Baden-Württemberg. Als die Feuerwehr nach
einem Notruf um 22.20 Uhr in der Obereschacher Straße 11 eintrifft, treten
dicke Rauchwolken an der Rückseite des Flüchtlingsheimes aus. Ein Zimmer im
vierten Obergeschoß brennt, und auch die gesamte Etage ist mit Rauch erfüllt.
Von
den ca. 80 Personen, die evakuiert werden, sind zwei Personen vom Qualm in
ihrem Zimmer eingeschlossen, so daß sie über eine Drehleiter gerettet werden
müssen. Insgesamt sechs Personen – im Alter zwischen 20 und 35 Jahren -
kommen mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung in die umliegenden Kliniken in
Villingen, Schwenningen, Rottweil, Donaueschingen und Spaichingen. Bis
gegen 23.00 Uhr gelingt es den Feuerwehren aus Villingen und Schwenningen,
den Brand zu löschen. Um die teils leicht bekleideten Evakuierten kümmern
sich circa 40 Personen des Roten Kreuzes und der Malteser, die mit 15
Fahrzeugen, vier Notärzten und fünf Rettungswagen angerückt sind. Da die
dritte und vierte Etage des Gebäudes durch den Brand und die Löscharbeiten
unbewohnbar sind, kommen die Flüchtlinge in leerstehenden Räumen des
Erdgeschosses unter. Gegen
Abend sind fünf Verletzte aus den Krankenhäusern entlassen – eine Person
befindet sich noch auf der Intensiv-Station. Kriminalpolizei, Kriminaltechniker und ein
Brandsachverständiger suchen in den nächsten Tagen nach der Brandursache, die
auch Anfang März noch völlig unklar ist. Polizei
Villingen-Schwenningen 28.2.13; Schwarzwälder Bote
28.2.13; SK 1.3.13 1. März 13 In der Berliner Flüchtlingsunterkunft Rognitzstraße 8
versucht ein 38 Jahre alter Tunesier während der Durchsetzung seiner
Abschiebung, seinen Unterarm mit einem Messer zu verletzen. Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 2. März 13 Plauen im Bundesland
Sachsen. Ein 45 Jahre alter Asylbewerber aus dem Kosovo klettert um die
Mittagszeit auf einen Baukran der Baustelle am ehemaligen Horten-Kaufhaus. In
38 Meter Höhe, unterhalb der Krankanzel, klammert er sich an das Metallgitter
und droht, sich in die Tiefe zu stürzen. Erst
nachdem die Polizei und eine Notärztin das Kriseninterventionsteam anfordern,
gelingt es zwei Stunden später, den Mann von seinem Vorhaben abzubringen. Er
ist jedoch inzwischen so stark unterkühlt, daß ihn Höhenretter der
Berufsfeuerwehr bergen müssen. Anschließend kommt er in die geschlossene
Psychiatrie des Klinikums Plauen. Der
Grund für diese Verzweiflungstat ist nicht nur seine anstehende Abschiebung, sondern
auch das ihm verwehrte Umgangsrecht mit seinem Kind, das bei seiner
geschiedenen Frau lebt. Polizei Sachsen
3.3.13; shortnews.de
3.3.13; Welt 5.3.13 7. März 13 Hof im Bundesland Bayern. Morgens um 6.45 Uhr erscheinen
zwei Bewohnerinnen des Flüchtlingslagers Am Schollenteich im Büro des
Hausverwalters und berichten, daß Hamed Samii sich nicht mehr melde. Ein
Angestellter öffnet daraufhin die Tür zu dem Zimmer und findet den
28-jährigen Asylbewerber tot im Bett liegend. Hamed
Samii hatte am 10. Juni 11 politisches Asyl in der Bundesrepublik beantragt
und lebte seit Anfang August 2011 in Hof. Er befand sich in ärztlicher
Behandlung bei einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, der allerdings
kein Persisch spricht. Wegen psychischer Probleme wurde Hamed Samii mit
Antidepressiva behandelt. Über seinen Asylantrag wurde bisher noch nicht
entschieden. Bemerkenswert
ist es, daß Mitarbeiter des Generalkonsulats der Islamischen Republik Iran in
München vom Hausverwalter des Heimes die Herausgabe der persönlichen
Gegenstände verlangen und das auch geschieht. Dieses in anderen Bundesländern
nicht übliche Verfahren, daß Persönliches von verstorbenen Flüchtlingen den
Vertretern des Verfolgerlandes ausgehändigt wird, korrigiert das
Sozialministerium am 20. März durch "Hinweise zur Vorgehensweise"
in zukünftigen Fällen. Ebenfalls
auf Veranlassung des Konsulats wird der Leichnam des Verstorbenen mit dem
Flugzeug nach Teheran ausgeflogen. Am
26. März gibt die Staatsanwaltschaft Hof bekannt, daß nach den vorläufigen
Befunden der Obduktion von einer Medikamentenüberdosierung als Todesursache
auszugehen sei. united4iran-bayern.de
8.3.13; Mainpost
12.3.13; SD 13.3.13; FrP 14.3.13; br
14.3.13; StA Hof 26.3.13; LT DS Bayern
16/16507 8. März 13 Bundesland Baden-Württemberg –
Refugees-Revolution-Bus-Tour. Die beiden Busse der Tour erreichen am 10. Tag
die Landesaufnahmestelle (LASt) in Karlsruhe. Nach einer Kundgebung mit
AktivistInnen der Region wird auf dem Gelände der persönliche Kontakt mit
Asylsuchenden aus der Unterkunft gesucht. Als dann nach dem Verlassen des
Lagers die AktivistInnen versuchen, kurzfristig die Durlacher Allee zu
blockieren, erfolgt ein brutaler Polizeieinsatz. Die BeamtInnen schlagen mit
Teleskop-Schlagstöcken wahllos auf die Menschen ein und stürmen mit Hunden
ohne Maulkorb durch die Menge. Mehrere
Menschen werden verletzt, von denen zwei zur Behandlung ins Krankenhaus
müssen. Ein zufällig anwesen der Rentner wird von der Polizei bewußtlos geschlagen und
kommt ebenfalls ins Krankenhaus. Mit
der Bus-Tour über eine Strecke von 3000 Kilometern durch 22 deutsche Städte
wollen die AktivistInnen auf die vielfältigen Proteste der Flüchtlinge und
die unsäglichen Lebensbedingungen für Flüchtlinge in der BRD hinweisen. Die
zwei Kleinbusse waren am 26. Februar am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg vom
Flüchtlingscamp aus gestartet. Flüchtlingsunterkunfte in Sachsen-Anhalt,
Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg sind von den AktivistInnen bereits
besucht worden. (siehe auch: 10. März 13 und 18. März 13) Initiative
Grenzenlos und Libertäre Gruppe Karlsruhe 9.3.13; jW 11.3.13 9. März 13 Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt. Ein 22-jähriger
Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Harbke wird gegen 2.00 Uhr vom Hausmeister
und einigen Mitbewohnern aus seinem brennenden Zimmer gerettet. Der junge
Mann indischer Herkunft kommt anschließend mit schweren Brandverletzungen in
eine Spezialklinik nach Halle. Nach
ersten Erkenntnissen vermuten die Ermittler, daß der Flüchtling das Feuer
selbst verursacht haben könnte. MDZ 9.3.13; VM
9.3.13; VM 10.3.13 9. März 13 Gröditz im Landkreis Meißen – Bundesland Sachsen. Um 4.30
Uhr wird ein Silvesterböller, der von außen auf einem Fensterbrett der Flüchtlingsunterkunft
abgelegt ist, gezündet. Das Fenster wird beschädigt, aber die Flüchtlinge –
vornehmlich aus der Russischen Föderation stammend – kommen mit dem Schrecken
davon. In
der Nacht zuvor hatte eine Bewohnerin drei vermummte Männer im Keller des
Hauses entdeckt und sie aufgefordert, das Haus zu verlassen. Einige Minuten
später waren diese jedoch wieder zurückgekommen und hatten erneut versucht,
ins Haus zu gelangen. Da der Zugang jetzt verschlossen war, beschädigten sie
die Haustür, riefen rassistische Parolen, bedrohten die BewohnerInnen und
kündigten weitere Sachschäden an. Das
Operative Abwehrzentrum (OAZ) der Polizeidirektion Leipzig übernimmt die
Untersuchungen und kann die drei Täter im Alter von 22, 24 und 28 Jahren im
April ermitteln. RAA Sachsen
(Polizei Dresden); StA Dresden
5.4.13; BT DS 18/203 10. März 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen –
Refugees-Revolution-Bus-Tour. In der Flüchtlingsunterkunft Köln-Ehrenfeld in
der Geißelstraße, der 12. Station der Bus-Tour, verteilen FlüchtlingsaktivistInnen
und UnterstützerInnen Flyer, auf denen zu einer Kundgebung vor dem Kölner Dom
eingeladen wird. Als
sie das Gelände verlassen, ist die Straße mit Polizeiwagen zugestellt und ca.
50 Beamte erwarten sie. Es soll einer der Sicherheitsbeamten der Adlerwache
die Beamten gerufen haben. Nachdem sich die beiden Gruppen kurz
gegenüberstehen und die AktivistInnen politische Parolen rufen, zieht einer
der Beamten einen Flüchtling aus seiner Gruppe heraus und fragt ihn nach
seinen Papieren. Als er nicht antwortet, wird er gegen einen Mannschaftswagen
gedrückt, woraufhin die Umstehenden mit empörten Rufen reagieren. Sofort
kommen von allen Seiten BeamtInnen, um die AktivistInnen
auseinanderzutreiben. Dies geht mit einer derartigen Gewalt von Seiten der Polizei
zu, daß einige UnterstützerInnen die BeamtInnen zur Ruhe mahnen. Zwei
Polizeihunde, die Maulkörbe tragen, bellen unaufhörlich und dienen den
Hundeführerinnen dazu, den Menschen Angst zu machen und sie von der Straße zu
treiben. Andere Menschen werden in Würgegriff genommen, sie werden auf den
Boden geworfen und niedergehalten, mit Schlagstöcken traktiert und mit
Pfefferspray direkt ins Gesicht gespritzt. Einer der Flüchtlinge, der durch
den Spray starke Augenschmerzen bekommt und dessen Gesicht zuschwillt, wird
festgenommen. Eine Erste-Hilfe-Leistung von einem Sanitäter der
UnterstützerInnen wird verweigert: "Der Krankenwagen kommt gleich",
sagt einer der Polizisten. Als
FotografInnen und JournalistInnen erscheinen, bilden die BeamtInnen Ketten,
um ihnen die Sicht zu nehmen, oder halten direkt die Hände vor die Kameras.
Trotzdem ist auf einem Videomitschnitt zu sehen, wie neun (!) BeamtInnen auf
einen am Boden liegenden Unterstützer einwirken. Es wird auch beobachtet, daß
eine Beamtin einen am Boden liegenden Flüchtling immer wieder mit dem Fuß
tritt und ein Kollege von ihr ihm mit der Faust in den Bauch schlägt.
Schließlich schleifen zwei Beamte den bewußtlosen Mann über das Pflaster zu
ihrem Wagen. Sie packen ihn nur an den Ellenbogen der auf dem Rücken mit
Handschellen gefesselten Arme, so daß diese maximal nach oben gedrückt sind
und halten so den Oberkörper über dem Betonboden. Dann ziehen sie ihn den
Bürgersteig entlang – die Knie und Füße schleifen über den Boden. Er trägt
nur noch einen Schuh. 19
AktivistInnen werden schließlich festgenommen, insgesamt werden drei Personen
verletzt, der bewußtlose Flüchtling kommt ins Krankenhaus und später zurück
in die Polizeistation. Erst am nächsten Tag gegen 14.00 Uhr werden die
letzten zwei Flüchtlinge freigelassen. Alle
TeilnehmerInnen der Bus-Tour bekommen Anzeigen wegen Widerstands gegen die
Staatsgewalt, Landfriedensbruch und Hausfriedensbruch. Drei unabhängige
Unterstützer, die die Geschehnisse in der Geißelstraße zufällig beobachteten,
erstatten gegen die Polizei Anzeige wegen Körperverletzung im Amt. (siehe auch: 8. März 13 und 18. März 13) KStA 10.3.13; ND
11.3.13; refugeesrevolution.blogsport.de
11.3.13; blog.zeit.de/stoerungsmelder
13.3.13 14. März 13 Landkreis Ansbach im Bundesland Bayern. Morgens um 6.00
Uhr erscheinen Polizisten im Flüchtlingsheim der Kleinstadt Windsbach und
fordern den 34 Jahre alten tschetschenischen Flüchtling Herrn X. auf, für
sich, seine zwei Söhne im Alter von 11 und 12 Jahren und für die 6-jährige
Tochter die Sachen zu packen. Danach werden sie mit einem Polizeitransporter
nach Polen gebracht. Zwei
kleinere Kinder, ein 3-jähriger Sohn und eine 2-jährige Tochter, sind bei
Bekannten, weil seine schwangere Frau am Vortag einen Schwächeanfall erlitt,
die Treppe stürzte und ins Ansbacher Bezirkskrankenhaus eingeliefert worden
war. Damit ist die Familie getrennt. Frau X. ist im sechsten Monat schwanger und hat
aufgrund ihrer Erlebnisse in Tschetschenien schwere psychische Probleme. Als
sie im Krankenhaus zwei Polizisten auf sich zukommen sieht, reißt sie sich
den Infusionsschlauch aus dem Arm, verläßt das Bett und flieht auf den Flur,
die Treppe hinunter ins nächste Stockwerk. Sie findet keinen Ausgang und wird
von den Krankenschwestern zurück in ihr Zimmer gebracht. Die Polizisten
wollen die 28-Jährige mitnehmen, um auch sie nach Polen abzuschieben. Ein
Arzt mischt sich ein, bis die Beamten schließlich gehen. Schon am 17. Januar hatte der Landkreis Ansbach
versucht, die Familie abzuschieben. Die schwer traumatisierte Frau X., die
schon mehrmals versucht hatte, sich zu töten, erlitt einen Zusammenbruch und
wurde in die Psychiatrie einge liefert. Mitten
in der Nacht erreicht der Polizeitransporter aus Bayern die Kleinstadt
Ketrzyn im Nordosten Polens. Vor einem dreistöckigen kasernenartigen Gebäude
hält der Wagen an: Die Fenstern sind vergittert, und das Gelände ist von
einem meterhohen Zaun umgeben. In diesem Gefängnis werden Herr X. und die
Kinder die nächsten acht Wochen verbringen müssen. Sie sind 23 Stunden
eingesperrt – eine Stunde am Tag dürfen sie auf den Hof. Anfang
April versucht die Ausländerbehörde erneut, Frau X. nach Polen abzuschieben.
Sie soll mit den kleinen Kindern, die inzwischen bei einer deutschen
Pflegefamilie leben, in einen Ort gefahren werden, der 500 Kilometer von
ihrem Mann und den drei älteren Kindern entfernt liegt. Wiederum gelingt es
den ÄrztInnen, sie vor der Abschiebung zu schützen. Frau X. bleibt weiterhin
im Ansbacher Bezirkskrankenhaus und wird psychiatrisch behandelt. Die
Familie stammt aus einer tschetschenischen Kleinstadt, nahe der Grenze zu
Inguschetien. Da der Cousin von Herrn X. sich den Dschihadisten angeschlossen
hat und schon lange gegen die russische Besatzungsmacht und deren Kopf
Kadyrow kämpft, kam auch Familie X. ins Visier des tschetschenischen
Sicherheitsapparates. Immer häufiger bekamen sie "Besuch", wurden
verhört und geschlagen. Im Sommer 2010 wurde Herr X. von bewaffneten und
uniformierten Männern an einen abgelegenen Ort gebracht, gefesselt und auf
eine Pritsche gelegt. Dann bohrten sie ihm Drähte in die Zehen und setzten
seinen Körper unter Strom. Die Folterer, die sich als Angehörige des
russischen Geheimdienstes ausgaben, wollten den Aufenthaltsort seines Cousins
wissen. Nach der Tortur wurde Herr X. weggefahren und irgendwo auf ein Feld
geworfen. Weil er nicht mehr laufen konnte, kroch er auf allen Vieren nach
Hause. In
der nächsten Nacht standen maskierte Männer in Uniform in seinem Lehmhaus und
zwangen ihn und seine Frau, sich auf den Boden zu legen. Dann wurden sie
beschimpft und geschlagen. Herr
X. floh nach Inguschetien und Kasachstan, kam jedoch immer wieder zu seiner
Familie zurück, da die Militärs weiterhin die Familie in Angst und Schrecken
versetzten, seine Frau schlugen und auch vor dem Säugling keinen Halt
machten. Im
August 2012 hatten sie soviel Geld gespart und zusammengeliehen, daß sie sich
die Bustickets nach Moskau kaufen konnten. Von dort gelangten sie über
Weißrußland nach Polen und stellten einen Asylantrag, um nicht gleich an der Grenze
abgewiesen zu werden. Ihr Ziel war Deutschland, denn die Anerkennungsrate in
Polen für tschetschenische Flüchtlinge ist äußerst gering und die
Wahrscheinlichkeit hoch, nach Rußland abgeschoben zu werden. Sie
reisten weiter nach Berlin und stellten auch hier einen Antrag auf
politisches Asyl, der nach vier Monaten – im Dezember 2012 – abgelehnt wurde.
Begründung: Nach dem Dublin-II-Abkommen ist die
BRD nicht zuständig. Nach
achtwöchiger Gefangenschaft im polnischen "Verwahrzentrum" bei
Ketrzyn wird Herr X. mit seinen drei Kindern am 11. Mai in einem Krankenwagen
nach Warschau gefahren. Der 11-jährige Sohn, der an einer Lungenentzündung
erkrankt ist, wird im Krankenhaus ausgeladen, denn er muß noch weiter
stationär behandelt werden. In
einem umzäunten und bewachten Flüchtlingslager, das 30 Kilometer von Warschau
entfernt in dem Ort Debak liegt, bekommen Herr X. und die Kinder ein Zimmer
zum Wohnen. Am
3. Juni, zweieinhalb Monate nach der Trennung der Familie, erklärt das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gegenüber der Presse, daß es
bei seiner Entscheidung bleibe: Deutschland sei nicht zuständig. Aufgrund
der scharfen Kritik an dem behördlichen Vorgehen gegen die Familie, aufgrund
der positiven Entscheidung des Petitionsausschusses des Bayerischen Landtags
und aufgrund der vielen Stimmen, die sich für die Rückkehr von Vater und
Kindern in die Bundesrepublik einsetzten, wird das Asylverfahren von Frau X.
schließlich in Deutschland durchgeführt. Am
5. Juli kehren Herr X. und die Kinder aus Polen nach Windsbach zurück. Am 8.
Juli entbindet Frau X. einen gesunden Jungen. Am 12. Juli werden Mutter und
Kind aus der Klinik entlassen. FRat Bayern
11.4.13; AZ München
11.4.13; br 17.4.13; Zeit 6.6.13; FRat Bayern 27.6.13; br 12.7.13 18. März 13 Neumünster in Schleswig-Holstein –
Refugees-Revolution-Bus-Tour. Schon bei ihrer Anreise zum Erstaufnahmelager
für Flüchtlinge werden sowohl die beiden Tour-Busse als auch
UnterstützerInnen aus Lübeck und Kiel von vollbesetzten Polizeifahrzeugen
verfolgt. Als die AktivistInnen gegen 15.00 Uhr das Lager Am Haart erreichen,
hält die Polizei sowohl den Innen- wie auch den Außenbereich des Geländes mit
einem massiven Aufgebot an BeamtInnen in Kampfausrüstungen besetzt. Es
dürfen nur drei Personen das Lager betreten und mit BewohnerInnen sprechen –
und das auch nur in Begleitung von SozialarbeiterInnen. Die ca. 50 Menschen
vor der Polizeikette suchen daraufhin den Kontakt mit den BewohnerInnen durch
Rufe von Parolen, mit Transparenten, Samba-Rhythmen und
Lautsprecher-Durchsagen. Als
die kleine Delegation nach einer Stunde das Lagergelände wieder verläßt,
beginnt ein minutenlanger Gewaltexzeß der Polizei, weil AktivistInnen
inzwischen vom Bürgersteig auf die Straße gegangen sind. Die Polizei
traktiert die Menschen mit Faustschlägen, Tritten und Pfefferspray.
Mindestens vier Personen werden verletzt, von denen zwei im Krankenhaus
behandelt werden müssen. Sechs AktivistInnen werden unter dem Vorwurf des
Widerstandes gegen Vollstrekkungsbeamte festgenommen. Gegen
18.00 Uhr findet eine Kundgebung vor dem 1. Neumünsteraner Polizeirevier
statt, in dem sich noch die Festgenommenen befinden. Eine Stunde später und
nach weiteren Provokationen der Polizei werden die Gefangenen dann
freigelassen. Rote Hilfe Kiel
18.3.13; refugeesrevolution.blogsport.de
18.3.13 20. März 13 Flughafen Frankfurt am Main. Eine alleinerziehende Mutter
mit zwei, ein und drei Jahre alten Kindern soll im Auftrag der
Kreisverwaltung Montabaur (Rheinland-Pfalz) nach Serbien abgeschoben werden.
Die Frau gehört der Roma-Minderheit an – sie ist im 5. Monat schwanger. Sie
macht einen verwirrten Eindruck, und die Kinder befinden sich in einem sehr
vernachlässigten Zustand. Die sie begleitende Ärztin berichtet, daß die
Mutter nicht in der Lage gewesen sei, die Kinder selbständig anzuziehen. Auch
mußten ihr zwei Beamte helfen, notwendige Kleidung und Dinge in zwei große
Kartons zu packen. Auch
die Flughafenbeobachterin, die mit ihr redet, kommt zu dem Schluß, daß die
Frau unter gravierender psychischer Belastung leidet und nicht in der Lage zu
sein scheint, für ihre Kinder zu sorgen. Sie hat große Angst vor einer
Rückkehr nach Serbien, weil dort ihr getrennt lebender Ehemann ist, der mit
ihr gewalttägig umgegangen ist. Sie
bekommt von der Abschiebungsbeobachterin insgesamt zweimal 50 Euro Bargeld,
damit sie in Serbien ihren Heimatort erreichen kann. Sie ist völlig
verzweifelt und bricht im Bus vor dem Abflug zusammen – dann erfolgt die
Abschiebung. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 22. März 13 Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Am Tag seiner
geplanten Abschiebung schluckt ein 43 Jahre alter Gefangener aus Nigeria
diverse Geldstücke. Er kommt in die stationäre Psychiatrie Hedwigshöhe und
wird von dort aus nach einigen Tagen aus der Haft entlassen. . Mike Koch – Rabbiner im Abschiebegefängnis; Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 26. März 13 In der Zentralen Rückführungsstelle der Bundespolizei am Flughafen
Frankfurt berichtet der 20 Jahre alte Herr A. aus Guinea von Schmerzen im
Brust-/Bauchbereich, derentwegen er schon eine Woche lang im Krankenhaus
gelegen habe. Jetzt habe er Angst, daß er nach seiner Rückschiebung nach
Italien keine medizinische Versorgung mehr bekommen könnte. Der
Krankenhaus-Aufenthalt und auch die mindestens vierwöchige Abschiebehaft, die
er angibt, gehen aus seinen Akten nicht hervor. Er soll jetzt im Auftrag der
Ausländerbehörde Halberstadt in Begleitung von zwei Bundespolizisten und
einem Arzt ausgeflogen werden. Er hat kein Geld bei sich, sondern nur eine
kleine Plstiktüte mit Lebensmitteln. Auf dem Weg zum Flugzeug wird seine
Rückschiebung aufgrund passiven Widerstands abgebrochen. Am
24. April 13 wird er in Begleitung von drei Bundespolizisten und einem Arzt
nach Rom ausgeflogen. Der Gefangene hat wiederum kein Geld bei sich, sondern
nur eine kleine Plastiktüte mit Lebensmitteln. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 29. März 13 Landkreis Straubing-Bogen im Bundesland Bayern. Ein
alkoholisierter 28 Jahre alter Mann greift vormittags am Bogener Bahnhof eine
Gruppe afrikanischer AsylbewerberInnen an: einen Mann, eine schwangere Frau
und ein kleines Kind. Alle drei Personen kommen verletzt ins Krankenhaus.
Während die Frau und das Kind ambulant behandelt werden, muß der Mann mit
Verletzungen an Kopf und Oberarm stationär aufgenommen werden. Der
Täter, der zuvor auch eine andere Person zusammengeschlagen und mit Füßen
gegen den Kopf getreten hat, wird vorläufig festgenommen – und nach der
Ausnüchterung wieder entlassen. PNP 3.4.13 30. März 13 Bundesland Sachsen-Anhalt. Auf ihrem Heimweg an diesem
Ostersamstag treffen drei Bewohner der Flüchtlingsunterkunft Vockerode gegen
18.00 Uhr auf mehrere alkoholisierte Männer, die sie mit Rufen wie
"Neger" und "dreckige Ausländer" beleidigen. Als die
Provokateure die ersten Bierflaschen werfen, beginnen die Flüchtlinge zu
laufen, werden aber von den Tätern verfolgt. Es gelingt ihnen, in einem der
Blocks des Lagers Schutz zu finden. Nach ca. 20 Minuten verlassen sie den
Block und gehen in ihre eigenen Zimmer, die sich in anderen Blocks befinden.
Von hier aus beobachten sie ein weißes Auto, das an der Sparkasse parkt, und
mehrere wartende Männer, die maskiert sind. Einige umkreisen die Wohnblocks
mit Fahrrädern, während der Fahrer im Auto wartet. Kurz
danach skandieren die Angreifer erneut rassistische Parolen (u.a. "Ihr
kommt hierher, um unser Geld zu holen"). Während ein Mann am Eingang
wartet, dringen zwei Mittäter ins Haus vor. Im ersten Stock treten sie eine
Wohnungstür ein und schlagen auf zwei Bewohner des Zimmers ein. Dann drohen
sie: "Im Sommer werden wir hier alles kaputt schlagen!" Jetzt
verlassen weitere BewohnerInnen die Häuser, um den Angegriffenen zur Hilfe zu
kommen und eine Flucht der Angreifer zu verhindern. Es sammeln sich ca. 50
der 200 BewohnerInnen des Lagers im Freien. Ein
Notruf, der um 19.50 Uhr bei der Polizei von Gräfenhainichen registriert
wird, setzt acht bis zehn Beamte in Bewegung, die nach einer halben Stunde an
der Flüchtlingsunterkunft eintreffen. Kurz vorher erscheint auch der
Wachschutz der Wohnanlage, der auf mehrfaches dringendes Klingeln durch die
BewohnerInnen bisher nicht reagiert hatte. Die
Täter im Alter von 17, 24 und 27 Jahren, die alle aus dem Landkreis
Wittenberg stammen, werden von der Polizei zunächst beiseite genommen. Ein
Beamter fotografiert die eingetretene Tür und dazu auch den Flüchtling, der
Aussagen zum Geschehen gemacht hat. Als dieser fragt, warum er fotografiert
werde, bekommt er keine Antwort. Die
Täter sind weiterhin aggressiv, und einer versetzt einem Bewohner vor den
Augen der Polizei einen Faustschlag ins Gesicht. Die Polizei fordert
daraufhin das Opfer (!) auf, ruhig zu bleiben. Später kommen der 24 und der 27
Jahre alte Täter in Verhinderungsgewahrsam, und der 17-Jährige wird einem
Erziehungsberechtigten übergeben. Gegen alle drei leitet der Staatsschutz
Ermittlungen wegen Volksverhetzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und
Körperverletzung ein. Nach
dem "Umzug" der Flüchtlinge aus der ehemaligen Kaserne in Möhlau
nach Vockerode Ende Dezember 2012 bildet sich im Ort eine Bürgerinitiative,
die u.a. fordert, die Zahl "der Ausländer auf ein erträgliches Maß zu
reduzieren". Auch meldet die örtliche NPD im Zwei-Wochen-Takt Infostände
an, und oft genug halten sich Nazis in der Nähe des Heimes in provokanter Art
auf. Die Flüchtlinge befinden sich in einem permanenten Angstzustand (siehe auch: 9. Mai 13, 10. Mai 13 und 4. Juni 13) Flüchtlingsinitiative
Wittenberg 31.3.13; LVZ 1.4.13; MDZ 2.4.13 30. März 13 Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein 35 Jahre alter
Gefangener aus Bosnien-Herzegovina schluckt verschiedene Geldmünzen. Er wird
– im Gegensatz zu seinem Mitgefangenen (siehe 22. Februar 13) – nicht aus der
Abschiebehaft entlassen. Mike Koch – Rabbiner im Abschiebegefängnis; Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 30. März 13 Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein 38 Jahre alter
Gefangener aus der Türkei schluckt verschiedene Geldmünzen. Er wird – im
Gegensatz zu seinem Mitgefangenen (siehe 22. Februar 13) – nicht aus der
Abschiebehaft entlassen. Mike Koch – Rabbiner im Abschiebegefängnis; Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 4. April 13 Bundesland Baden-Württemberg. Im Abschiebetrakt der JVA Mannheim
entzündet ein 20 Jahre alter marokkanischer Gefangener seine Matratze und
setzt damit die Zelle in Brand. Nach der Auslösung des Feueralarms um 2.00
Uhr wird der komplette Zellentrakt evakuiert. Zwei
JVA-Beschäftigte, der Marokkaner und ein 19-jähriger Zelleninsasse kommen mit
Verdacht auf Rauchgasvergiftung in Mannheimer Krankenhäuser. Während drei
Personen schnell wieder entlassen werden, befindet sich der 20-Jährige auch
am 5. April weiterhin in stationärer Behandlung. Polizei Mannheim
4.4.13; Welt 4.4.13; WiK
5.4.13 5. April 13 Landkreis Esslingen in Baden-Württemberg. In der
Flüchtlingsunterkunft Aichtal-Grötzingen näht sich ein iranischer Bewohner
die Lippen zusammen. Der 28-Jährige protestiert damit gegen seinen abgelehnten
Asylantrag, gegen die drohende Abschiebung und gegen die Lebensbedingungen in
dem Lager. Er lebt mit sechs Männern in einem Zimmer und muß sich mit 28
Personen die Küche teilen. Am
6. April befindet er sich in der Psychiatrie – die Fäden sind aus seinen
Lippen entfernt. Ein
halbes Jahr später hat sich an seiner Wohnsituation nichts geändert. StZ 5.4.13; StZ
6.4.13; StZ 6.9.13 5. April 13 Bundesland
Niedersachsen. Im Braunschweiger Aufnahmelager für Flüchtlinge in Kralenriede
wird um 4.30 Uhr ein Feueralarm ausgelöst. Im Erdgeschoß brennt das Zimmer
eines 24-jährigen Bewohners. Als sich das Feuer ausbreitet, versperren Rauch
und Hitze den BewohnerInnen in den oberen Stockwerken den Fluchtweg. Von den
insgesamt 71 Personen, die evakuiert werden, retten die Feuerwehrleute
mindestens 10 Erwachsene und Kinder mit Drehleitern. Vier Personen erleiden
Rauchgasvergiftungen, und ein Mann verletzt sich beim Versuch, sich mit einem
Bettlaken aus dem Fenster abzuseilen. Wegen der eisigen Temperaturen stellt
die Verkehrs-AG einen Bus zum Aufwärmen für die Evakuierten zur Verfügung.
Insgesamt sind 40 Feuerwehrleute im Einsatz und Rettungswagen aus Wolfsburg,
Salzgitter, Gifhorn und Peine. Da
das Haus nach dem Löschen nicht mehr bewohnbar ist, werden die Flüchtlinge in
Wohn-Containern auf dem ehemaligen Kasernen-Gelände untergebracht. BrZ 5.4.13; Welt
5.4.13; Polizei
Braunschweig 5.4.13 16. April 13 Flüchtlingsunterkunft Copernikusstraße im sächsischen
Zwickau. Um 1.30 Uhr wecken Beamte der Bundespolizei durch lautes Klopfen an
der Zimmertür die afghanische Familie Nuri. Der 34 Jahre alte Baijan Nuri und
seine Frau werden aufgefordert, ihre Sachen zu packen, denn sie sollen
zusammen mit ihren 1, 4 und 5 Jahre alten Kindern nach Italien
zurückgeschoben werden. Dies geschieht ohne Vorankündigung und ohne
anwesenden Dolmetscher. Ohne
zu verstehen, was mit ihnen geschieht, werden die Flüchtlinge körperlich
untersucht ("bis unter die Fingernägel") und dann aufgefordert, in
zwei vor dem Containerbau wartende Polizeitransporter einzusteigen. Um
3.30 gerät der Wagen, in dem sich Frau Nuri befindet, auf der Autobahn in
einen Unfall mit zwei anderen Fahrzeugen. Frau Nuri wird verletzt ins
Krankenhaus Meißen eingeliefert. Ihre Familie kommt zurück nach Zwickau. Als
Frau Nuri am folgenden Tag entlassen wird, bekommt sie zwar das Fahrgeld, ist
aber als Analphabetin in einer unbekannten Umgebung und ohne
Deutschkenntnisse völlig hilflos und durch die versuchte Abschiebung immer
noch unter Schock. In
Italien hatte sich Familie Nuri nur drei Tage lang aufgehalten, bis sie aus
dem völlig überfüllten Auffanglager in die Bundesrepublik weitergeflüchtet
war. Der
Flüchtlingsrat Sachsen kritisiert die Tatsache, daß die Familie entsprechend
dem Dublin-II-Abkommen zurückgeschoben werden
sollte, zumal die Praxis zeigt, daß italienweit nicht genügend Unterkünfte
vorhanden sind und der Lebensunterhalt nicht gesichert ist, wenn Flüchtlinge
keinen Platz in staatlichen Heimen finden. FRat Sachsen
17.4.13; NP 1.8.13; NP
8.8.13 16. April 13 Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Gegen 21.40 Uhr werden
fünf afghanische Flüchtlinge vor einem Supermarkt in Greifswald von fünf
deutschen Männern bedrängt und rassistisch beleidigt. Zwei Flüchtlingen wird
mit Fäusten ins Gesicht geschlagen, wodurch sie verletzt werden. Einem
anderen Flüchtling wird mit einem Messer der Reifen seines Fahrrades
aufgestochen. Als
die Afghanen flüchten und sich verstecken, verfolgen sie drei der Angreifer
mit Fahrrädern bis zu ihrer Unterkunft. Dann verschwinden diese. Die Flüchtlinge rufen über den Wachdienst des
Heimes die Polizei, der es allerdings nicht gelingt, die Täter in der näheren
Umgebung zu stellen. Weil politische Motive für den Angriff nicht
ausgeschlossen werden können, nimmt auch der Staatsschutz der
Kriminalpolizeiinspektion Anklam die Ermittlungen auf. Am
28. April 14 müssen sich vier Greifswalder Männer wegen gemeinschaftlicher
Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten. Der Hauptbetroffene jedoch
und somit der wichtigste Zeuge des Überfalls hatte einige Zeit vor dem
Gerichtstermin eine Ausreise-Aufforderung erhalten und ist demzufolge außer
Landes. Einem
weiteren Zeugen droht am Abend direkt nach seiner Aussage vor Gericht die
Rückschiebung nach Schweden. Der 19-Jährige versucht deshalb aus dem Fenster
zu springen, was verhindert werden kann. Er kommt zur stationären Behandlung
in die Psychiatrie. In Schweden droht ihm die Abschiebung in das Land, das er
bereits als Kind verlassen mußte. Das
Gericht verurteilt den 28 Jahre alten Ronny B. wegen gefährlicher
Körperverletzung zu 10 Monaten Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Der
32-jährige Michael M. bekommt wegen der Sachbeschädigung am Fahrrad eine
Verurteilung zur Zahlung von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro – allerdings wird seine
Strafe wegen einer weiteren Körperverletzung zu insgesamt sieben Monaten Haft
auf Bewährung festgelegt. Für die beiden anderen Angeklagten endet der Prozeß
mit Freisprüchen. Polizei
Neubrandenburg 18.4.13; LOBBI 30.4.14;
LOBBI 28.5.14; LOBBI 17. April 13 Bundesland Bayern. Auf der Autobahn im Bereich der
Ausfahrt Passau-Süd in Richtung Regensburg werden zwei Männer, zwei Frauen,
ein Jugendlicher und drei Kleinkinder von der Passauer Polizei aufgenommen,
weil sie zu Fuß auf dem Standstreifen unterwegs sind. Es stellt sich heraus,
daß sie afghanische Staatsangehörige sind, die sich allerdings nicht mit
entsprechenden Papieren ausweisen können. Unter
ihnen befindet sich das Ehepaar X. mit den sieben und acht Jahre alten
Kinder. Frau X. wird mit den Kindern in einer Pension in Passau
untergebracht, ihr Mann kommt in die JVA Nürnberg in Haft. Sie
sind seit sechs Monaten unterwegs. Den Iran, wo sie bis zum Tod der Eltern
von Herrn X. gelebt hatten, verließen sie zu Fuß. Ihr Weg führte über die
Türkei, Griechenland und von dort zu Fuß nach Mazedonien. In Ungarn wurden
sie behördlich registriert. Da ihnen die Situation dort lebensbedrohlich
erschien, beschlossen sie weiterzuflüchten. Dabei wurde ihr 10-jähriger Sohn
von den Fluchthelfern getrennt von ihnen in einem anderen Wagen
untergebracht, so daß er vorerst verschwunden schien. Am
8. Mai stellt heraus, daß der 10-jährige Sohn in Österreich registriert ist,
jedoch nicht in die Bundesrepublik einreisen darf. Sowohl
Österreich als auch Deutschland bereiten die Rückführung der Familie nach
Ungarn vor, die am 11. Juni stattfinden soll. Durch eine Petition beim
Deutschen Bundestag, in der auf den schlechten gesundheitlichen Zustand von
Herrn X. hingewiesen wird, und durch die bestätigte Reiseunfähigkeit von Frau
X. wird die Rückführung zunächst storniert. Zu
keinem Zeitpunkt wird die Zusammenführung der Familie in Deutschland in
Erwägung gezogen. Nachdem
Frau X. von der Polizei in einem Krankenhaus vorgeführt wird und die
Oberärztin aufgrund von Blutwerten die Reisefähigkeit bestätigt, wird die
Rückführung auf den 23. Juni geplant – die Überstellung des Sohnes aus
Österreich soll einen Tag später stattfinden. Herr X. befindet sich
mittlerweile in der JVA München. Am
21. Juni taucht Frau X. mit den beiden Kindern unter. Auf Weisung des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 28. Juni übt die
Bundesrepublik ab sofort ihr Selbsteintrittsrecht aus. Das Asylverfahren kann
jetzt in Deutschland durchgeführt werden, der Sohn kommt umgehend zu seinen
Eltern und Herr X. aus der Haft freigelassen. Alternativer Menschenrechtsbericht 2013 18. April 13 Monheim in Nordrhein-Westfalen. Gegen 13.45 Uhr gelingt es
Rettungskräften der Feuerwehr, einen jungen Algerier mit einem Rettungskorb vom
Dach der viergeschossigen Flüchtlingsunterkunft Danziger Straße zu bergen.
Die letzten Stunden hatte er hier barfuß und nur dünn bekleidet auf dem First
des Satteldaches gesessen, mit dem Rücken zu einem Schornstein. Er drohte,
sich hinunter zu stürzen. Ein Sprungkissen, Rettungswagen und ein Notarzt
waren für diesen Fall vor Ort. Der
von Mitbewohnern als "nett und unauffällig" beschriebene Algerier
befindet sich seit längerem wegen Depressionen in psychiatrischer Behandlung.
Seine behandelnde Psychologin ist es auch, die ihn zur Aufgabe seines
Vorhabens überredet. Er kommt in eine psychiatrische Klinik. Gegen
10.30 Uhr war er mit einem irakischen Bewohner des Heimes in Streit geraten,
der dahin eskalierte, daß er seinem Kontrahenten mit einer Eisenstange auf
den Kopf schlug. Danach war er auf das Dach geklettert. Am
nächsten Tag sind weder der Iraker noch der Algerier vernehmungsfähig. RP 18.4.13; RP 19.4.13 19.
April 13 Neustadt im Bundesland Sachsen. In der Kirschallee wird
ein 42-jähriger Asylbewerber aus Tunesien von drei Männern angehalten, die
ihn auffordern, sein Bargeld herauszugeben. Als er ca. 200 Euro übergeben
hat, fordern die Täter weiteres Geld – dann schlagen sie auf ihn ein und
sprühen ihm Reizgas ins Gesicht. Die
Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Polizei Dresden
27.3.14; BT DS 18/203 20. April 13 Neustadt-Langburkersdorf im Bundesland Sachsen. Morgens um
1.00 Uhr beobachten BewohnerInnen des Flüchtlingsheimes an der Kirschallee
drei Männer auf dem Gelände, die mehrere Benzinkanister mit sich tragen. Sie
informieren den Wachdienst, der wiederum die Polizei alarmiert. Als
die Beamten eintreffen, können sie die Verdächtigen noch stellen und
durchsuchen. Sie finden einen Schlagring und ein Messer und nehmen die Männer
fest. Das Operative Abwehrzentrum (OAZ), das politisch motivierte Straftaten
verfolgt, übernimmt die Ermittlungen. Es
wird bekannt, daß die ErmittlerInnen Brandstiftung als Motiv bald
ausschließen und stattdessen eher ein "Beziehungsproblem zwischen den
festgenommenen Männern und den ausländischen Bewohnern" sehen. SäZ 24.4.13; Polizei Leipzig 22. April 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen. Als die 19 Jahre alte
Binta C. aus Guinea in Begleitung ihrer Deutschlehrerin um 10.00 Uhr im
Bochumer Rathaus ihre Duldung verlängern lassen will, stehen plötzlich vier
Frauen und zwei Männer im Halbkreis hinter ihnen. Einer der Männer fordert
sie auf, sich zu erheben. Dann tritt er den Stuhl unter ihr weg, dreht ihr
die Hände auf den Rücken und legt ihr Handschellen an. In dieser Fesselung
wird sie durch das Großraumbüro und den Wartesaal geführt und schließlich in
eine der JVA-Zellen des Bochumer Gerichts gebracht – dann wird sie dem
Haftrichter vorgeführt. Das Gericht entscheidet entsprechend dem Antrag der
Ausländerbehörde, so daß sie umgehend in die JVA Büren in Abschiebehaft
gebracht wird. Sollte
Binta C. nach Spanien zurückgeschoben werden, gerät sie in Lebensgefahr.
Nicht nur, weil sie aus einem Bordell geflüchtet war, sondern weil sie beim
Bundeskriminalamt (BKA) gegen ihre Peiniger (Menschenhändlerring) ausgesagt
hat. In ihrer Ausweglosigkeit übergießt sich Binta C. am zweiten Tag ihrer
Gefangenschaft mit kochendem Wasser und erleidet Verbrennungen II. und III.
Grades am Oberkörper. Binta
C. wurde schon als Kind und Jugendliche in Guinea schwer mißhandelt. Nach dem
Tod ihres Vaters mußte sie mit ihrer Mutter bei ihrem Onkel leben. Von diesem
wurde sie genital verstümmelt und jahrelang mißbraucht. Sie
flüchtete aus dieser Familie und lebte lange Zeit als Obdachlose auf den
Straßen. Im Alter von 16 Jahren lernte sie eine Frau kennen, die ihr einen
Job in einer europäischen Boutique versprach. Tatsächlich geriet sie in die
Hände eines Menschenhändlerringes, durch den sie über Marokko bis nach
Spanien gelangte. In Madrid wurde sie an ein Bordell verkauft und versklavt.
Mit Hilfe eines Freiers gelang ihr im Frühjahr 2012 die Flucht in die
Bundesrepublik. Nach
dem Besuch einer Förderklasse in einer Bochumer Hauptschule konnte Binta C.
im Februar 2013 an das Alice-Salomon-Berufskolleg überwechseln. Sie
besuchte den Unterricht täglich, auch noch, als sie vor lauter Angst vor
Abschiebung bei Freundinnen oder Lehrerinnen übernachten mußte. Die
Ausbildung gab ihr Sicherheit, Bodenhaftung und viel Hoffnung. Bereits
am 13. Januar war ihre Rückschiebung nach Spanien geplant. Um 4.00 Uhr
morgens erschienen vier Frauen und zwei Männer der Ausländerbehörde in ihrem
Wohnheim. Einer der Männer riß sie um, warf sie auf den Boden, drückte sein
Knie in ihren Rücken und fesselte ihre Hände rücklings. Binta C. bat darum,
sich anziehen zu dürfen, was ihr zunächst verweigert wurde – aber auf die
Toilette durfte sie gehen. Dort gelang es ihr trotz Fesselung eine Flasche
Haarshampoo auszutrinken. Während der Fahrt zum Flughafen wurde sie zunehmend
apathischer, mußte sich erbrechen, und die Beamten ohrfeigten sie, um sie bei
Bewußtsein zu halten. Erst die Bundespolizisten am Düsseldorfer Flughafen
riefen einen Notarzt, der sie ins Krankenhaus brachte. Ihre Entlassung aus
der Abschiebehaft erfolgte dann erst am 5. Februar. Seit
ihrer jetzigen Festnahme wandelt sich die anfängliche Empörung ihrer
Mitschülerinnen des Alice-Salomon-Berufskollegs in pure Energie. Bis zum
Nachmittag sammeln die SchülerInnen 800 Unterschriften und übergeben sie
lautstark im Bochumer Rathaus den Verantwortlichen. Die Schülersprecherin
informiert die Presse, die Sozialarbeiterin die Abgeordneten. Vor allem die
stundenlangen Interventionen des Landtagsabgeordneten Serdar Yüksel und des
Bundestagsabgeordneten Axel Schäfer, die positive Entscheidung des
Petitionsausschusses und die Unterstützung durch Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft können erwirken, daß die Stadt Bochum die Abschiebung von
Binta C. am 24. April aussetzt. Um 19.45 Uhr kommt sie frei. Am
nächsten Tag wird sie im Krankenhaus zunächst akut versorgt und dann auch
stationär aufgenommen. Am
30. April läuft die Rückübernahmeerklärung der spanischen Behörden aus, so
daß das Asylverfahren in der Bundesrepublik stattfinden könnte. Binta
C. bleibt bis zum 8. Mai zur Behandlung ihrer Verbrühungsverletzungen im
Universitätsklinikum Bergmannsheil. Mitte
Mai bekommt sie ohne weitere Anhörung die "Zuerkennung der
Flüchtlingseigenschaft" (§ 60 Abs. 1 AufenthG), die ihr zunächst drei
Jahre den Aufenthalt sichert: Sie kann arbeiten, studieren oder reisen, wohin
sie möchte. WAZ 25.4.13; WAZ 26.4.13; Stadt Bochum
Vorlage Nr. 20131017; Ruhr Nachrichten
3.5.13; Ruhr Nachrichten
8.5.13; WAZ 14.5.13; Bericht der
Betroffenen 22. April 13 Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt. Die
Flüchtlingsunterkunft in Harbke wird in der Nacht von Unbekannten mit Steinen
angegriffen. Ein Stein zerschlägt die Fensterscheibe eines von einem Syrer
bewohnten Zimmers. Verletzt wird niemand. Dieser
Angriff ist der vierte oder fünfte innerhalb weniger Wochen. Es wurden
Fenster eingeworfen, und an die Hauswände wurden Hakenkreuze gesprüht. Die
ca. 100 BewohnerInnen sind diesen Attacken von Rechtsextremen in dem mitten
im Wald gelegenen Heim – weitab von der nächsten Polizeistation – schutzlos
ausgeliefert. MDZ 26.4.13 25. April 13 Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. Der 33
Jahre alte Flüchtling Cosmo Saizon aus Benin stirbt im Krankenhaus
Bitterfeld. Cosmo
Saizon lebte in der Gemeinschaftsunterkunft Friedersdorf und hatte in den
letzten Wochen zunehmend unter Halsschmerzen und Fieber gelitten. Am 19.
April bat er die Heimleitung, einen Arzt zu rufen. Dieser verschrieb ihm ein
Antibiotikum und ein fiebersenkendes Mittel – eine körperliche Untersuchung
fand laut Aussagen der MitbewohnerInnen durch diesen Arzt nicht statt. Obwohl
Cosmo Saizon die Medikamente nach Anordnung täglich einnahm, ging es ihm
immer schlechter. Als er seinen Geruchssinn verlor, bat er am 23. April
erneut darum, einen Arzt zu rufen. Dieser Notarzt äußerte vor Ort, daß Cosmo Saizon schon längst hätte im Krankenhaus behandelt werden
müssen, dann veranlaßte er die sofortige Einweisung. Freunde
von Cosmo Saizon, die ihn am 26. April im Krankenhaus besuchen wollen, weil
sie ihn telefonisch nicht erreichen können, werden abgewiesen und erhalten
auch keine Nachricht über seinen Tod. Erst
als UnterstützerInnen am 30. April eine Anfrage bei der Staatsanwaltschaft
Dessau stellen, erfahren sie, daß Cosmo Saizon bereits vor fünf Tagen
gestorben ist. Drei
Monate nach seinem Tod gibt die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau nähere
Details und die Obduktionsbefunde bekannt: Cosmo Saizon sei nach der
Einlieferung in das Bitterfelder Gesundheitszentrum an einem Abzeß am
Unterleib operiert und am 25. April tot im Bad seines Krankenzimmers gefunden
worden. Todesursache sei eine Herzmuskel-Entzündung, die ein Herzversagen
verursachte, und weiter: "Die OP hatte nichts mit dem Herzen zu
tun." – ergo sei der Patient eines "natürlichen" Todes
gestorben. Aufgrund der tödlich verlaufenden Erkrankung von
Cosmo Saizon war die medizinische Versorgung nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz erneut heftig kritisiert worden, wonach
Flüchtlingen nur im Notfall eine Behandlung zusteht. Noch gefährlicher wird
es allerdings für den Patienten, wenn ein Arzt diesen Notfall nicht erkennt. Cosmo
Saizon war nach seiner Ankunft in der Bundesrepublik ab September 2012
zunächst in der ZAST Halberstadt untergebracht, bis er in die weit abgelegene
Gemeinschaftsunterkunft Friedersdorf nach Bitterfeld übersiedeln mußte. Antirassistisches
Netzwerk LSA 1.5.13; MDZ 3.5.13; MDZ
4.5.13; MDZ 10.5.13; MDZ 25.6.13; mdr
5.8.13 30. April 13 Wartburgkreis in Thüringen. Gegen 13.00 Uhr wird ein 33 Jahre
alter Flüchtling aus dem Irak von dem ICE 1559 erfaßt und tödlich verletzt. Er
ist Bewohner des Flüchtlingsheimes Gerstungen Am Berg 1 und stirbt auf dem
inoffiziellen Weg über die Gleisanlagen, den die BewohnerInnen seit Jahren
nutzen, um von dem weit abgelegenen Heim schneller ins Dorf zu kommen. Der
offizielle Weg wäre ca. einen halben Kilometer länger. Daß
der Tod des Flüchtlings erst 10 Tage nach dem Vorfall überhaupt und erst nach
Nachfragen des Flüchtlingsrates bekannt wird, "sei dem sensiblen Umgang
mit Informationen aus der Gemeinschaftsunterkunft geschuldet", so die
Stadträtin. The VOICE 30.4.13; TA 10.5.13 30.
April 13 Flughafen Frankfurt am Main. Im Rahmen einer Dublin-Maßnahme soll der afghanische Flüchtling
Herr D. im Auftrag des Landeskriminalamtes Niedersachsen aus der
Abschiebehaft heraus nach Budapest rückgeschoben werden. Beim
Eintreffen am Flughafen fällt sowohl der Bundespolizei als auch der
Abschiebungsbeobachterin auf, daß die rechte Wange des Mannes sehr dick ist
und auch das rechte Auge stark zugeschwollen ist. Er klagt über unerträgliche
Schmerzen und hält sich ständig ein feuchtes Tuch vors Gesicht. Aufgrund
dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung bricht die Bundespolizei die
Abschiebung ab. Auf
Nachfrage wird gesagt, daß dieser Zustand in der Justizvollzugsanstalt
bekannt sei, die Beamten ihm allerdings Schmerzmittel und Kühlkissen gegeben
haben. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 Erste Woche im Mai 13 Bundesland Sachsen. In dem Leipziger Flüchtlingslager
Schönefeld Ost, Torgauer Straße, stirbt der 34 Jahre alte Hashim Yasbek in
seinem Zimmer. Niemand
bemerkt es, und niemand vermißt den Flüchtling. Auch als BewohnerInnen den
immer stärker werdenden Leichengeruch bei der Heimverwaltung melden und auch
als sie sich später über Madenbefall und Fliegenschwärme beschweren, erfolgt
keine Reaktion der Security-Firma A&S LAVAL, die das Haus betreibt. Erst
eineinhalb Monate später, als sich die BewohnerInnen an einen deutschen
Bekannten wenden und dieser aktiv wird, öffnen am 13. Juni Mitarbeiter der
Verwaltung endlich das Zimmer und finden den Toten. Hashim
Yasbek war vor zehn Jahren in die Bundesrepublik gekommen und mußte seither
das trostlose Dasein eines Geduldeten in einem Heim ertragen – ohne Aussicht
auf eine konkrete Lebensperspektive. Letztendlich war er drogenabhängig und
die Überdosis eines Heroingemisches führte – laut Obduktionsbericht – zu
seinem Tod. Die
BewohnerInnen sammeln Spenden, so daß es gelingt, die 2600 Euro aufzubringen,
um die Überführung des Leichnams nach Beirut zu finanzieren. Durch
die öffentliche Empörung über die Zustände im Heim wird unter anderem
bekannt, daß für die 395 im Haus lebenden Flüchtlinge und Geduldeten exakt
2,2 Sozialarbeitsstellen existieren, die die Stadt bezahlt. Laut Mitteldeutschem
Rundfunk zahlt die Stadt in fünf Monaten 190.000 Euro an die Firma A&S
LAVAL GmbH für die Unterbringung der Flüchtlinge – im selben Zeitraum gibt
diese private Sicherheitsfirma für die Reinigung des 20.000 Quadratmeter
großen Areals 126 Euro aus. Die Firma A&S LAVAL GmbH wird betrieben von
dem ehemaligen Leipziger Polizeichef und Generalmajor der DDR, Gerhard
Straßenburg, und dem ehemaligen Politik-Offizier der Volkspolizei, Bernd P.
In Tochtergesellschaften der Firma werden die alten Stasi/VoPo-Bekanntschaften
weiter fortgesetzt. Das
Heim sollte wegen des hohen Schädlingsbefalls und der sonstigen
unhygienischen und unwürdigen Zustände bereits im Jahre 2012 geschlossen
werden. Laut offizieller Begründung fehlten allerdings die Ersatzquartiere. LVZ 14.8.13;
news.de 14.8.13; SäZ 14.8.13; mdr
"Exakt" 14.8.13; DNN 15.8.13; jW 16.8.13; mdr
"Exakt" 21.8.13; Bild 23.8.13 9. Mai 13 Bundesland Sachsen-Anhalt. Um 2.14 Uhr dringen vier
Neonazis in das Flüchtlingsheim Vockerode ein, klingeln willkürlich an den
Türen und beschimpfen die BewohnerInnen mit "Arschloch", "Fuck
you" und ähnlichem. Die
vom Sicherheitsdienst gerufenen Polizisten fordern die Eindringlinge auf, das
Gebäude zu verlassen, jedoch eine Stunde später erscheinen sie erneut und
beleidigen die BewohnerInnen in gleicher Weise. Die Beschimpfungen müssen
sich die Flüchtlinge in dieser Nacht über insgesamt eineinhalb Stunden
anhören. Wieder
wird die Polizei gerufen, und erneut werden die Rassisten aufgefordert, das
Gelände zu verlassen. (siehe auch: 30. März 13, 10. Mai 13 und 4. Juni 13) Refugee Comite
Wittenberg (LSA) 10.5.13 9. Mai 13 Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Einen Tag vor
seiner geplanten Abschiebung randaliert ein 34 Jahre alter Gefangener aus dem
Kongo und verletzt sich durch Schläge ins Gesicht. Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 10. Mai 13 Bundesland Sachsen-Anhalt. Vor dem Flüchtlingsheim in
Vockerode beleidigt ein 32 Jahre alter Fußgänger einen 38-jährigen Flüchtling
mit rassistischen Äußerungen. Als der Flüchtling daraufhin auf den
Bürgersteig tritt, wird er von dem Provokateur geschlagen. Ein
Wachmann, der die Situation entschärfen will und dazwischen geht, wird von
einem anderen Bewohner des Heimes mit einem Gegenstand angegriffen und am Arm
verletzt. Beamte
des Polizeilichen Staatsschutzes Sachsen-Anhalt Ost nehmen die Ermittlungen
wegen gefährlicher Körperverletzung auf. (siehe auch: 30. März 13, 9. Mai 13 und 4. Juni 13) MDZ 10.5.13; FR 10.5.13 10. Mai 13 Zentrale Rückführungsstelle der Bundespolizei am Flughafen
Frankfurt. Eine syrische Familie mit drei minderjährigen Kindern soll
entsprechend dem Dublin-Verfahren nach Rom
zurückgeschoben werden. Die Mutter klagt über Herz- und Kopfschmerzen, und
der Vater ist sehr apathisch und wirkt hilflos. Da die Eltern weder Deutsch
noch Englisch sprechen, vermittelt der 16-jährige Sohn zwischen ihnen und der
Bundespolizei. Er beschreibt, daß nicht nur die Mutter krank sei, sondern
auch daß der Vater an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leide. Nach
dem Vorschlag der BeamtInnen der Bundespolizei, die Frau ins Krankenhaus zu
fahren und den Mann mit den Kindern nach Italien zu fliegen, weigern sich
alle vehement, dem Flug zuzustimmen. Die Abschiebung wird abgebrochen und die
Ausländerbehörde Landau ordnet an, daß die Familie zurückkommen solle. Da
die Familie natürlich keine Fahrkarten für die Rückfahrt hat, bringt die
Abschiebungsbeobachterin sie zum Kirchlichen Sozialdienst, damit dieser bei
der Beschaffung der Zugfahrkarten behilflich ist. Die Syrerin bricht zusammen
und fällt zu Boden, sie kann sich kaum verständlich machen. Aus eigener Kraft
fällt ihr das Laufen sehr schwer. Sie beschreibt, daß ihr schwindlig ist, daß
sie starke Ohrenschmerzen hat, und zeigt auf Flüssigkeit, die aus ihrem Ohr
läuft. Der Mann ist weiterhin apathisch, und der jüngere Sohn weint
ununterbrochen. Sie bekommen die Fahrkarten und können zurück zu ihrem
Wohnort. Hinsichtlich
der Frage, warum die Polizei die Familie nicht zu ihrem Wohnort
zurückgefahren hat, antwortet das zuständige Ministerium, daß die
Dienstfahrtrichtlinie des Landes eine Mitnahme in solchen Fällen nicht
vorsehe. Ausnahmen seien ausschließlich, wenn die Personen zurück in die Haft
kämen. Die
Betroffenen seien verpflichtet, sich eigenständig wieder an ihren Wohnort zu
begeben. Erst auf Nachfragen bei der Bundespolizei oder der
Abschiebungsbeobachtung könnten sie Fahrgeld bekommen. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 14. Mai 13 Bundesland Baden-Württemberg. Im Aufenthaltsraum der
Flüchtlingsunterkunft in Friedrichshafen am Wachirweg entwickelt sich
zwischen 4.00 und 5.00 Uhr ein Feuer, das sich schnell ausbreitet, der
Dachstuhl steht innerhalb kurzer Zeit in Flammen. Die 21 im Hause schlafenden
Männer erwachen durch beißenden Rauch, klirrende Fenster oder durch die Rufe
der Mitbewohner. Vielen in der ersten Etage ist der Weg durch die Flammen
versperrt, so daß sie aus den Fenstern springen. Sechs Männer kommen mit
leichteren Verletzungen wie Prellungen und Schnitten an Händen und Beinen,
aber auch mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung in die umliegenden
Krankenhäuser. Nach medizinischer Versorgung können sie alle wieder entlassen
werden. Die
Feuerwehr, die mit 16 Fahrzeugen und 60 Rettungskräften nach dem Feueralarm
um 5.13 Uhr ausrückte, kann die Zerstörung der ersten Etage nur schwer
eindämmen. Ob das Haus demnächst wieder bewohnbar ist, bleibt zunächst
ungeklärt. Zur
Klärung der Brandursache wird sowohl vom Landeskriminalamt als auch von der
Häfler Kripo in alle Richtungen ermittelt. SK 14.5.13; SK
15.5.13; schwäbische.de
16.5.13 15. Mai 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen. In der
Flüchtlingsunterkunft der Gemeinde Raesfeld im Kreis Borken unternimmt ein
Bewohner einen Suizidversuch und kommt mit schwersten Verbrennungen in eine
Hamburger Spezialklinik. Anfang Juni erliegt er seinen schweren Verletzungen. Bemerkenswert ist die Öffentlichkeitsarbeit der
Gemeinde Raesfeld: Während die Öffentlichkeit über die hohen Kosten
informiert wird, die der Gemeinde von der Klinik in Rechnung gestellt werden,
werden zu dem Flüchtling selbst aus "Datenschutzgründen" keinerlei
Informationen herausgegeben. DoZ 4.6.13; DoZ
11.6.13; Gemeinde
Raesfeld 16.10.13 15. Mai 13 Bundesland Sachsen. Nahe der deutsch-tschechischen Grenze
auf der Raststätte "Am Heidenholz" der Bundesautobahn 17 werden
zwei wahrscheinlich syrische Flüchtlinge in einen LKW von der Polizei
festgestellt. Sie haben einen Schwächeanfall erlitten. Der
Fahrer des LKW wird am 13. November durch das Amtsgericht Pirna gemäß § 96
Absatz 2 Nr. 5 des Aufenthaltsgesetzes (Fluchthilfe) zu einer Freiheitsstrafe
von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. BT DS 18/743 17. Mai 13 Landkreis Passau im Bundesland Bayern. Um kurz vor 1.00
Uhr entsteht ein Brand im Büro der Heimleitung der Flüchtlingsunterkunft in
Breitenberg. Ein 19 Jahre alter Bewohner aus Sierra-Leone, der aus einem
Fenster der ersten Etage springt, zieht sich eine schwere Beinverletzung zu.
Zwei weitere Afrikaner im Alter von 22 und 27 Jahren erleiden
Rauchgasvergiftungen. Auch sie werden in ein Krankenhaus gebracht. Insgesamt
werden sieben von den derzeit 25 anwesenden Personen verletzt. Nach
Löschung des Brandes ist das Gebäude zunächst nicht mehr bewohnbar, und die
Flüchtlinge werden nach einem Not-Quartier in der Schul-Turnhalle auf andere
Unterkünfte in Hauzenberg, Passau und Vilshofen verteilt. Wegen
des Verdachts auf Brandstiftung erfolgt die vorläufige Festnahme eines
Bewohners. Auch
zehn Tage nach dem Brand sind eventuelle Täter noch nicht ermittelt. Polizei
Niederbayern 17.5.13; PNP 17.5.13;
trp1.de 17.5.13; trp1.de 27.6.13 18. Mai 13 Regensburg in Bayern. Eine 46 Jahre alte alleinstehende
Romni aus Serbien versucht, sich in ihrer Unterkunft in der Grunewaldstraße
mit Wodka und einer großen Menge (30-40 Tabletten) eines Antidepressivums
(Amitriptylin) umzubringen. Als den MitbewohnerInnen ihre Apathie auffällt,
schlagen sie Alarm, so daß die Frau ins Universitätsklinikum Regensburg
kommt, wo sie zwei Tage lang intensiv-medizinisch betreut werden muß. Der Grund für ihre Verzweiflungstat ist die
drohende Abschiebung nach Serbien, da auch der Asylfolgeantrag abgelehnt ist.
Sie wurde dort von ihrem Ehemann verprügelt, vergewaltigt und letztlich auch
an Zuhälter verkauft. Am
23. August schluckt die Frau erneut viel Alkohol und eine größere Menge
Tabletten und kommt auf die Intensiv-Station des St.-Josef-Krankenhauses. Anfang
Dezember – die Frau hat das Bezirkskrankenhaus gerade vor einer Woche auf
eigenen Wunsch verlassen – da händigt ihr die Sachbearbeiterin der
Ausländerbehörde eine Grenzübertrittsbescheinigung aus und fordert sie auf,
innerhalb einer Woche das Land zu verlassen und umgehend eine Busfahrkarte
vorzulegen. Daraufhin
versucht die Frau am 9. Dezember, sich erneut mit Alkohol und Medikamenten zu
vergiften und schneidet sich zudem die Handgelenke auf. Sie kommt ins
Krankenhaus auf die Intensiv-Station und wird anschließend wieder ins
Bezirksklinikum auf die geschlossene Station verlegt. MbZ 5.12.13; MbZ
6.12.13; Regensburger
Flüchtlingsforum 20. Mai 13 Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt im Bundesland
Brandenburg. Ein kurdischer Gefangener nimmt eine Überdosis Schlaftabletten
zu sich und kommt ins Krankenhaus. Einige Tage später wird er zusammen mit
seiner Familie abgeschoben. lagerwatcheisen
– Chronik (BewohnerInnen der ZAST) 28. Mai 13 Bundesland Brandenburg. Im sogenannten Männerhaus der
Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Eisenhüttenstadt erhängt sich der 20
Jahre alte Djamaa Isu (Juma A.) – Flüchtling aus dem Tschad. Die
Wiederbelebungsversuche von Betreuungspersonal und Notarzt bleiben erfolglos.
Der Arzt stellt um 17.50 Uhr den Tod fest. Mitarbeiter
einer diakonischen Beratungsstelle und Freunde von Djamaa Isu berichten über
große psychische Probleme, die ihn plagten. Er sei kaum noch aus seinem
Zimmer gekommen, war psychisch "auffällig" und habe seinen Suizid
ankündigt. Diese Tatsache nimmt der Flüchtlingsrat Brandenburg zum Anlaß zu
fragen, warum weder das Betreuungspersonal noch der medizinische Fachdienst
der Einrichtung das Verhalten bemerkten bzw. eine entsprechende
psychologische Versorgung eingeleitet haben. Djamaa
Isu lebte erst seit dem 22. März in der Einrichtung. Er war über Italien in
die Bundesrepublik gekommen und dann von Karlsruhe nach Eisenhüttenstadt
zugewiesen worden. Seine Rückschiebung im Rahmen des Dublin-II-Abkommens
war für den 30. Mai vorgesehen. Es
wird bekannt, daß er auf seinem Weg durch die Bundesrepublik in Dresden Opfer
eines rassistischen Angriffs wurde. Drei
Tage vor seinem Tod hatte Djamaa Isu noch mit anderen Flüchtlingen in Berlin
für das Grundrecht auf Asyl demonstriert. Am
3. Juni demonstrieren ca. 130 Flüchtlinge und UnterstützerInnen mit einem
Trauer- und Protestmarsch gegen die Residenzpflicht, gegen drohende
Abschiebungen und für bessere Gesundheitsversorgung, gesünderes Essen und
sauberere Sanitäranlagen. Im
September des Jahres nimmt erstmals ein Psychologe seinen Dienst in der
Einrichtung auf – er wird vorerst einmal die Woche für acht Stunden den
BewohnerInnen zur Verfügung stehen. Innenministerium
Brandenburg 29.5.13; ND 29.5.13; BeZ
29.5.13; FRat BB 29.5.13; jW 30.5.13; MAZ 31.5.13; epd 2.6.13; Welt
3.6.13; ND 4.6.13; Pro Asyl
22.6.13; BeZ 27.9.13 28. Mai 13 Bundesland Sachsen. Nachts um 2.00 Uhr werden die
35-jährige Shengjul K. und ihre 11-jährige Tochter Chala in ihrer Chemnitzer
Wohnung von PolizistInnen geweckt und in barschem, autoritärem Ton
aufgefordert, ihre Koffer zu packen. Die schwangere Shengjul K. bekommt
heftige Panikattacken und beginnt, sich selbst zu verletzen: Sie reißt sich
Haare aus, kratzt ihre Haut mit den Fingernägeln auf, schlägt sich selbst ins
Gesicht und schreit in völliger Panik. Sie ist nicht mehr in der Lage zu
gehen und sowieso überhaupt nicht mehr fähig, die notwendigen Dinge
einzupacken. Mutter und Kind werden zur Polizeistation nach
Leipzig, dann zum Flughafen Baden-Baden gebracht und von hier aus zusammen
mit einigen Dutzend anderen Flüchtlingen per Charter-Flugzeug nach Serbien
bzw. Mazedonien ausgeflogen. Auf
dem Flughafen Skopje wird Shengjul K. einem Polizeiverhör unterzogen, durch
das sie – nach über 20 Stunden Abschiebungsdauer – in völliger Erschöpfung
zusammenbricht und direkt in ein Krankenhaus gebracht werden muß. Im
Jahre 2010 hatten Mutter und Tochter Mazedonien verlassen müssen, weil sie
durch die Gewaltausübungen des Ex-Ehemannes und durch die Morddrohungen der
männlichen Mitglieder seiner Familie akut gefährdet waren. In
der Bundesrepublik wurde der Asylantrag abgelehnt, so daß sich die psychische
Situation von Shengjul K. durch die Abschiebeandrohungen deutlich
verschlechterte. Wegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit
Depressionen, Angstattacken und mehrfachen Suizidandrohungen kam sie Mitte Februar
2013 stationär in die Psychiatrie des Park-Klinikums Leipzig. Hier beging sie
selbstverletzende Handlungen – sie schnitt sich mehrfach in die Hand und
trank Schampoo. Als
sie am 18. April 13 vom Gesundheitsamt kam, wo ihre Flugfähigkeit entschieden
wurde, nahm sie eine Überdosis Tabletten zu sich. Sie
wurde mehrmals stationär und teilstationär behandelt und konnte ihren Alltag
nur mit entsprechenden Psychopharmaka bewältigen. Als Shengjul K. sich im Dezember 2012 mit ihrem
deutschen Lebensgefährten verlobte und die Heirat vorbereitet wurde, weigerte
sich die Ausländerbehörde Chemnitz, das einzig noch fehlende Papier – eine
Kopie des Reisepasses – zur Verfügung zu stellen, so daß die Ehe in
Deutschland nicht geschlossen werden konnte. Shengjul
K. und ihre Tochter sind nach der Abschiebung obdachlos, ohne ausreichende
Mittel für medizinische Versorgung und müssen sich zudem noch vor den
anhaltenden familiären Bedrohungen und Verfolgungen verstecken. Nur aufgrund
von privaten Spenden aus Deutschland ist es möglich, eine halbwegs sichere
Unterkunft zu mieten. Obwohl
es bereits im Juli 2013 gelingt, die Ehe in Mazedonien zu schließen, und
obwohl der gemeinsame Sohn im Dezember geboren wird, scheitert die Rückkehr
der Familie an den behördlichen Verschleppungen der Arbeitsvorgänge – sowohl
in Deutschland als auch in Mazedonien. Weil die Aufhebung der Einreisesperre
und die Herausgabe der Pässe durch mazedonische Behörden nicht funktioniert,
kann der Antrag auf Familienzusammenführung bei der Deutschen Botschaft nicht
gestellt werden. Shengjul K. darf erst 14 Monate nach der rechtswidrigen
Abschiebung im Juli 2014 mit ihre beiden Kindern nach Deutschland
zurückkommen. Bon Courage 18.8.14; Bon Courage 29. Mai 13 Bundesland Bayern. Der 30 Jahre alte politische Flüchtling
Sahak N. wird an das armenische Regime ausgeliefert und kommt dort umgehend
ins Gefängnis. Die
Auslieferung basiert auf dem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 12.
März, das sich auf die Recherchen der Deutschen Botschaft in Eriwan beruft.
Die Botschaft hätte keinerlei Belege für die oppositionelle Tätigkeit N.s,
wohl aber einen Hinweis auf eine Straftat gefunden: Man sei im Internet auf
einen Artikel über Visa-Betrügereien gestoßen. Zwar sei Sahak N. dort gar
nicht erwähnt, aber sein Name erschiene in einem Leserkommentar im
anschließenden Blog. Das Oberlandesgericht im Urteil: "... die Auslieferung des Verfolgten (werde) nicht
aufgrund beabsichtigter politischer Verfolgung betrieben." Dies steht in direktem
Widerspruch zu den Aussagen von Sahak N. Er hatte sich vor den
Präsidentschaftswahlen aktiv für den Kandidaten Levon Ter-Petrosian engagiert
und nach dessen Wahlniederlage im Februar 2008 auf den Straßen Eriwans
Flugblätter verteilt, in denen Manipulationen und Wahlfälschungen benannt
wurden. Sein
Vater Suren N., ein bekannter Wissenschaftler in Armenien, beschreibt in
einem Offenen Brief, daß sein Sohn während der Wahlproteste zwischen Januar
und März 2008 in Eriwan den Transport und die Verpflegung der
DemonstrantInnen mitübernommen habe. Zehn Menschen seien bei den Unruhen ums
Leben gekommen. Auch Suren N. wurde mehrfach vom Innenministerium vorgeladen,
und die armenischen Beamten haben ihn und seiner Familie "offen
gedroht". Schließlich entschloß sich die Familie, außer Landes zu gehen.
Suren N. lebt mittlerweile in Georgien, und sein Sohn Sahak N. war im Jahre
2008 in die Bundesrepublik geflüchtet. Noch während seines laufenden Asylverfahrens stellte
Armenien im Jahr 2011 einen Auslieferungsantrag an die Bundesrepublik, woraufhin
Sahak N. einige Wochen lang in Auslieferungshaft genommen wurde. Da Armenien
die erforderlichen Beweise für den Vorwurf Visa-Betrug nicht vorlegen konnte,
mußte er wieder entlassen werden. Wenig
später wurde die Auslieferung erneut beantragt, diesmal mit den
entsprechenden angeblichen Beweisen und mehreren vermeintlichen
ZeugInnen-Aussagen. Seine
Ehefrau Irina Sch. wandte sich im April mit Petitionen an den Bayerischen
Landtag und den Deutschen Bundestag. Diese sind zum Zeitpunkt der
Auslieferung noch nicht entschieden. Es
wird bekannt, unter welchen Bedingungen Sahak N. nach der Auslieferung lebt.
Er befindet sich – zusammen mit 20 anderen Gefangenen – in einer 20
Quadratmeter großen Zelle, in der fünf Doppelstock-Betten stehen mit
insgesamt 10 Schlafplätzen. Der Raum hat keine Frischluftzufuhr – die
Toilette besteht aus einem Loch im Fußboden. Die Gefangenen dürfen einmal im
Monat für eine Minute duschen. In den wenigen Telefonaten mit seiner Ehefrau,
die ihm erlaubt werden, klagt Sahak N. über Schmerzen und Lungenprobleme. Aufgeschreckt
durch die Medienberichte in der Bundesrepublik erscheinen Mitarbeiter der
Deutschen Botschaft im Gefängnis – woraufhin Sahak N. Mitte August 2013
gezwungen wird, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach die Haftbedingungen
in Ordnung seien. Erst daraufhin wird seine Lebenssituation im Gefängnis
verbessert. jW 13.4.13; MbZ 21.7.13; regensburg-digital.de 29.7.13; Deutsch
Türkisches Journal 21.1.2014 30. Mai 13 Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt. Der 31 Jahre alte
Nigerianer Adams Bagna bricht während eines Asthma-Anfalls auf dem Flur der
Flüchtlingsunterkunft Bernburg zusammen. Wiederbelebungsversuche des
gerufenen Rettungsdienstes bleiben erfolglos. Im
vergangenen Herbst protestierten BewohnerInnen verschiedener Flüchtlingslager
in Sachsen-Anhalt wegen der gesundheitsgefährdenden Zustände. Das Lager
Bernburg am Teichweg stand und steht vor allem wegen des intensiven
Schimmelbefalls der Räume und der ausgeprägten Kakerlaken-Plage in der
Kritik. Wegen des häufigen Einsatzes von Schädlingsbekämpfungsmitteln, aber
auch wegen des Schimmelbefalls klagten schon viele BewohnerInnen über
Atembeschwerden. Da
jetzt der Asthmatiker Adams Bagna in diesem Heim stirbt, liegt für viele
MitbewohnerInnen die Vermutung nahe, daß er Opfer des gesundheitsschädigenden
"Raumklimas" geworden ist. Ein
hinzugerufener Arzt urteilt, daß er eines "natürlichen" Todes
gestorben sei und deshalb keine Obduktion angeordnet werden müßte. Woran genau
er gestorben ist, das kann der Arzt gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung
jedoch nicht sagen. Adams
Bagna war engagiertes Mitglied des Heimbeirates, der erst im März diesen
Jahres gegründet worden war, nachdem im Herbst die Mißstände bekannt geworden
waren. MDZ 5.6.13; no lager halle
6.6.13; Antirassistische
Vernetzung Sachsen-Anhalt 7.6.13 31. Mai 13 Landkreis Ansbach in Bayern. In der Flüchtlingsunterkunft
von Wassertrüdingen am Bahnhofsplatz 1 wird ein Flüchtling von zwei deutschen
Männern massiv bedroht (''Was tust Du hier? Das ist nicht Dein Haus. Wenn ich
Dich nochmal sehe, bringe ich Dich um!''). Der Bedrohte erstattet daraufhin
Anzeige – und im Oktober 2014 kommt es zu einer Gerichtsverhandlung. Polizei Nürnberg
25.2.14; StA Ansbach
20.8.14; BT DS 18/203 Ende Mai 13 Landkreis Ansbach im
Bundesland Bayern. In der psychiatrischen Station des Bezirkskrankenhauses
befindet sich ein Flüchtling aus Äthiopien, der versuchte, sich in
Abschiebehaft umzubringen. Zeit 6.6.13 3. Juni 13 Balingen-Frommern in Baden-Württemberg. In der städtischen
Flüchtlingsunterkunft Balinger Straße 11 entsteht ein Brand im Zimmer eines
24 Jahre alten Inders. Er alarmiert um 23.15 Uhr die Feuerwehr, doch als
diese eintrifft, hat das Feuer vom ersten Stock bereits auf den Dachstuhl
übergegriffen. Alle
fünf Männer, die zur Zeit im Hause, sind kommen unverletzt ins Freie. Ein
Brandsachverständiger, der auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Hechingen zu
den Ermittlungen hinzugezogen wird, stellt als Ursache des Feuers die Überlastung einer
Mehrfachsteckdose fest. Polizei Balingen
3.6.13; Schwarzwälder
Bote 4.6.13; SK 4.6.13;
Polizei Balingen 4.6.13 4. Juni 13 Landkreis Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Ein 23 Jahre alter
Flüchtling aus Mali wird um 1.20 Uhr mit schweren Gesichtsverletzungen vor
der Flüchtlingsunterkunft in Vockerode aufgefunden. Er muß im Krankenhaus auf der
Intensiv-Station behandelt werden. Die
Polizei sucht Menschen, die aus einem mit laufendem Motor vor Ort stehenden
PKW lauthals Parolen riefen. Da
ein politisches Motiv nicht ausgeschlossen werden kann, übernimmt der
Staatsschutz die Ermittlungen. (siehe auch: 30. März 13, 9. Mai 13 und 10. Mai 13) Mobile Beratung
für Opfer rechtsextremer Gewalt 4. Juni 13 Bundesland Bayern. In der JVA Nürnberg fügt sich der
Gefangene Herr I. mit einer Rasierklinge lange, tiefe und stark blutende
Schnitte in beiden Beinen zu. Der
Deserteur aus der syrischen Armee war am 7. Mai 13 gegen 10.50 Uhr auf der
Autobahn A3 an der Rastanlage Rottal-Ost von der Polizei aufgegriffen und
festgenommen worden. Er
war am 15. Juli 12 aus Syrien geflüchtet und versuchte seither, nach
Magdeburg in Sachsen-Anhalt zu kommen, wo seine Schwester seit neun Jahren
lebt. Sowohl sie als auch ihr Mann sind in Besitz der deutschen
Staatsangehörigkeit. In
der Haftbegründung zur Festsetzung von Herrn I. steht u.a.: "Da Gefahr
in Verzug besteht - der Betroffene würde im Fall seiner Freilassung mangels
sozialer Bindungen in der Bundesrepublik sofort untertauchen und sich dem
weiteren Verfahren entziehen - mußte diese Anordnung getroffen werden." Ein Eilantrag des Rechtsanwalts, in dem eine
Posttraumatische Belastungsstörung und die enge Bindung zu seiner Schwester
aufgeführt sind, wird abgelehnt, weil ihn eine Anstaltsärztin der JVA
Nürnberg als flug- und reisefähig bezeichnet hat. Er soll nach Bulgarien
zurückgeschoben werden, weil er dort auf seinem Fluchtweg behördlich
registriert wurde. Beamte
holen Herrn I. in der Früh des 6. Juni aus der Krankenabteilung der JVA
Nürnberg ab und bringen ihn zum Flughafen. Hier wird überraschenderweise der
Flug storniert. Begründung der Bundespolizei Freyung: "Aufgrund
vorhergehender Selbstverletzung des Schüblings konnte keine unbegleitete
Rückführung per Luft erfolgen. Hierbei wird nun zeitnah eine begleitete
Rückführung nach Bulgarien angestrebt." Letztlich
kann erreicht werden, daß das Asylverfahren des Herrn I. durch das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durchgeführt wird. Alternativer
Menschenrechtsbericht 2013 5. Juni 13 Bundesland Brandenburg. Im Abschiebegefängnis
Eisenhüttenstadt versucht ein somalischer Gefangener sich zu erhängen. Seinen
Mitgefangenen gelingt es dann, das Seil durchzuschneiden. Der Mann kommt ins
Krankenhaus. Was danach mit ihm passiert, bleibt unklar, weil er nicht ins
Gefängnis zurückgebracht wurde. lagerwatcheisen
– Chronik (BewohnerInnen aus der ZAST) 7. Juni 13 Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Auf seinem Heimweg wird
ein Flüchtling aus Honduras in der Rostocker Innenstadt aus einem Auto heraus
angegriffen. Zunächst
versperrt ihm der PKW seinen Weg. Dann stürmen zwei Personen heraus,
beschimpfen ihn und schlagen und treten auf ihn ein. Seine Hämatome und
Prellungen im Gesicht werden im Krankenhaus ambulant versorgt. Die
Täter sind auch im März 2014 noch nicht ermittelt. LOBBI 9. Juni 13 Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Ein 25 Jahre alter
Bewohner der Flüchtlingsunterkunft Neklade bei Bergen auf Rügen wird bei einem
Einkauf von einem Mann beschimpft, beleidigt und ins Gesicht geschlagen. Als
er mit seinem Handy die Polizei rufen will, nimmt der Täter es ihm aus der
Hand und schlägt ihm erneut ins Gesicht. Infoportal MV
20.6.13 13. Juni 13 Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Zwei Flüchtlinge aus
Ghana befinden sich kurz nach Mitternacht auf der linken Straßenseite ihres
Weges von Bergen zu ihrer Unterkunft nach Neklade, als sie von einem Motorrad
überholt werden. Hinter ihnen fährt langsam ein silberner Mercedes. Dann
heult der Motor auf, und der Wagen fährt auf sie zu. Die 18 und 46 Jahre
alten Ghanaer können sich nur noch mit einem Sprung in den Seitengraben
retten. Dann
rennen sie zurück in Richtung Bergen zu einem nahegelegenen Supermarkt, um
aus der Dunkelheit herauszukommen. Die Fahrzeuge verfolgen sie bis dorthin
und drehen dann ab. Die Fahrer sind nicht zu erkennen, weil sie Tücher vor
Mund und Nase haben. Die
Geschädigten erstatten Anzeige wegen des Verdachts des gefährlichen
Eingriffes in den Straßenverkehr, versuchter Körperverletzung und Nötigung.
Der polizeiliche Staatsschutz übernimmt die Ermittlungen, weil von einer
politisch motivierten Straftat ausgegangen wird. Andere
Bewohner des Flüchtlingsheims Neklade berichten von ähnlichen Übergriffen,
wenn sie sich auf den öffentlichen Straßen bewegen. Dazu ein Vertreter des
Polizeipräsidiums Neubrandenburg: "Aufgrund der Umstände gehen wir davon
aus, dass es sich bei dem Angriff um eine ausländerfeindliche Tat handelt. Es
handelt sich jedoch um einen Einzelfall." (siehe hierzu: 9. Juni 13). Bergens
Stadtpräsident Eike Bunge (CDU) macht die Opfer zu Tätern durch den
Kommentar: "Ich verurteile jede Art von Gewalt, auch gegenüber unseren
ausländischen Mitbürgern. Allerdings gab es auch schon die eine oder andere
Beschwerde über das Verhalten der Flüchtlinge." Polizei
Neubrandenburg 14.6.13; Infoportal MV
20.6.13 13. Juni 13 La Ceiba in Honduras. Der 42 Jahre alte Victor Osório
Turcios stirbt um 18.50 Uhr im Krankenhaus Atlántida an einem Herzinfarkt.
Dies geschieht, nachdem das Medikament Marcumar, das ihm deutsche Polizisten
vor zehn Monaten und 25 Tagen am Flughafen Frankfurt bei seiner Abschiebung
zugesteckt hatten, ausgegangen war. Er hatte das Mittel, das die
Blutgerinnung in seinem Körper verhindern soll, seit knapp drei Wochen nicht
mehr einnehmen können, weil es dieses Medikament in Honduras nicht gibt – und
er zudem nicht darüber informiert war, unter welchem Namen er ein
enstprechendes Mittel erwerben könnte. Victor Osório Turcios war am 18. Juli 12 abgeschoben worden, obwohl ihm knapp ein Jahr
zuvor in der Hamburger Asklepios-Klinik während einer Not-Operation eine
künstliche Aortenklappe im Herzen eingesetzt worden war. PatientInnen, die
eine derartige künstliche Herzklappe aus Karbon tragen, müssen lebenslang
Antigerinnungsmittel zu sich nehmen, um die Bildung von Blutgerinseln
(Thromben) zu verhindern – ansonsten besteht Lebensgefahr. Der
Sachbearbeiter P. des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) war
allerdings zu der Entscheidung gekommen, daß "... angesichts der
Behandlungsmöglichkeiten" im Herkunftsland nicht davon ausgegangen
werden könne, daß sich der Gesundheitszustand von Herrn Turcios bei einer
Rückkehr "wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtert".
Diese "Behandlungsmöglichkeiten" in dem zweitärmsten Land
Lateinamerikas, in dem die Hälfte der EinwohnerInnen von weniger als einem
Euro pro Tag lebt, wo auf 1000 Personen 0,7 Krankenhausbetten kommen und die
einzige praktizierende Kardiologin in La Ceiba für eine Sprechstunde 50 Euro
nimmt, führten dazu, daß Victor Osório Turcios zwar ab und zu im Krankenhaus
sein Blut untersuchen lassen konnte – ärztliche Beratung aber auch hier zu
teuer war, so daß er keine individuelle fachliche Anweisung für die Dosierung
des Mittels hatte. Erst
als es ihm immer schlechter ging, er vor Schmerzen kaum liegen konnte und
seine Lunge voll Wasser lief, brachten ihn sein Bruder und Bekannte in das
öffentliche Krankenhaus Atlántida. Victor
Osório Turcios war im Jahre 2007 seinem Zwillingsbruder Denis nach Hamburg
gefolgt, um aus einem Leben voller Gewalt und Gewalttaten zu entkommen und in
Sicherheit leben zu können. Sie lebten drei Jahre in Hamburg, hatten Arbeit,
eine Wohnung – sogar eine Krankenversicherung. Sie hatten allerdings keine
gültigen Aufenthaltspapiere. Am
4. Oktober 10 stellte Victor Osório Turcios im mecklenburgischen Nostorf
einen Asylantrag und begründete ihn mit der Gefahr, die nach einer Rückkehr
für ihn besteht. Er war mit seinem Bruder nach dem Tod der Eltern im Alter
von 12 Jahren in die kriminelle und gewalttätige Bande "Barrio 18"
aufgenommen worden: man komme schnell in solch eine Bande hinein, aber man
komme nicht mehr lebend raus. Nach
der Ablehnung des Asylantrags lebte Victor Osório Turcios einige Monate ohne
Papiere wieder in Hamburg, bis er am 17. August 11 zusammenbrach und in der
Asklepios-Klinik am Herzen operiert werden mußte. Der
Anwalt Claudius Brenneisen bewirkte am 6. Juni 12 die Wiederaufnahme seines
Asylverfahrens. Während der Antrag noch bearbeitet wurde, stellte ein
Amtsarzt die Flugtauglichkeit von Herrn Turcios fest, buchte das Landesamt
für Innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern einen Flug nach Tegucigalpa
(Economyclass für 976,83 Euro) und bestellte für den 18. Juli, den Tag der Abschiebung,
ein Lunchpaket. Der Anwalt bekam exakt am Tage der Abschiebung den
ablehnenden Bescheid, so daß er juristisch nicht mehr reagieren konnte. Zeit Magazin Nr
3 – 16.1.15 17. Juni 13 Refugee-Strike-Camp am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg.
Der 24-jährige Kreuzberger Oguz A. überquert gegen 19.30 Uhr den Platz mit
seinem sechs Wochen alten Baby im Kinderwagen und seinem Vater an der Seite.
Nach einem Wortwechsel mit einigen Flüchtlingen zieht er ein Messer und
sticht auf einen 27-jährigen Sudanesen ein. Dann flieht er und läßt den
Kinderwagen zurück. MitbewohnerInnen
des Camps verfolgen den Täter und umringen den Kinderwagen. Als Polizisten
das Baby und hinzukommende Verwandte des Täters wegfahren wollen, legen sich
die CampbewohnerInnen in den Weg. Der
niedergestochene Sudanese kommt mit einer tiefen Fleischwunde an der Brust
und einer Lungenverletzung ins Krankenhaus. Polizeiliche
Verstärkung kommt, und die nunmehr ca. 250 Beamten setzen Pfefferspray und
Schlagstöcke gegen die Flüchtlinge ein. Der Tumult wird noch größer, als ca.
20 Bekannte des Täters die Flüchtlinge weiter bedrohen. Gegen
22.00 Uhr sind ca. 300 FlüchtlingsunterstützerInnen hinzugekommen. Neun
Personen werden festgenommen – mehrere Festgenommene sind verletzt. Ein Mann
wird von einem Polizeihund in die Hand gebissen. ZeugInnen
berichten, daß sich auch einige Polizisten rassistisch geäußert hätten:
"Die Schwarzen sind alle gleich", "Ihr seid das Problem". Am
nächsten Tag ziehen über 800 Menschen in einer Solidaritätsdemonstration vom
Oranienplatz zum Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke. Am 30. Januar 14 steht der Täter, ein
vorbestrafter Ex-Rocker, wegen versuchten Totschlags vor Gericht. Er hätte
sich durch ein "Zischeln" einiger Flüchtlinge provozieren lassen,
fühlte sich "in seiner Ehre" verletzt und sei dann ausgerastet. Er
wollte allerdings den Sudanesen nicht töten, sondern diesen am Arm verletzen.
Er wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt. asylstrikeberlin.wordpress.com
18.6.13; taz 19.6.13; jW 20.6.13; TS 16.1.14; TS 30.1.14 19. Juni 13 Güstrow-Dettmannsdorf im Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern. Unbekannte Täter bringen gegen 2.00 Uhr nachts
Feuerwerkskörper in unmittelbarer Nähe der Flüchtlingsunterkunft Glasewitzer
Chaussee zur Explosion. Das
geschieht zwei Tage, nachdem die ersten 50 Flüchtlinge aus Tschetschenien in
die neue Unterkunft eingezogen sind. Die Böller beschädigen den PKW eines
Wachmannes. Am
22. Juni werden die Familien im Heim erneut durch zwei Detonationen von
Böllern erschreckt. Auch diesmal verursachen die Täter Sachschaden am
Asphalt. Im
Vorfeld der Eröffnung des Flüchtlingsheimes war bereits im März ein
Buttersäureanschlag auf das Haus verübt worden. Im April hatten vermummte
Jugendliche hunderte Aufkleber mit rechtsradikalen und rassistischen Parolen
verteilt. Der Wohnsitz des Bürgermeisters Arne Schuldt (parteilos) war mit
"Lichtenhagen kommt wieder" besprayt worden. Gegen eine
NPD-Demonstration waren aber auch hunderte Menschen bei einem Friedensfest
auf die Straße gegangen. (siehe auch: 12. Oktober 13) SVZ 23.3.13; ndr 1 Radio MV 18.6.13; Polizei Rostock 19.6.13; NK 25.6.13; BT DS 18/203 20. Juni 13 Auf dem Berliner Flughafen Tegel verteilen ca. 50
DemonstrantInnen Informationszettel an die Passagiere, die mit der nächsten
Maschine der Air-Berlin nach Budapest fliegen wollen. Aus dem Text geht
hervor, daß mit diesem Flugzeug der 27 Jahre alte Usman Manir entsprechend
dem Dublin-II-Abkommen nach Ungarn
zurückgeschoben werden soll. Als
die Türen der Maschine geschlossen sind, und die Passagiere sich anschnallen
sollen, bleibt eine Person stehen und übergibt dem Steward einen Zettel, auf
dem steht, daß er sich nicht setzen wird, solange der Abschiebegefangene im
Flugzeug ist. Es ist der Kanadier François-Xavier Sarrazin, der eines der
Flugblätter gelesen hat und die Abschiebung verhindern will. Zweimal wird er
ermahnt, sich zu setzen, ein Passagier pöbelt ihn an – dann stoppt der
Kapitän die Maschine. Die Türen öffnen sich, und Polizisten führen ihn und Usman
Manir ab. Letzterer wird in die Abschiebehaft nach Eisenhüttenstadt
zurückgebracht. Die
DemonstrantInnen, die sich gegen eine Personenkontrolle durch die Polizei am
Flughafen verwehren, werden mit Pfefferspray und Faustschlägen angegangen. Usman
Manir befindet sich seit seiner Einreise in die Bundesrepublik am 4. Mai in
Abschiebehaft. Sein Asylbegehren, das er unmittelbar nach Festnahme stellte,
wurde von den Bundespolizisten nicht zum Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) weitergeleitet. Im Jahre 2012 mußte Usman Manir
vor den Taliban aus Pakistan fliehen, erlebte in Griechenland polizeiliche
Gewalt und rassistische Angriffe, floh weiter über Serbien und stellte
schließlich in Ungarn einen Asylantrag. Als er dort in einem Flüchtlingsheim
von Jugendlichen angegriffen und schwer verletzt wurde, floh er erneut und
wurde schließlich im sächsischen Pirna von Bundespolizisten festgenommen. Er
ist körperlich schwer angeschlagen und leidet seit den Mißhandlungen unter
starken Kopfschmerzen, Tinnitus und Schmerzen im Ohr. Eine Psychologin
attestiert eine posttraumatische Belastungsstörung, Schlafstörungen und
Depressionen – zudem äußere er "starke Todessehnsucht". Mitte
Juli droht erneut die Rückschiebung nach Ungarn. Ein Amtsarzt schreibt in
einem Gutachten, daß Usman Manir "flug- und reisetauglich" sei und
daß mit einer Gegenwehr bei der Abschiebung nicht zu rechnen sei.
"Hierzu", heißt es weiter, "bedarf es zusätzlicher
außenstehender Motivation, die dann auch auf dem Hintergrund eines
'Asylmißbrauchs' zu prüfen wäre." Ab
12. Juli beteiligt sich Usman Manir an dem Hunger- und Durststreik der
Gefangenen in Eisenhüttenstadt. Am
25. Juli stoppt das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) die für heute
geplante Abschiebung, so daß Usman Manier nach 50 Tagen rechtswidriger
Abschiebehaft jetzt aus dem Krankenhaus und aus der Abschiebehaft entlassen
wird. taz 21.6.13; taz
24.6.13; taz 3.7.13; taz
10.7.13; ND 12.7.13; FRat Brbg
17.7.13; Welt 23.7.13; BeZ 24.7.13; FRat Brbg
25.7.13; ND 25.7.13; PNN 26.7.13 20. Juni 13 Bundesland Thüringen –
Gotha. Ein syrischer Flüchtling wird von drei Personen beschimpft,
geschlagen, gestoßen und mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. EineR
der TäterInnen wird dem Strafrichter vorgeführt. LT DS Thüringen
5/7882 21. Juni 13 Bundesland Brandenburg. In der Flüchtlingsunterkunft
Fürstenwalde in der Langewahler Straße fügt sich ein 21 Jahre alter
Marokkaner am Oberkörper selbst Verletzungen zu. Als
er die gegen 0.50 Uhr gerufenen Polizisten wahrnimmt, versucht er erneut,
sich zu verletzen. Um weitere Selbstverletzungen zu verhindern und eine
notärztliche Behandlung zu ermöglichen, wird der Mann von den Beamten mit
Handfesseln fixiert. Nach einer medizinischen Erstversorgung kommt er dann in
Polizeibegleitung ins örtliche Krankenhaus. Polizei
Brandenburg 21.6.13 24. Juni 13 Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Ins Haus der Mission in
Glasow bei Pasewalk stürmen gegen 0.30 Uhr 16 bis 20 PolizeibeamtInnen, um
den Flüchtling Masoud K. festzunehmen und abzuschieben. Dabei attackieren sie
ihn derart heftig, daß er einen Kreislaufkollaps erleidet und ins Pasewalker
Krankenhaus gebracht werden muß. Der
gläubige Christ hatte den Iran aus Angst vor Verfolgung verlassen müssen und
war zunächst nach Zypern geflüchtet. Er mußte aber weiter fliehen, als ihm
dort die Abschiebung drohte. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) lehnte den Asylantrag – diesmal aus formalrechtlichen Gründen – ab. Die
Festnahme war für den 23. Juni geplant, denn am 24. Juni sollte Herr K. bereits
im Flugzeug sitzen. Mit
der Begründung, daß es sich bei der Mission um einen "privaten
Verein" handele und nicht um eine kirchliche Einrichtung und somit nicht
um ein Kirchen-Asyl, hatte das Amtsgericht Pasewalk den Polizeieinsatz
juristisch abgesichert. ndr 7.4.13; ndr 28.6.13; ino.blogsport.de
29.6.13 25. Juni 13 Bundesland Bayern. In den vergangenen vier Tagen ihres
Hungerstreiks und zwei Tage nach Beginn des Durststreiks sind bereits zehn Flüchtlinge
ins Krankenhaus gekommen, damit sie aufgrund von akut drohenden und
eingetretenen Kollabierungen medizinisch behandelt werden können. 50
bis 70 Flüchtlinge aus Bangladesh, Pakistan, Syrien, Afghanistan und anderen
Ländern, die alle in Bayern untergebracht sind, hatten sich nach einer
Demonstration durch die Münchener Innenstadt am 22. Juni auf dem Rindermarkt
niedergelassen und beschlossen, mit einem Hungerstreik gegen ihre derzeitigen
Lebensbedingungen zu protestieren. Sie fordern die bayerische Staatsregierung
auf, die Residenzpflicht, die Essenspakete und das Arbeitsverbot aufzuheben –
auch die Unterbringung in den Flüchtlingslagern soll beendet werden. Vor
allem aber fordern sie die sofortige Anerkennung als politisch Verfolgte nach
Artikel 16a des Grundgesetzes. Die
bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) reagiert auf die
Verzweiflungsaktion der Flüchtlinge mit folgenden Worten: "Hierzulande
ist Politik nicht erpressbar, wir leben in einem Rechtsstaat, wo man sich
nicht durch Hungerstreiks eine Vorzugsbehandlung erzwingen kann." Aufgrund der Dringlichkeit und Lebensgefahr der
fest entschlossenen Durststreikenden beruft Münchens Oberbürgermeister
Christian Uhde (SPD) einen Krisenstab ein, in dem Sozial- und
Gesundheitsreferat, Jugendamt, Polizei und die Regierung Oberbayerns
vertreten sind. Der Krisenstab läßt zwei Zelte auf dem Rindermarkt zur
Betreuung der Streikenden aufbauen: ein Schlaf- und ein Aufenthaltszelt, in
dem auch die Rettungskräfte die Streikenden versorgen können. Das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge (BAMF) hat inzwischen zugesagt, die Asylanträge innerhalb von
14 Tagen "zu prüfen". In
der kommenden Nacht zum 26. Juni werden sieben weitere Flüchtlinge in
Kliniken gebracht. Nachdem
die Streikenden in einer "letzten Nachricht" mitteilen, daß sie
"keinen Schritt zurückweichen", bis ihre Forderung erfüllt ist,
ordnet Uhde an, daß medizinische Rettungskräfte jederzeit Zutritt zum Camp
haben müssen. Sollte sich dem jemand in den Weg stellen, dann wäre das eine
Straftat, und die Polizei würde medizinische Versorgung durchsetzen, so Uhde.
Schwierig wird es für die Rettungskräfte, als bekannt wird, daß einige
Flüchtlinge Patientenverfügungen unterschrieben haben, in denen sie
lebensrettende Maßnahmen nicht wünschen. In
der Nacht zum 28. Juni kommen weitere drei Durst-Streikende ins Krankenhaus –
zwei von ihnen müssen wiederbelebt werden. Insgesamt
12 Streikende lehnen jetzt jegliche medizinische Versorgung ab:
"Entweder unsere Forderungen werden erfüllt, oder es gibt Holger Meins
(Hungerstreik-Toter der RAF, ARI) und Bobby Sands (Hungerstreik-Toter der
IRA, ARI) auf den Straßen von München." Am
Nachmittag lenken die Streikenden ein und gestatten, daß ein geschwächter
Mann aus dem Camp getragen werden darf, um ins Krankenhaus gebracht zu
werden. Weitere 15 Streikende kollabieren und werden mit Lungen- und
Nierenproblemen in Kliniken gebracht, einer erleidet beinahe einen
Herzinfarkt. Zudem
wird an diesem Nachmittag ein Mann aus der Abschiebehaft in München-Stadelheim
zu seiner Frau und seinen sieben und neun Jahre alten Kindern ins
Hungerstreik-Camp gebracht. Der 12-jährige Sohn der Familie ist bereits nach
Österreich abgeschoben – soll aber in den nächsten Tagen zurückgebracht
werden. Das Asylverfahren für die Familie wird dann in der Bundesrepublik
durchgeführt werden. Nachdem
Ministerpräsident Seehofer sowohl den bayerischen Innenminister und die
Sozialministerin als auch Münchens Oberbürgermeister zu einem Krisentreffen
eingeladen hatte und daraufhin am nächsten Tag, am Samstag, dem 29. Juni,
Hans-Jochen Vogel (SPD) und der ehemalige CSU-Politiker Alois Glück als
Vermittler ins Hungerstreik-Camp geschickt werden, und diese
Vermittlungsversuche zu keinem für die Flüchtlinge gewünschten Ergebnis
führen, erklären diese, daß sie weiterstreiken werden. Um
5.00 Uhr des nächsten Morgens fährt die Polizei mit 350 Einsatzkräften auf,
sperrt den Rindermarkt großräumig ab und beginnt mit der Räumung des Camps.
Zunächst müssen die BeamtInnen eine ca. 50-köpfige Sitzblockade von
UnterstützerInnen auflösen. Dabei werden 13 Personen festgenommen und wegen
Widerstands gegen die Staatsgewalt und Beleidigung angezeigt. Dann
beginnen die Beamten mit dem Wegtransport der Hungerstreikenden – dabei wird
gegen 10 Personen, so die Polizei, "unmittelbarer Zwang
angewendet". Flüchtlinge
berichten, daß sie im Polizeipräsidium angegriffen, geschlagen und getreten
worden seien. Auch seien sie gezwungen worden, sich nackt auszuziehen, und
hätten dort trotz Lebensgefahr keinerlei medizinische Versorgung bekommen. Insgesamt
werden nach der Räumung des Camps 44 PatientInnen in 12 Krankenhäuser
verteilt. Nach
Beendigung des Streiks sagt der Präsident des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, den Flüchtlingen eine schnelle Prüfung
ihrer Anträge zu. Mehrere seien schon positiv entschieden worden – 13 Anträge
seien noch offen, weil sie erst ab März gestellt wurden. Zehn
AsylbewerberInnen klagen derzeit gegen die Bescheide des Bundesamtes, und bei
mehreren Fällen seien andere EU-Staaten für die Asylverfahren zuständig. Hier
prüfe das Bundesamt, ob die Verfahren in der Bundesrepublik bearbeitet werden
können. (siehe auch: 24. August 13; 29. August
13; 1. September 13; 2. September 13; 9. Oktober 13 und den Text "Non-Citizens
im Jahre 2013") AZ München
23.6.13; AZ München
24.6.13; AZ München 25.6.13; AZ München
26.6.13; AZ München 27.6.13; AZ München
28.6.13; AZ München 29.6.13; AZ München
30.6.13; Polizei München 30.6.13 10. Juli 13 Bundesland Brandenburg. Im Abschiebegefängnis
Eisenhüttenstadt verletzt sich der 21 Jahre alte georgische Gefangene Gigi G.
mit zahlreichen Schnitten einer Rasierklinge an Armen und Bauch. Als er
versucht, sich die Halsschlagader aufzuschneiden, wird er vom Wachpersonal
überwältigt und kommt ins Krankenhaus. Gigi
G. war im September 2012 in die Bundesrepublik geflüchtet, weil er aufgrund
seiner politischen Aktivitäten in Georgien staatlich verfolgt wurde. Er
leidet unter Klaustrophobie und einer Posttraumatischen Belastungsstörung und
bekommt in Haft keinerlei psychotherapeutische Betreuung bzw. Behandlung. Als
er am 15. Juli vom Krankenhaus – gegen den Willen des behandelnden Arztes –
zurück in das Gefängnis gebracht wird, schließt er sich dem Hungerstreik der
Gefangenen an. (siehe dort: 19. Juli 13) ND 12.7.13; Netzwerk Lager
Eisenhüttenstadt 14.7.13; MOZ 15.7.13; BeZ
15.7.13; Netzwerk Lager
Eisenhüttenstadt 16.7.13; 11. Juli 13 In der Zentralen
Rückführungsstelle der Bundespolizei am Flughafen Frankfurt befindet sich ein
30 Jahre alter Tunesier, der im Auftrag der Ausländerbehörde Gießen in
Begleitung von zwei Bundespolizisten und einer Ärztin nach Rom ausgeflogen
werden soll. Er ist suizidgefährdet, denn er hatte bereits in der Abschiebehaft
versucht, eine Rasierklinge zu schlucken. Die
Rückschiebung wird abgebrochen, weil der Mann im Bus auf dem Weg zum Flugzeug
schreit und tobt und sich vehement weigert zu fliegen. Der
Sozialarbeiter in der Abschiebungshaft bestätigt später, daß der Rückschiebungsbescheid
zwar am 10. Juli in der Haftanstalt angekommen ist, dieser dem Gefangenen
aber nicht ausgehändigt wurde. Der
Tunesier wird am 28. August 13 mit einem Charter-Flug nach Rom ausgeflogen. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 15. Juli 13 Wandlitz in Brandenburg. Morgens um 5.00 Uhr halten drei
Polizeiautos mit einem Vertreter der Ausländerbehörde Barnim vor der
Flüchtlingsunterkunft Wandlitz. Der 40 Jahre alte Tschetschene Zelman A. und
seine Kinder, die 12-jährige Linda, der 10-jährige Magomed, der 15 Jahre alte
Magabi und der 16-jährige Mayrbek müssen ihre Sachen packen und in die
Polizeiautos steigen. Über den Flughafen Berlin-Tegel werden sie nach einem
halben Jahr Deutschland-Aufenthalt entsprechend dem Dublin-II-Abkommen
nach Polen zurückgeschoben. Da Frau Zaina B., die Mutter der Kinder, derzeit
im Bernauer Krankenhaus liegt, ist durch die Abschiebung die Familie
getrennt. Der
Gesundheitszustand von Zaina B., die gerade eine Operation hinter sich hat,
verschlechtert sich dramatisch – sie erleidet einen Zusammenbruch. Für die
nächsten sechs Wochen bleibt sie wegen Suizidalität und Epilepsie in
stationärer Behandlung. Sie leidet unter der Trennung von ihren Kindern und
ihrem Mann, die in einem Heim des polnischen Ortes Grupa der Gemeinde Gragacz
in der Woiwodschaft Kujawien-Pommern - 600 Kilometer entfernt – untergebracht
sind. Die
Empörung der Menschen in Wandlitz über die Abschiebung ist groß, und über
1000 Menschen unterschreiben eine Petition an das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF), in der sie die Rückkehr der Abgeschobenen fordern. Am
27. August versucht die Ausländerbehörde Barnim, Zaina B. aus dem Krankenhaus
herauszuholen und abzuschieben. Allein durch den engagierten Einsatz des
medizinischen Personals kann dieses verhindert werden. Die
Familie lebte bis 1999 in Grosny, bis zu Beginn des zweiten
Tschetschenien-Krieges eine Granate in die Wohnung einschlug und das dritte
Kind in seiner Wiege starb – der Vater und der älteste Sohn wurden an den
Augen verletzt. Ab
dem Jahre 2011 war Herr A. mehrmals zu Verhören geholt worden, weil ihm wegen
der Augenverletzung unterstellt wurde, auf der "falschen" Seite
gekämpft zu haben. Im November 2012 flüchtete die Familie schließlich ins
Ausland, weil sie immer mehr bedroht wurde. Nachdem
ihre Asylanträge in Polen abgelehnt waren und auch die Bedrohung durch
tschetschenische Gruppierungen immer konkreter wurde, reisten sie weiter in
die Bundesrepublik, um hier Sicherheit zu finden. Anfang
September entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), daß
das Asylverfahren der Familie in der Bundesrepublik durchgeführt wird. Damit
steht der Rückkehr der Abgeschobenen nichts mehr im Wege. Ende Oktober ist
die Familie in Wandlitz wieder vereint. FRat Brbg
16.7.13; Verbindungsgruppe
Bernau; Barnimer
Kampagne "Light me Amadeu", Kreisjugendkonvent
Barnim 17.7.13; ND 26.7.13; TS
28.8.13; FRat Brbg 28.8.13; TS 7.9.13; Runder Tisch für
Toleranz 11.9.13; FRat Brbg
12.9.13; mut-gegen-rechte-gewalt.de 15. Juli 13 Heiligenhaus in Nordrhein-Westfalen. Die 85 BewohnerInnen
sollen heute ihre derzeitige Unterkunft verlassen und in eine ehemalige
Schule übersiedeln. Die Nachricht, daß das Container-Lager heute geräumt
wird, bekamen sie vor vier Tagen. Obwohl die Unterkunft seit 1997 nicht mehr
saniert wurde und die BewohnerInnen sich seit Jahren über die maroden und
verschimmelten Räume beschweren und obwohl der Bürgermeister Heinisch noch
vor wenigen Wochen äußerte, daß dort alles in Ordnung sei und sich der
städtische Hausmeister um technische Probleme kümmern würde, soll jetzt die
Räumung wegen akuter Einsturzgefahr im Hau-Ruck-Verfahren vollzogen werden. Die
BewohnerInnen möchten vor ihrem Auszug die neue Unterkunft anschauen. Für das
Verhandlungsgespräch mit dem Hausmeister der Anlage und dem Sozialarbeiter
haben sie FlüchtlingsaktivistInnen eingeladen, von denen sie sich
Unterstützung erhoffen. Sozialarbeiter und Hausmeister gehen zum Teil
schreiend auf die BewohnerInnen und Gäste zu, sie bedrohen sie und versuchen,
sie zu vereinzeln. Der Hausmeister beruft sich schließlich auf sein Hausrecht
und fordert die Gäste auf, das Gelände zu verlassen. Als diese dem nicht
folgen, ruft er die Polizei. Die
eintreffenden BeamtInnen nehmen nach und nach und mit Gewalt alle
UnterstützerInnen in Haft – zudem auch einen der Bewohner. Die leitende
Beamtin droht nun mit gewaltsamer Räumung der Anlage. Es wird Strom, Wasser
und Gas abgestellt, und am Abend ist die Räumung vollzogen. In
der neuen Unterkunft leben die Menschen mit bis zu sieben Personen in einem
Raum. Es gibt nur eine (!) Dusche und vier (!) Toiletten für 85 Personen.
Angeblich ist dies eine Zwischenlösung, denn die alte Containeranlage soll
abgerissen und durch eine neue ersetzt werden. linksunten.indymedio.org
16.7.13; RP 16.7.13; Karawane –
Wuppertal 19.7.13 19. Juli 13 Bundesland Brandenburg.
Aus dem Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt wird der vierte
hungerdurststreikende Gefangene, ein Georgier, in ein Krankenhaus gebracht. Am 12. Juli hatten von den insgesamt 13
einsitzenden Gefangenen 11 Personen einen Hungerstreik begonnen. Es sind die
Männer Ismet M. (20), Gigi G. (21), Giorgie M. (24), Giorgi C. (25), Usman
Manir (27), Kotscha K. (28), Wachtang D. (30), John Etto A. (30), Satnam
Singh D. (31), Genadi K. (33), sowie als einzige Frau die 25 Jahre alte Elina
I. Sie sind aus Georgien, Nigeria, Pakistan und
Albanien und protestieren gegen die Haft, gegen Abschiebungen, gegen fehlende
psychologische und medizinische Betreuung (zwei Männer leiden unter
Tuberkulose). Sie fordern zudem einen fairen Zugang zum Asylverfahren, weil
einigen nach dem Dublin-II-Abkommen die
Rückschiebung nach Polen oder Ungarn droht. Es wird auch bekannt, daß Flüchtlinge in
Verfahren des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt, die oft weniger als 15 Minuten
dauern, zu Haft- oder Geldstrafen wegen illegaler Einreise verurteilt werden.
In den Urteilen ist von "Asyltouristen" die Rede, die zu einem
"Heer der Illegalen" gehören. Ab 15. Juli verschärften drei Personen ihren
Protest, indem sie auch keine Flüssigkeit mehr zu sich nahmen. Ab 16. Juli befanden sich noch drei Georgier und
ein Pakistani im Hunger- bzw. Durststreik. Aufgrund ihrer körperlichen
Schwäche kam zuerst der 21 Jahre alte suizidgefährdete Gigi G. wieder in
stationäre Behandlung – danach sukzessive die anderen drei. (siehe auch: 10.
Juli 13) Den zwei zuerst aus dem
Krankenhaus entlassenen Georgiern bietet das Innenministerium Gespräche mit
einer Psychologin in Gegenwart eines Dolmetschers im Abschiebegefängnis an. Der Pakistani Usman Manir wird am 25. Juli aus
der Abschiebehaft entlassen und kommt in die Zentrale Erstaufnahmestelle
Brandenburg, die auf demselben Gelände liegt wie die Abschiebehaft. Damit
wird seine für diesen Tag vorgesehene Abschiebung zunächst gestoppt.
Anschließend wird er entsprechend dem bundesweiten Verteilungsschlüssel in
eine Berliner Unterkunft weitervermittelt. (siehe auch: 20. Juni
13) Um 4.00 Uhr des 25. Juli erscheinen zwei
Polizeibeamte und ein Mann in Zivil (vermutlich ein Arzt) im Zimmer des 33
Jahre alte Genadi K., hindern ihn am Schreien, holen ihn trotz seines
schlechten Gesundheitszustandes aus dem Krankenhaus und bringen ihn zum
Flughafen Frankfurt am Main. Im Flugzeug wird ihm Klebeband über den Mund
geklebt ("They put me a scotch on my mouth and a white sack"), den
anderen Passagieren wird erklärt, daß er krank sei und alles in Ordnung wäre.
In ärztlicher Begleitung erfolgt seine Abschiebung über Moskau nach Tiflis
(Georgien). Er hat weder Bargeld noch ein Telefon bei sich, und sein Heimatort
liegt 600 Kilometer von Tiflis entfernt. Netzwerk Lager
Eisenhüttenstadt 14.7.13; taz 14.7.13; BM
14.7.13; rbb 15.7.13; MOZ
15.7.13; BeZ 15.7.13; MAZ 15.7.13; ND
16.7.13; Netzwerk Lager
Eisenhüttenstadt 16.7.13; rbb 19.7.13; rbb 20.7.13; ND
20.7.13; BeZ 22.7.13 ND 23.7.13; BM
24.7.13; BeZ 25.7.13; rbb 26.7.13; BM 26.7.13; FRat Brbg
26.7.13; ND 29.7.13 19. Juli 13 Burg bei Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Gegen 22.00 Uhr
fährt ein weißer PKW mit zwei männlichen Personen an die Auffahrt der
hiesigen Flüchtlingsunterkunft. Der Fahrer fragt einen Zeugen, ob denn in dem
Gebäude "Afrikaner" leben würden. Als der Zeuge dies bejaht, fährt
der Wagen von außen an den hinteren Teil des Gebäudes – es klirren Scheiben
und der Wagen fährt davon. Die
vom Wachschutz alarmierte Polizei stellt fest, daß zwei Fensterscheiben
eingeschlagen wurden. Gegen
den Beifahrer, einen Minderjährigen, erhebt die Staatsanwaltschaft Stendal
Anklage wegen Sachbeschädigung. StA Stenda 27.2.14l; Polizei
Magdeburg 10.3.14; BT DS 18/203 21. Juli 13 Bad Buchau in Baden-Württemberg. Als ein Bewohner des an
der Hauptstraße gelegenen Flüchtlingsheims kurz vor 1.00 Uhr Brandgeruch und
Rauch bemerkt, alarmiert er per Notruf die Rettungsstelle in Biberach und
weckt die anderen im Hause schlafenden Erwachsenen und Kinder. Das
Feuer ist in einem unbewohnten Zimmer im Erdgeschoß des dreigeschossigen
Gebäudes ausgebrochen. Das hier gelagerte Bau- und Renovierungsmaterial
brennt, und dichter Rauch gelangt ins Treppenhaus und ins Freie. Später wird
festgestellt, daß die Tür des Raumes aufgebrochen worden ist. Die
meisten der 30 BewohnerInnen gelangen rechtzeitig und unverletzt ins Freie.
Eine Familie mit Kindern muß allerdings von Rettungskräften mit
Atemschutzgeräten geborgen werden. Einige Menschen werden noch vor Ort wegen
Rauchgasvergiftung behandelt. Die
Feuerwehr kann den Brand schnell löschen, so daß nach dem Einsatz von
Drucklüftern das Haus wieder rauchfrei ist und die BewohnerInnen nach ca.
zwei Stunden in ihre Zimmer zurückkehren können. Die
neu gebildete Ermittlungsgruppe, in der Brandermittler, Kriminaltechniker und
Brandsachverständige des Landeskriminalamtes zusammenarbeiten, kommt fünf
Tage später zu dem Ergebnis, daß es sich entweder um fahrlässige oder
vorsätzliche Brandstiftung handeln müsse. Polizei Biberach
21.7.13; SchwZ 21.7.13; Polizei Biberach
22.7.13; SchwZ 22.7.13; Polizei Biberach
23.7.13; Polizei Biberach
26.7.13 21. Juli 13 Bundesland Thüringen. Früh an diesem Sonntagmorgen
attakkieren zwei Männer die Flüchtlingsunterkunft in Arnstadt. Sie sind
Zeitsoldaten der Bundeswehr – allerdings in Zivil. Sie entzünden
Feuerwerkskörper und lassen sie im Hinterhof explodieren. Als
einer der Bewohner die 23 und 24 Jahre alten angetrunkenen Männer auffordert,
dies zu unterlassen, beleidigen sie ihn rassistisch und zeigen mehrmals den
"Hitlergruß". Dann zünden sie weitere Pyrotechnik. Einer zerstört
mit einer Holzlatte die am Eingangsbereich angebrachte Videokamera. Die
gerufene Polizei kann die Täter in der Nähe festnehmen und leitet
Ermittlungen wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung ein. Auch die
Bundeswehr leitet disziplinarische Maßnahmen gegen die Täter ein. Beide
Täter werden noch im laufenden Jahr zu Geldstrafen verurteilt. Während der
Soldat, der die Kamera zerstörte, eine Strafe von 5000 Euro erhält, legt sein
Kumpan Einspruch ein. Am 6. Februar 14 spricht ihn das Amtsgericht frei, weil
nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob er den "Hitlergruß"
gezeigt hat. Mit dem Freispruch ist seine berufliche Laufbahn bei der
Bundeswehr gewährleistet, die er später als Berufssoldat weiterführen will. jW 23.7.13; ND
23.7.13; RP 23.7.13; ND
24.7.13; AA 24.7.13; Ostthüringer Ztg
6.2.14; LT DS Thüringen
5/7882 24. Juli 13 Mittelmeer – östliche Ägäis. Ein kleines Boot mit elf
Flüchtlingen ist auf dem knapp fünf Kilometer weiten Weg von der türkischen
Bodrum-Halbinsel zur griechischen Insel Kos, als es zunächst von einer
kleinen, dann von einer großen Welle zum Kentern gebracht wird. Bis auf einen
Familienvater kommen alle Insassen ums Leben. Der
Körper der 21-jährigen Nazlieh Semmo wird erst vier Tage nach dem Unglück am
Strand gefunden. Die
syrische Kurdin war auf dem Weg nach Deutschland – sie wollte in Hamburg bei
ihrer Tante Nazlieh und ihrem Onkel Nazmi leben und studieren. Diese hatten
alle von der Ausländerbehörde geforderten Bedingungen erfüllt, um der Nichte
die Einreise und den Aufenthalt zu ermöglichen. Sie hatten sich
selbstverständlich bereiterklärt, alle entstehenden Kosten für sie zu übernehmen.
Nazlieh Semmo ihrerseits konnte das Abiturzeugnis, einen 1000 Stunden
umfassenden Deutschkurs und eine formelle Zulassung zum Hamburger
Studienkolleg vorlegen. Der Einreise stand nichts weiter im Wege als die
derzeit geschlossene Deutsche Botschaft in Damaskus. Nazlieh
Semmo fuhr also in die Türkei und stellte bei der Deutschen Botschaft in
Ankara einen Antrag auf ein Visum. Dieses wurde mit folgender Begründung
abgelehnt: "Es bestehen hier Zweifel an der erfolgreichen Aufnahme und
Absolvierung Ihres sich möglicherweise anschließenden Studiums. Der Antrag
muß daher abgelehnt werden .... Dieser Bescheid wurde maschinell
erstellt." Auch
nach mehrfacher Nachfrage einer Journalistin des Norddeutschen Rundfunks nahm
das Auswärtige Amt zu dieser "Begründung" nicht konkret Stellung. Die
Entscheidung der MitarbeiterInnen der Deutschen Botschaft in Ankara ist
besonders bemerkenswert vor dem Hintergrund, daß die Bundesrepublik derzeit
5000 syrischen Kriegsflüchtlingen einen direkten Aufenthalt mit eigener Wohnung,
Arbeitserlaubnis und Sprachkurs zugesichert hat. ndr info
24.10.13; Kathrin Erdmann
- Journalistin 25. Juli 13 Bundesland Sachsen-Anhalt,
Flüchtlingsunterkunft Harbke im Landkreis Börde. Ein Flüchtling aus Vietnam
tötet sich selbst, indem er bei einer nahe gelegenen Bahnstrecke auf die
Gleise tritt und von einem Zug überrollt wird. Der
42-jährige Mann lebte seit ca. zwei Jahren in dem Lager und war sehr isoliert
und zurückgezogen. Mitbewohner berichten, daß er offensichtlich auch mit psychischen
Problemen zu kämpfen hatte – er war deswegen in ärztlicher Behandlung. Karawane Halle; Polizei
Magdeburg 17.12.14 26. Juli 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen. In der Bielefelder
Straßenbahn "Sparrenburg-Express", die für feierliche Anlässe mietbar
ist, sind seit Stunden ca. 60 Personen, überwiegend alkoholisiert und
vermutlich mehrheitlich Angehörige eines örtlichen Sportvereins, unterwegs. Die
Lieder, die gesungen werden, machen deutlich, daß etliche der Feiernden einer
rechtsradikalen Gesinnung anhängen. Auch werden von einigen auf die Rufe
"Sieg!" die Antworten "Heil!" skandiert. An
der Endhaltestelle Bielefeld-Senne/Sennestadt steht gegen 21.00 Uhr der
16-jährige Flüchtling M. O. aus Guinea, der sich das Handy von seinem Freund
ausleiht, um die Party-Straßenbahn zu fotografieren. Der
Rechtsextremist T. W. fühlt sich dadurch provoziert, steigt aus der Bahn aus
und geht auf den Jugendlichen zu. "Was willst Du hier, Neger? Geh zurück
nach Afrika", sagt er sinngemäß und wirft sein Bierglas nach ihm, spuckt
dann in seine Richtung aus. Dann wird er allerdings von seinen Kumpanen von
einem direkten körperlichen Angriff abgehalten, indem sie ihn festhalten und
auf ihn einreden ("Mach Dir doch nicht die Finger dreckig!"). Als
die Polizei erscheint, flüchtet T. W. in ein Waldstück, kann dann aber durch
einen Diensthund gestellt werden. T.
W. kommt wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Beleidigung vor
Gericht. Am 3. Februar 14 verurteilt ihn das Bielefelder Amtsgericht zu neun
Monaten Haft ohne Bewährung – bei seinen sonstigen Vorstrafen wird die
Bewährung widerrufen. M.
O., der zwar keine körperlichen Verletzungen erlitten hat, aber seit dem
Angriff unter Schlafstörungen, Bedrohungs- und Verfolgungsängsten leidet,
wird eine Entschädigung von 300 Euro zugesprochen. Wohngemeinschaften
e.V. 1. August 13 Bundesland Bayern. Ein 16-jähriger Flüchtling aus
Afghanistan wird aus der Abschiebungshaft in der JVA München entlassen. Am 5.
August erfolgt entsprechend dem Dublin-II-Verfahren
seine Rückschiebung per Flug in die Slowakei. Am
12. Oktober 13 entscheidet das Landgericht München, daß die 34-tägige
Abschiebehaft rechtswidrig war. Die Begründung für die Entscheidung ist nicht
die Minderjährigkeit des Flüchtlings, sondern der angegebene Haftgrund, daß
er sich den deutschen Behörden entziehen wollte. Dies sei nicht nachweisbar,
weil er schon bei seiner Verhaftung am 28. Juni im Zug EN 490 aus Österreich
kommend angab, daß er zu seinem Onkel nach Hamburg wolle. Landgericht
München 12.10.13 5. August 13 Hansestadt Hamburg. Morgens um 3.00 Uhr wird der 35 Jahre
alte Douglas Toure aus seiner Unterkunft in Sieversstücken herausgeholt und
zum Flughafen gebracht. Er ist noch im Besitz einer Duldung – aber die Zeit,
seine Anwältin zu informieren, gibt es nicht. Er wird nach Côte d'Ivoire
(Elfenbeinküste) ausgeflogen. Der
Mann lebt seit 19 Jahren in der Bundesrepublik und ist schwer psychisch
krank. Er leidet unter Störungen der Gedächtnisfunktion, die eine
Verlangsamung formaler Denkabläufe und eine Antriebshemmung verursachen und
an einer chronifizierten depressiven Erkrankung. Aus diesem Grunde war er
nicht in der Lage, sein Asylverfahren allein zu führen. Im Jahre 2012 wurde
ihm vom Gericht ein Vormund gestellt. Seine
Rechtsanwältin Sigrid Töpfer erklärt nach dieser geheimen, staatlich
veranlaßten Verschleppung ihres Mandanten: "Er ist an der Elfenbeinküste
nicht überlebensfähig." Allein
aufgrund der Spenden von UnterstützerInnen in Hamburg gelingt es einer seiner
Halbschwestern in Abijan, ihm eine kleine Wohnung zu vermitteln. Zu
seiner Familie hat er kaum Kontakt, denn er wurde bereits als Jugendlicher
von seinem Vater vertrieben. taz 29.8.13; FRat Hamburg
19.12.13; Sigrid Töpfer –
Rechtsanwältin 5. August 13 Bundesland Bayern. Morgens um 7.00 Uhr klettert der 31
Jahre alte syrische Asylbewerber Abdullatif A. auf einen Kran der Baustelle
Wolfsratshauser Straße / Boschetsrieder Straße in München-Sendling und setzt
sich auf den Ausleger des Krans. Er droht, sich aus 27 Metern Höhe
herunterzustürzen, wenn seine Frau und seine sieben Kinder nicht nach
Deutschland einreisen dürfen. Er wirft Kopien der Kinderpässe in die Tiefe,
um seiner Forderung Nachdruck zu verschaffen. Zeitgleich
befindet sich seine Familie in der Deutschen Botschaft in Kairo, wo ein Visum
zur Einreise beantragt wurde. Rettungskräfte
von Polizei und Feuerwehr, auch Psychologen und Dolmetscher verhandeln mit
ihm – ergebnislos. Die Temperatur steigt auf 30 Grad, aber der Mann
verweigert auch die Annahme von Wasser. Dadurch erhöht sich die Gefahr eines
Kreislaufzusammenbruchs. Für
die Kontaktaufnahme mit dem Mann stellt die Münchener Feuerwehr eine
Hebevorrichtung zur Verfügung. Als sich Beamte nähern, verletzt der Syrer
sich mit einer Rasierklinge im Brustbereich. Dieses wiederholt er immer
wieder, wenn er glaubt, daß die Beamten ihn herunterholen wollen. Erst
gegen 23.50 Uhr, nachdem er sich in die Kabine des Krans zurückgezogen hat
und auf die Kontaktversuche der Rettungskräfte seit Stunden nicht mehr
reagiert, wird er von Beamten eines Sondereinsatzkommandos überwältigt. Um
0.16 Uhr wird er, die Hände auf dem Rücken gefesselt, mit der Hebebühne
heruntergebracht. Er hat sich bei der Festnahme heftig gewehrt und wehrt sich
jetzt immer noch nach Kräften, aber er zieht sich keine ernsthaften
Verletzungen zu. Nach
17 Stunden ohne Wasser in sengender Hitze wird er zunächst von einem Notarzt
medizinisch versorgt und dann direkt ins Isar-Amper-Klinikum nach
München-Haar (Psychiatrie) zur stationären Behandlung gebracht. Abdullatif
A. ist erst am 19. oder 21. Juli nach Deutschland eingereist. Er kam zunächst
in die Erstaufnahmeeinrichtung
an der Baierbrunner Straße und wohnt seit einer Woche in der Unterkunft
Bayernkaserne. Seinen Asylantrag stellte er am 31. Juli. Am
5. Oktober erklettert er erneut einen Baukran und droht, sich aus 40 Metern
Höhe über den Dächern des Münchener Gärtnerplatz-Viertels in die Tiefe zu
stürzen. Erneut beginnen Verhandlungsversuche von Rettungskräften und
Psychologen – die Feuerwehr positioniert zwei Sprungkissen. Er sitzt am
äußersten Ende des Auslegers, und als sich Personen anschicken hochzufahren,
klettert er auf die Außenseite, so daß der Kontakt vom Rettungspersonal öfter
abgebrochen werden muß. Nachdem
ihm ein Gespräch mit Vertretern der Ausländerbehörde zugesagt wird, klettert
er nach fünf Stunden in Regen und Kälte schließlich freiwillig und alleine
wieder hinab. Wieder kommt er in psychologische Betreuung – dieses Mal
allerdings freiwillig. Seine
Frau und seine sieben Kinder befinden sich weiter noch in Kairo und haben
bisher immer noch kein Visum für die Einreise in die Bundesrepublik bekommen. SZ 6.8.13; AA
6.8.13; AZ München
6.8.13; RP 5.10.13; KStA
5.10.13; AZ München
5.10.13; Focus 8.10.13 8. August 13 Morsbach in Nordrhein-Westfalen. Nachts um 2.00 Uhr wirft
ein 25 Jahre alter Mann einen Chinaböller in die Küche des Flüchtlingsheimes
im Schulweg. Niemand wird verletzt. Anschließend bemerken die BewohnerInnen,
daß mehrere Satellitenantennen umgeworfen sind. Einige
Tage zuvor wurde mit einem Luftgewehr auf Rolläden an den Fenstern
geschossen, und es wurde auch beobachtet, daß die Rolläden von außen mehrmals
rauf und runter bewegt worden waren. Polizei
Gummersbach 19.2.14; BT DS 18/203 16. August 13 Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg. Kurz nach
Mitternacht werfen Unbekannte einen Brandsatz über die Torzufahrt des
Flüchtlingsheims in Luckenwalde. Der Molotow-Cocktail entzündet sich circa 20
Meter vor dem Gebäude und erlischt auf dem Betonboden von selbst. Menschen
kommen nicht zu Schaden. Trotz sofort eingeleiteter
umfangreicher Fahndungsmaßnahmen mit mehreren Funkstreifenwagen, einem
Fährtenhund und Mitarbeitern der Anti-Rechtsextremismus-Einheit MEGA gelingt
es zunächst nicht, den oder die Täter festzunehmen. PNN 17.8.13; ND
17.8.13; TS 17.8.13; MAZ
18.8.13; BT DS 18/203 17.
August 13 Landkreis Neuburg-Schrobenhausen in Bayern. Kurz vor 15.00
Uhr erreicht der 29 Jahre alte Cliff Oase mit seinem Fahrrad die
Ringmeierbucht an der Donau in Neuburg. Er zieht sich aus, schwimmt in
Richtung Leopoldineninsel und geht auf halber Strecke plötzlich unter.
Taucher finden den Toten eine Dreiviertelstunde später in drei Metern Tiefe. "Er
braucht nicht mehr abgeschoben zu werden", steht später in einer Traueranzeige,
die sein Freund Bernd Duschner in die Zeitung setzt. Cliff
Oase wuchs als einziges Kind seiner Mutter in einem Dorf des Districts Gulu
in Uganda auf. Als er 14 Jahre alt war, wurde er zusammen mit 20 weiteren
Jugendlichen von Rebellen entführt. Sie bildeten ihn an Waffen aus und
zwangen ihn, bei Kämpfen, Plünderungen und Morden mitzumachen. Nach vier
schrecklichen Jahren gelang ihm die Flucht zurück in sein Dorf. Dort fanden
ihn seine Verfolger, mißhandelten und fesselten ihn und seine Mutter und steckten
ihre Hütte in Brand. Der Jugendliche konnte sich nach draußen retten – seine
Mutter verbrannte vor seinen Augen. Cliff konnte ein zweites Mal entkommen
und schlug sich bis zur Hauptstadt Kampala durch. Er ernährte sich von Müll
oder von Erbetteltem. Ein deutscher Geschäftsmann nahm sich 2003 seiner an
und brachte ihn in die Bundesrepublik. Hier
ging sein Martyrium weiter. Zehn Jahre lang mußte er im Lager Neuburg in
einem 14 Quadratmeter großen Zimmer mit immer wieder wechselnden Menschen vor
sich hin vegetieren. Ein Deutschkurs wurde ihm nicht genehmigt, zu arbeiten
wurde ihm verboten, sogar für eine dringend notwendige psychotherapeutische
Behandlung war das zuständige Landratsamt Neuburg nicht bereit, die Kosten zu
übernehmen. Außer den obligatorischen 16,11 Euro für Gesundheits- und
Körperpflegeartikel bekam er über Jahre hinweg kein Bargeld. Wenn er aufgrund
der schweren Antidepressiva, die er zu sich nehmen mußte, die zweimal in der
Woche stattfindende Ausgabe der Essenpakete versäumte, dann bekam er gar kein
Essen, dann mußte er hungern oder MitbewohnerInnen anbetteln. Einige Male
wurde Cliff Oase beim Stehlen von Lebensmitteln erwischt. Wegen
angeblichen Verkaufs von Kleinstmengen Marihuana im Lager Neuburg – jeweils
ein bis fünf Gramm – in den Jahren 2004 / 2005 wurde er zu über drei Jahren
Haft verurteilt. Bis zum Schluß hat Cliff Oase diese Vorwürfe bestritten. Erst
kurz vor seinem Tod genehmigte die Behörde ein "Taschengeld" von
5,11 Euro pro Monat. Die
Streichung des Bargeldes praktiziert diese Behörde bei Flüchtlingen, denen
sie unterstellt, sich nicht genügend um die Beschaffung seiner
Abschiebepapiere zu bemühen. Tatsächlich war Cliff Oase mehrmals bei der
ugandischen Botschaft, jedoch gelang es ihm nicht, seine Identität nachzuweisen,
weil er schlichtweg keine Familienangehörigen mehr hat und sein
Heimat-Distrikt ab Mitte der 80er Jahre für mehr als zwei Jahrzehnte
Schauplatz eines blutigen Bürgerkrieges zwischen den Truppen der
Zentralregierung und Rebellen war. Zehntausende Kinder und Jugendliche wurden
zwangsrekrutiert. Es entstanden Konzentrationslager, in die zwischen 1,4 und
1,8 Millionen Menschen der Bevölkerungsgruppen Acholi und Langi deportiert
wurden – Tausende starben. Cliff Oase entstammte der Gruppe der Acholi. Er
litt unter starken Kopfschmerzen, extremen Schlafstörungen und Albträumen. Im
Dezember 2012 diagnostizierte Exilio e.V eine "sehr schwere
posttraumatische Belastungsstörung" und "depressive Symptomatik in
Form von Stimmungseinbrüchen, Antriebsminderung und sozialem Rückzug".
Auch die Danuvius Klinik in Neuburg, Fachklinik für psychische Erkrankungen,
befürwortet im Februar 2013 ausdrücklich eine Traumatherapie. Das Landratsamt
lehnte mit Schreiben vom 25. März 13 erneut eine Kostenübernahme ab. Im
Gegenteil, die Behörde erhöhte den Druck und forderte Cliff Oase erneut auf,
sich schnellstens von der Botschaft von Uganda Papiere ausstellen zu lassen.
Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide. "Vieles
weist darauf hin, dass Cliff seinen Tod suchte. Er wußte, für ihn gab es kein
Leben, keine Zukunft. Er war "unendlich müde", sagte sein Freund
Duschner später in einem Interview. Der Verdacht erhärtet sich nach der
Bekanntmachung des Obduktionsberichtes: D er unter schweren Psychopharmaka stehende
Cliff Oase war stark alkoholisiert ins Wasser gegangen. linkezeitung.de
18.5.13; br 2
"Zündfunk" 28.8.13; DK 2.9..13; Terre des Hommes ohne Datum; jW 9.9.13 21. August 13 Landkreis Kleve in Nordrhein-Westfalen. In der Flüchtlingsunterkunft
von Rees droht ein libanesischer Bewohner, sich mit Benzin zu übergießen und
anzuzünden, "in der Hoffnung, damit eine positive Veränderung der
Lebenssituation für seine Kinder zu erwirken". Die
Polizei wird informiert, die das Ordnungsamt und einen Arzt hinzuzieht. Der
Mediziner veranlaßt die Unterbringung des Flüchtlings in einem Krankenhaus. In
der Container-Unterkunft für Flüchtlinge gibt es seit langem Unmut und
Verzweiflung über die schlechten Lebensbedingungen und die kaum zu ertragenden
Demütigungen. "Das hier sind Umstände für Tiere, nicht für Menschen. Es
ist eine schreckliche Situation", so die Frau des Libanesen. WAZ 21.8.13 22. August 13 Grimma in Sachsen. Um 5.00 Uhr gibt es einen größeren
Polizeieinsatz in der Innenstadt am Markt Ecke Brückenstraße. Circa 20 Beamte
und MitarbeiterInnen von Polizei und Ausländerbehörde dringen in eine Wohnung
ein, um die Eheleute Zolothan Dokueva (42) und Mohamed Gadzhiev (40) mit
ihren Söhnen David (3), Chadizad (6), Shahid (14) und der 7-jährigen Tocher
Ashab nach Polen zu schaffen. Dies geschieht für die tschetschenische Familie
völlig überraschend, weil die schriftliche Ankündigung der Behörde an die
Adresse des Heimes gegangen war, in dem die Familie vor zwei Jahren gewohnt
hatte. Dann wird die Aktion plötzlich unterbrochen,
weil festgestellt wird, daß der älteste Sohn Shahid nicht mehr da ist. Auf
der Suche nach ihm werden auch die NachbarInnen und deren Kinder in Aufregung
und Angst versetzt, weil auch deren Wohnungen polizeilich durchsucht werden. Die
Kinder werden von den Eltern getrennt, einzeln verhört und nach ihrem
flüchtigen Bruder befragt. Als sich schließlich auch noch Herr Gadzhiev
weigert, ein Papier zu unterschreiben, deren Inhalt er nicht versteht, wird
die Abschiebung abgebrochen, und die BeamtInnen ziehen wieder ab. Zurück
bleiben die völlig erschrockenen Eheleute, die sich jetzt auch noch große
Sorgen um ihren Ältesten machen. Ein Pfarrer aus dem Muldental bietet der
Familie übergangsweise Kirchenasyl an. Später
wird bekannt, daß Shahid über das Dach des Hauses geflüchtet ist, weil er
hoffte, daß die Abschiebung ohne ihn nicht stattfinden dürfe. Der 14-Jährige
kommt kurz bei einem Schulfreund unter, kann dort aber nicht bleiben und
versteckt sich von da an im Wald. Er hat sehr wenig zu essen und zu trinken,
und weil er große Angst vor Entdeckung hat, schläft er fast nicht. Nach
sieben Tagen finden ihn Journalisten, denen er ein Interview gibt, und dann
verschwindet er wieder im Wald. Die
Familie ist aus dem Bürgerkrieg in Tschetschenien geflohen, weil sie als
Muslime verfolgt wurden. In Polen stellten sie einen Asylantrag und wurden
dann für die nächsten sieben Monate in Haft genommen. Durch diesen enormen
Streß bekam die im sechsten Monat schwangere Zolothan Dokueva erhebliche
körperliche Beschwerden. Ein Arzt kam erst nach drei Tagen, der dann einen
Not-Kaiserschnitt anordnete – aber das Kind war bereits im Mutterleib
gestorben. Shahid wurde in Polen von Neonazis mit einem Messer
angegriffen, wobei er eine lange Wunde am Bein erlitt. Als
die Familie in die Nähe der deutsch-polnischen Grenze gebracht wurde,
flüchteten sie weiter und stellten in der Bundesrepublik erneut einen Antrag
auf Asyl. Seit zwei Jahren leben sie in Grimma. Die
Ausländerbehörde Borna gibt jetzt bekannt, daß der Asylantrag der Familie in
Polen genehmigt wurde und daß sie deshalb zurückgehen müßten. Eine
Unterstützungsinitiative formiert sich in Grimma und will der Familie helfen,
ihren Wunsch, in Deutschland zu leben zu realisieren. Als
Anfang September klar wird, daß die Abschiebung auch offiziell ausgesetzt
ist, kommt Shahid - 12 Tage nach seinem Verschwinden – zu seinen Eltern
zurück. Am
9. September um 6.30 Uhr klingeln Beamte erneut an der Tür, um in einem zweiten
Anlauf die Rückschiebung der Familie nach Polen durchzusetzen. Um
Fluchtversuche zu verhindern, haben sich Polizisten im Umkreis der Wohnung
und des Hauses postiert. Zolothan Gadzhiev wird aufgrund ihrer heftigen
Gegenwehr in Handschellen aus dem Haus geführt. An
der Grenze werden sie der polnischen Polizei übergeben. Alle bekommen jetzt
Pässe, allerdings bekommen sie keine Unterkunft. Sie fahren nach Warschau und
sind vorerst obdachlos und ohne Geld. muldental-nachrichten.de
23.8.13; muldental-nachrichten.de
30.8.13; Bild 31.8.13; muldental-nachrichten.de
3.9.13: muldental-nachrichten.de
9.9.13 24.
August 13 Bundesland
Bayern – Refugee Struggle for Freedom. Es ist der fünfte Tag der zwei Protestmärsche der
Flüchtlinge ("Non-Citizens"), als die Gruppe, die von Würzburg nach
München unterwegs ist (Route A), gegen 14.40 Uhr in der Nähe von Wolfbach –
10 km südlich von Amberg – von der Polizei gestoppt und eingekesselt wird.
Wie auch in den vergangenen Tagen wollen die Beamten Identitätskontrollen bei
den circa 35 Personen durchführen. Die
Protestmärsche richten sich unter anderem explizit gegen die bestehende
Residenzpflicht für Flüchtlinge. Auch diejenigen, die dieser Pflicht
nachgekommen sind und sich eine Genehmigung der Ausländerbehörde geholt haben,
finden folgenden Eintrag auf dem Erlaubnisschein: "... diese Erlaubnis
berechtigt nicht zur Teilnahme an einem Protestmarsch oder einer
Demonstration und erlischt in diesem Falle". Das Ziel der vielen
Polizei-Kontrollen bei diesen Märschen ist, die Protestierenden mit
Strafverfolgungen einzuschüchtern und das Demonstrationsrecht ad absurdum zu
führen. Als
die Flüchtlinge und UnterstützerInnen sich der Kontrolle verweigern und sich
hinsetzen und einhaken, versuchen die Polizisten, sie mit Gewalt aus der
Kette herauszureißen. Dabei werden die Streikenden auch getreten und
geschlagen. Drei Flüchtlinge erleiden Verletzungen, ein Flüchtling muß in ein
Krankenhaus gebracht werden. Es
werden insgesamt 14 Menschen mit ungesicherten Aufenthalten und fünf Personen
mit sicheren Aufenthalten festgenommen und nach Amberg zur Polizeidirektion
in der Kümmersbrucker Str. 1 gebracht. Gegen
20.30 Uhr demonstrieren ca. 30 Personen vor der Polizei-Wache und fordern die
sofortige Freilassung der Inhaftierten. Ihnen wird auch die Kontaktaufnahme
mit dem im Krankenhaus liegenden Mann von der dort anwesenden Polizei
verwehrt. Als er noch an diesem Abend entlassen wird, bringen ihn
Polizeibeamte umgehend an einen unbekannten Ort. Die Polizei versucht, die
Festgenommenen massiv einzuschüchtern: Sie werden an Händen und Füßen
gefesselt, und ihnen wird damit gedroht, daß sie ins Gefängnis kämen. Am
späten Abend werden die Gefangenen freigelassen. Gegen 11 von ihnen ermittelt
die Polizei wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, 9 Non-Citizens
werden Verstöße gegen die Aufenthaltsbeschränkung (Residenzpflicht)
vorgeworfen, und sie werden in die Unterkünfte zurückgebracht, in denen sie
gemeldet sind. (siehe auch: 25. Juni 13; 29. August
13; 1. September 13; 2. September 13; 9. Oktober 13 und den Text "Non-Citizens
im Jahre 2013") refugeestruggle.org; linksunten.indymedia.org
24.8.13; Polizei Bayern
24.8.13; oberpfalznetz.de
25.8.13; AA 25.8.13 24. August 13 Bitterfeld im Bundesland Sachsen-Anhalt. Gegen 6.00 Uhr
wird das Bitterfelder Protestcamp von fünf deutschen Männern aus dem
Landkreis Anhalt-Bitterfeld angegriffen. Die Angreifer zwischen 20 und 30
Jahren versuchen, den Stromgenerator zu stehlen, fordern lautstark den Abbau
des Camps, beschimpfen die Flüchtlinge, reißen Plakate mit Forderungen der
Flüchtlinge herunter, drohen mit Gewalt und damit, das Camp anzuzünden. Sogar
als die Polizei wenig später eintrifft, versuchen die Angreifer, in eines der
Zelte zu gelangen, werden aber von der Polizei daran gehindert. Sie
werden jedoch nicht festgenommen, sondern erhalten lediglich Platzverweise.
Zwei der Angreifer gelten als extrem rechts; einer von ihnen trägt offen ein
SS-Tattoo. Bereits
vor diesem Angriff gab es Anfeindungen gegen das Camp. So wurden u.a.
rassistische Parolen aus vorbeifahrenden Autos gerufen. Seit
dem 1. August 13 protestieren Flüchtlinge zusammen mit UnterstützerInnen für
die freie Wahl von Wohnort und Unterkunft, ein Recht auf Arbeit und die
Abschaffung der Residenzpflicht. Die
Ermittlungen gegen alle Angreifer werden von der Staatsanwaltschaft
eingestellt. Aus ihrer Sicht war ''ein strafbares Verhalten … im Zuge der
Ermittlungen lediglich hinsichtlich eines der Tatverdächtigen festzustellen''.
Die Ermittlungen gegen den 31-Jährigen wurden allerdings eingestellt, weil
dieser bereits kurze Zeit vorher eine Straftat beging (Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von
Straftaten) und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Daher wäre ''die
Strafe, die er im Fall einer Anklageerhebung und nachfolgenden Verurteilung
zu erwarten gehabt hätte, neben der hohen Freiheitsstrafe nicht ins Gewicht
gefallen''. MDZ 24.8.13; mdr 26.8.13; StA Dessau-Roßlau 5.3.15 26. August 13 Rheinisch-Bergischer Kreis in Nordrhein-Westfalen. Die
Ausländerbehörde in Bergisch Gladbach verfügt die Ausweisung von Deniz B. aus
dem Bundesgebiet für die Dauer von 10 Jahren. Zudem hat er sich täglich (!)
bei der zuständigen Polizeiwache zu melden und darf das ihm zugewiesene
Gebiet nicht verlassen. Im Falle von Zuwiderhandlungen droht Zwangsgeld. Die
Behörde bezieht sich dabei auf § 54 Abs. 5 bzw. § 54a des
Aufenthaltsgesetzes. Der Antrag von Deniz B. auf Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis wird abgelehnt. Der
Kurde Deniz B. befindet sich seit 12 Jahren in der Bundesrepublik, und im
Jahre 2005 war ihm politisches Asyl zuerkannt worden – er ist heute weder
vorbestraft noch einer Straftat angeklagt. Allein
"Sicherheitsbedenken" von verschiedenen Verfassungsschutz-Behörden
und des Bundeskriminalamtes führten dazu. Er soll als "Funktionär"
der PKK der "Gebietsleiter" in Hannover gewesen sein. Zudem habe er
sich an einer Demonstration zur Freilassung von Abdullah Öcalan und an einem
Hungerstreik beteiligt. Das BKA erklärte ihn später zum "Führungskader
der Jugendorganisation Komalen Ciwan". Damit war behördlicherseits ein
"Unterstützer des internationalen Terrorismus" geschaffen, dessen
Ausweisung als "Instrumentarium zur Gefahrenabwehr" unumgänglich
sei. Weil
Deniz B. in der Türkei Folter droht, kann eine Ausweisung nicht vollstreckt
werden. "Da
mir derzeit die Möglichkeit Ihrer Entfernung aus dem Bundesgebiet nicht
gegeben ist, schöpfe ich alle mir vom Gesetzgeber gegebenen Mittel aus, die
von Ihnen ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit so gering wie möglich zu
halten", so Landrat Drux. Oder an anderer Stelle: "Aufgrund der
Tatsache, dass Sie sowohl eine Mitgliedschaft als auch eine Unterstützung der
PKK nach wie vor abstreiten, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Sie auch
derzeit entsprechende Förderungen leisten, welche leicht beeinflussbare
Jugendliche in die Strukturen der terroristischen Organisation PKK
drängt." Mit
Schreiben vom 20. Januar 14 ordnet die Ausländerbehörde an, daß Deniz B. aus
seiner Wohnung in ein Flüchtlingslager bei Rösrath umzieht. Damit versucht
die Behörde, ihm die Möglichkeit zu nehmen, "bestehende Kontakte zu
Aktivisten und Sympathisanten der PKK/KONGRA GEL weiter zu unterhalten bzw.
auszubauen", und ihn noch mehr unter staatliche Kontrolle zu bekommen. AZADI infodienst
Nr. 134; taz 2.12.14 29. August 13 Bundesland Bayern – Refugee Struggle for Freedom. Es ist
der zehnte Tag der zwei Protestmärsche der Non-Citizens, als die Würzburg-Münchener-Gruppe
(Route A) gegen 14.30 Uhr von Polizeikräften bei Allmannshofen eingekesselt
wird. Wie fast täglich wollen die 50 BeamtInnen Personenkontrollen
durchführen. Die
ca. 20 Demonstrierenden setzen sich ins Maisfeld und verweigern sich mit
Rufen wie "Kein Mensch ist illegal". Dann versuchen die Beamten,
einzelne Personen herauszugreifen, wobei einige geschlagen und gewürgt
werden; zwei Personen werden festgenommen. Schließlich
läßt der polizeiliche Einsatzleiter die DemonstrantInnen weiterziehen. Mit
etlichen Stunden Verspätung erreicht die Gruppe am Abend ihren Zielort für
diesen Tag. (siehe auch: 25. Juni 13; 24. August
13; 1. September 13; 2.
September 13; 9. Oktober
13 und den Text "Non-Citizens im Jahre
2013") refugeestruggle.org; AZ 29.8.13; AA 30.8.13 29.
August 13 Wallersdorf im bayerischen Landkreis Dingolfing-Landau. In
der Osenstraße bei der Sporthalle nahe der Flüchtlingsunterkunft wird gegen
21.40 Uhr ein 31 Jahre alter Asylbewerber aus Somalia von dem Mitfahrer eines
Motorrollers zunächst mit einer Bierflasche beworfen, die ihn allerdings
verfehlt. Dann springt der 18-jährige Täter vom Roller, verfolgt ihn und
traktiert ihn mit Faustschlägen. Der Somalier versucht zu flüchten, verliert aber
sein Handy, und als er es aufheben will, schlägt der Täter erneut zu, so daß
er jetzt zu Boden geht. Darauf fordert der betrunkene Angreifer seinen
gleichaltrigen Komplizen auf dem Motorroller auf, ihn zu
"unterstützen". Der Rollerfahrer gibt Gas, fährt auf den sich
wieder erhebenden Somalier zu und streift ihn, so daß er erneut zu Boden
fällt und sich dabei Verletzungen im Gesicht (u.a. den Abbruch von drei
Schneidezähnen), am Oberkörper und am Knie zuzieht. Er kommt mit einem
Rettungswagen ins nächstgelegene Krankenhaus. Der
Haupttäter ist ein 18-jähriger Maler- und Lackierer-Azubi und aufgrund
mehrerer Vorstrafen schon polizeibekannt. Im
Juni 2014 verurteilt ihn das Jugendschöffengericht des Amtsgerichtes Landshut
wegen gefährlicher und vorsätzlicher Körperverletzung und Widerstand gegen
die Staatsgewalt zu einer Strafe von zwei Jahren und vier Monaten
Jugendgefängnis. Der Rollerfahrer war zu diesem Zeitpunkt bereits zu drei
Wochen Dauerarrest verurteilt worden. Die
drei Zähne des Opfers sind aufgrund der ungeklärten Kostenübernahme auch ein
Jahr nach dem Überfall immer noch nicht gerichtet worden. Polizei Landau
30.8.13; Landauer Ztg
5.9.13; Wochenblatt
9.6.14 29. August 13 Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Unmittelbar vor
seiner Abschiebung verletzt sich auf der Toilette ein 23 Jahre alter Serbe
mit einem Plastikmesser am Unterarm. Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 30. August 13 Berlin-Hellersdorf. Gegen 21. 00 Uhr werden zwei
Flüchtlinge im Bus von einem ca. 25 Jahre alten Mann mit einem spitzen
Gegenstand bedroht und körperlich angegriffen. Als
sie den Bus verlassen und weglaufen, ruft der Täter ihnen etwas nach, was sie
nicht verstehen können, was sie aber weiterhin bedrohlich empfinden. Am
nächten Tag erstatten die Angegriffenen, die in der Carola-Neher-Straße
untergebracht sind, Anzeige bei der Polizei. WuTlog August 13 Landkreis Oberallgäu in Bayern. Eine schwangere Frau, die
entsprechend dem Asylbewerberleistungsgesetz wegen ihrer gesundheitlichen
Beschwerden einen Krankenschein beim Landratsamt Immenstadt beantragt hat,
muß tagelang vergeblich darauf warten. Schließlich
geht es ihr so schlecht, daß sie mit dem Rettungsdienst ins Krankenhaus
gebracht werden muß. Das geschieht viel zu spät, und so verliert sie ihr Kind. Allgäuer
Anzeigenblatt 24.8.13 1. September 13 Bundesland
Schleswig-Holstein. Als der Antrag auf Asyl von der Ausländerbehörde Bad
Segeberg abgelehnt wird, nimmt die 32 Jahre alte Resmije Bega eine Überdosis
Tabletten ein, um sich zu töten. Nach der medizinischen Behandlung kommt sie
für zwei Monate in die Psychiatrie nach Rickling und wird hier – auch mit
muttersprachlicher Betreuung – therapiert. Nach dreijährigem vergeblichen Bemühen um Asyl
in Belgien war Frau Bega im April 2013 zusammen mit ihrem Mann Shkelzen
Berisha (38) und ihren Söhnen Leotrim (3), Shpetim (10), Kushtrim (15) und
Kadri (17) von dort in den Kosovo abgeschoben worden. Sie kehrten in ihr
Heimatdorf Qyshk nahe der Stadt Peja zurück und es ging ihnen allen sehr
schlecht. Denn Arbeit gibt es dort für Roma nicht, und die Kinder wurden auf
der Straße geschlagen und mit Steinen angegriffen. Sie überlebten allein durch die finanzielle
Unterstützung von Verwandten, die im Ausland leben. Dann geschah es, daß ein
Albaner Frau Berisha – in Gegenwart ihres Sohnes Shpetim – auf brutalste
Weise vergewaltigte, so daß das Leben dort gar mehr möglich war. Die Familie flüchtete deshalb im Juni 2013 in
die Bundesrepublik – weiterhin in der Hoffnung, eine Chance auf ein Leben in
Sicherheit zu bekommen. Mutter und Sohn sind seit dem Überfall schwer
traumatisiert. Nach ihrem Aufenthalt in der Psychiatrie
bekommen sowohl Frau Bega als auch Shpetim ambulante psychotherapeutische Behandlung.
Es dauert fast ein Jahr, bis Frau Bega wieder in der Lage ist, mit ihren
Angehörigen zu sprechen. Jedoch kann sie die Anwesenheit ihres Sohnes immer
noch nicht ertragen, weil seine Gegenwart sie an die Katastrophe im Kosovo
erinnert. Im Herbst 2014 droht die Abschiebung des Sohnes
Kadri, der 18 Jahre alt wird. Er hat sich in den letzten 12 Monaten die
deutsche Sprache selbst beigebracht und ein Praktikum in einer Werkstatt
begonnen. Seine Brüder Shpetim und Kushtrim besuchen das Schulzentrum in Bad
Segeberg. Sie sprechen nahezu fließend deutsch, wie ihre Lehrerin berichtet.
Kushtrim hat den Hauptschulabschluß erreicht und bereitet sich auf den
Realschulabschluß vor. Er möchte gerne Sprachen studieren. Am 2. Februar 15 entscheidet das Verwaltungsgericht
für Frau Beja ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot (§ 60 Abs. 2 – 7
AufenthG), so daß ihre minderjährigen Kinder auch geschützt sind. Der
volljährige Kadri ist bis zu seinem Schulabschluß zunächst auch vor
Abschiebung geschützt. LN 25.11.14; Migrationsberatung
Bad Segeberg 1. September 13 Bundesland Bayern – Refugee Struggle for Freedom. Am 13.
Tag der Non-Citizens-Protestmärsche wird die Bayreuth-München-Gruppe (Route
B) kurz nach ihrem Aufbruch im evangelischen Epiphanias-Zentrum in
Freising-Lerchenfeld gegen 11.00 Uhr von einem Großaufgebot der Polizei
gestoppt (30 Mannschafts- und Streifenwagen). Die Ismaninger Straße ist
weiträumig abgesperrt und die ca. 50 DemonstrantInnen sind eng eingekesselt.
Sie bilden Ketten und setzen sich: "Wir sind friedlich, was seid
Ihr?" Offizielles Ziel der Polizeiaktion ist es, Verstöße gegen die
Residenzpflicht festzustellen. Spezialkräfte
der Polizei (USK = Unterstützungskommando) versuchen jetzt mit viel Gewalt,
einzelne Menschen aus der Gruppe herauszuzerren. Einige werden am Hals
gepackt, an den Haaren gezogen oder in den Magen getreten. Die
Protestierenden werden dann kontrolliert und/oder in Handschellen gelegt und
festgenommen. Bei
den EinwohnerInnen des Ortes regt sich Empörung und Protest gegen die
Mißhandlungen durch die Polizei. Die Presse wird ausgeschlossen.
ÜbersetzerInnen sind nicht vor Ort – die Amtssprache ist Deutsch. Ab
12.00 Uhr kommen Notarzt- und Krankenwagen zum Ort, um Verletzte zu behandeln
oder in Krankenhäuser zu bringen. Um
ca. 16.30 Uhr öffnet die Polizei die Blockade – die noch verbliebenen wenigen
Non-Citizens setzen den Protestmarsch fort. Die Verhafteten werden in die
Freisinger Polizeiwache (Flughafen) gebracht. Vor dem Gebäude in der Nordallee 6 sammeln sich
gegen 18.15 Uhr über 40 Personen, die die sofortige Freilassung der
Gefangenen fordern. Um
19.50 Uhr sind noch 12 Personen ohne sicheren Aufenthalt und eine Person mit
sicherem Aufenthalt in Haft. Die festgenommenen Non-Citizens werden von der
Polizei noch in der Nacht zu ihren Flüchtlingsunterkünften zurückgefahren. Mindestens
acht Protestierende werden an diesem Tag verletzt, fünf davon so schwer, daß
sie ins Krankenhaus gebracht werden. Eine Person muß wegen einer Verletzung
an einem Halswirbel und eine zweite wegen schwerer Prellungen an Nacken und
Nieren mindestens über Nacht noch im Krankenhaus bleiben. Die
Polizei leitet gegen mehrere Protestierende Strafverfahren wegen Verstößen
gegen das Asylverfahrensgesetz und zehn Verfahren wegen Körperverletzung,
Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ein. (siehe auch: 25. Juni 13; 24. August
13; 29. August 13; 2. September 13; 9. Oktober 13 und den Text "Non-Citizens
im Jahre 2013") refugeestruggle.org; Polizei
Oberbayern Nord 1.9.13; Pro Asyl 2.9.13;
tz 2.9.13; SZ 3.9.13 2. September 13 Bundesland Bayern – Refugee Struggle for Freedom. Es ist
der 14. Tag der zwei Protestmärsche der Non-Citizens, als die Würzburg-Münchener-Gruppe
(Route A) direkt an der Landkreisgrenze zur Stadt München auf der Brücke über
die Autobahn A99 in Feldmoching um circa 17.00 Uhr von zwei Hundertschaften
der Polizei eingekesselt wird. Auch diesmal sind Spezialkräfte (USK = Unterstützungskommando)
dabei: Schwarz gekleidet, mit kugelsicheren Westen, Helmen, Schlagstöcken und
Pistolen marschieren sie von beiden Seiten auf die Protestierenden zu. Die
Flüchtlinge setzen sich auf den Boden, um sie herum bilden UnterstützerInnen
eine Menschenkette, um sie vor dem Angriff der Beamten zu schützen.
Sprechchöre wie "Wir sind friedlich, was seid Ihr?" oder
"Gleiche Rechte für alle!" machen die Absurdität der Situation
deutlich. Der Pfarrer Björn Mensing von der Evangelischen Versöhnungskirche
an der KZ-Gedenkstätte Dachau, die 77-jährige Bundesverdienstkreuzträgerin
Rose Kraus vom Arbeitskreis Asyl, der SPD-Stadtrat Horst Ullman, die Leiterin
des Jugendzentrums Dachau Ost, Katharina Seibold, und viele andere Menschen
sind dabei, doch es gelingt nicht, die Polizei zum Einhalten zu bringen. Da
die Protestierenden sich weigern, ihre Identität freiwillig preiszugeben,
werden jetzt einzelne mit Gewalt aus der Gruppe herausgezerrt und gerissen
und anschließend mit Plastikbindern gefesselt. Der
Ort des polizeilichen Überfalls ist diesmal so gewählt und so großräumig
abgesperrt, daß er von außen nicht einsehbar ist. So werden Protestäußerungen
von seiten der Bevölkerung – wie sie gestern noch in Freising stattfanden –
von vornherein ausgeschlossen. Mindestens
drei Personen werden an diesem Tag von der Polizei verletzt. 15 Menschen wird
der Verstoß gegen die Residenzpflicht vorgeworfen; sie bleiben in Haft und
werden von der Polizei zu ihren Flüchtlingsunterkünften zurückgebracht. Fünf
Personen werden wegen der Verweigerung ihrer Personenfeststellung angezeigt,
vier Personen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und eine Person
wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz. (siehe auch: 25. Juni 13; 24. August
13; 29. August 13; 1.
September 13; 9. Oktober
13 und den Text "Non-Citizens im Jahre
2013") refugeestruggle.org; Polizei München
2.9.13; MM 2.9.13; AZ
München 2.9.13; SZ 3.9.13 8. September 13 Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. In der Feldstraße
der Ortschaft Sandersdorf-Brehna wird der 47 Jahre alte Oumarou Hamani
Ousman, Flüchtling aus Niger, vor seiner Haustür von einem Unbekannten mit
seinem Fahrrad zum Anhalten gezwungen. Der Angreifer beschimpft und beleidigt
ihn mit rassistischen Äußerungen und schlägt ihm ins Gesicht ("Neger, wo
hast du die Satellitenschüsselhalterung geklaut?"). Dann versucht der
Täter, Herrn Ousman die Halterung zu entreißen, was ihm allerdings aufgrund
der deutlichen Gegenwehr nicht gelingt. Als
der Angreifer plötzlich ein Taschenmesser herauszieht und es Herrn Ousman
gegen die Kehle hält, mischt sich ein Hausnachbar ein und alarmiert die
Polizei. Der
Flüchtling kommt mit einer Schwellung am linken Auge davon und erstattet
Anzeige. Er
lebt seit 11 Jahren in der BRD, seit Jahren mit einer Duldung. (siehe auch: 9. Januar 13) Karawane
Wittenberg; Bericht des
Betroffenen 13. September 13 Bundesland Bayern. In der JVA München-Stadelheim finden Aufsichtsbeamte
den Abschiebegefangenen Ettayebi Bouzalmate gerade noch rechtzeitig, der sich
an seinem Gürtel aufgehängt hat. Der 30-jährige Marokkaner kommt umgehend ins
Krankenhaus, dann zurück in die JVA, wo er von einem Psychiater untersucht
wird. Danach erfolgt seine Verlegung in eine Beobachtungszelle, und
schließlich wird er in das psychiatrische Krankenhaus Isar-Amper-Klinikum
München-Ost in Haar bei München überstellt. Die geplante Abschiebung am 16.
September wird storniert. Nach
seiner Entlassung am 20. September aus dem Krankenhaus in die JVA versucht er
erneut, sich zu töten, und kommt wieder in das Klinikum München-Haar. Dort
erscheinen am 16. Oktober zwei Polizisten, ein Polizeiarzt und zwei
Rettungssanitäter des Bayerischen Roten Kreuzes in seinem Zimmer, um ihn zur
Abschiebung nach Frankfurt am Main zu bringen. Die
Beamten bringen den Patienten Ettayebi Bouzalmate gewaltsam zu Boden und
legen ihm Hand- und Fußschellen an. Dann wird er auf die Trage der
Rettungssanitäter geschnallt und direkt zum Frankfurter Flughafen gefahren.
Während der gesamten Fahrt von München nach Frankfurt bleibt er an Händen und
Füßen gefesselt, und als sich herausstellt, daß er aus formalen Gründen an
diesem Tag nicht abgeschoben werden kann, wird er zurück nach München in die
JVA Stadelheim transportiert – weiterhin an Händen und Füßen gefesselt. Aus
der JVA Stadelheim kommt er erneut in die Psychiatrie nach Haar und wird
schließlich durch eine Gerichtsentscheidung aus der Abschiebehaft entlassen. Das Innenministerium nimmt dazu gemäß der
Aussage der Ausländerbehörde Kleve Stellung und erklärt, daß der Mann durch
einen Facharzt "unmittelbar vor Durchführung der Abschiebung"
untersucht und für reisefähig befunden wurde. Auch seien die "für den Transport
empfohlenen Sicherungsmaßnahmen" durch die Stadt München in Amtshilfe
gewährleistet worden Ettayebi
Bouzalmate hatte im Jahre 2010 in der Bundesrepublik Asyl beantragt, weil er
in Marokko aufgrund seiner Homosexualität brutal verfolgt und verprügelt
worden war und sein Onkel ihn mit dem Tode bedrohte. Diesen eigentlichen
Grund seiner Flucht hatte er im Antrag aus Scham verschwiegen. Stattdessen
gab er an, als Moslem zum Christentum konvertiert zu sein, was ihm die
Behörden nicht glaubten. Nach
der Ablehnung seines Asylantrags Anfang Januar 2012 entzog er sich der
Behördenkontrolle. Er ging von Hessen nach Bayern und lebte eine Weile in
München, bis er bei einer Polizeikontrolle festgenommen wurde und zwei Wochen
lang in der JVA Stadelheim einsaß. Entlassen wurde er dann durch das Urteil
des Münchner Amtsgerichts, das ihn wegen unerlaubten Aufenthalts zu fünf
Monaten Haft auf Bewährung verurteilte. Kurz
danach wurde Ettayebi Bouzalmate am Münchner Hauptbahnhof erneut
festgenommen, kam diese Mal allerdings in die Abschiebehaft der JVA
Stadelheim. Ein
Amtsarzt, der den Gefangenen untersuchte, warnte vor der "Gefahr
suizidaler Handlungen". Nach dem Erhängungsversuch sprechen die
hessischen Behörden von
"(para-)suizidaler Handlung", also einer vorgetäuschten Tat,
mit der Ettayebi Bouzalmate versuchen wollte, sich der sicheren Abschiebung
zu entziehen. SZ 3.1.14; SZ
26.1.14; FRat Bayern
10.3.14; Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 16. September 13 Visselhövede im
Bundesland Niedersachsen. Am frühen Morgen wird ein tschetschenisches Ehepaar
mit seinen sechs Kindern im Alter zwischen fünf und 18 Jahren aus ihrer
Wohnung herausgeholt und entsprechend dem Dublin-II-Verfahren
nach Polen zurückgeschoben. Damit kommt der Familienvater in Lebensgefahr.
Der Mann leidet an AIDS und durch die fachärztliche Behandlung durch eine
Bremer Ärztin, war ein Fortschreiten der Erkrankung zum Stehen gebracht
worden. Die Familie kommt, wie viele aus der
Bundesrepublik abgeschobenen tschetschenischen Flüchtlinge, in die 1000
Kilometer entfernte Haftanstalt der Kleinstadt Ketrzyn im Nordosten Polens.
Zwei Wochen nach der Abschiebung hat der Mann hohes Fieber, ist körperlich
sehr schwach und vermutet, daß es an den polnischen Medikamenten liegt, die
er jetzt einnehmen muß. In
Visselhövede befanden sich ab Mai drei tschetschenische Flüchtlingsfamilien.
In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Rotenburg, der Integrationslotsin
des Landkreises und mit Hilfe ehrenamtlichen Engagements wurde
Deutschunterricht für die schulpflichtigen Kinder, aber auch für die Eltern
organisiert, um ihnen den Start in Deutschland zu erleichtern. Drei
Söhne der jetzt abgeschobenen Familie im Alter von 13, 14 und 15 Jahren
hatten intensiv an diesem Unterricht teilgenommen, bis sie plötzlich gar
nicht mehr zum Unterricht kamen. Nur auf Nachfragen erfahren die
UnterstützerInnen, daß die gesamte Familie bereits in Polen ist. Im
Januar 2014 befindet sich die Familie wieder in Tschetschenien. Mitglieder
einer russischen Organisation hatten die Eheleute mit den Kindern abgeholt
und zurückgebracht. Sie
haben keine Inlandpässe mitbekommen, und eine Neubeantragung ist zu teuer.
Ohne das notwendige Geld können sie sich nicht registrieren lassen und haben
somit auch keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Dem kranken Familienvater
geht es hier wesentlich schlechter. Rotenburger
Rundschau 18.9.13; Rotenburger
Kreiszeitung 18.9.13; Antirassistische
Initiative Berlin 17. September 13 Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. In
einem Waldstück zwischen der Bundesstraße 5 und der Elbe – 200 Meter entfernt
von der Landesaufnahmeunterkunft Nostorf-Horst – findet eine Frau beim
Pilzesammeln einen bäuchlings liegenden Toten. Es
stellt sich heraus, daß es sich um einen 32-jährigen Flüchtling aus dem
west-afrikanischen Land Mauretanien handelt. Aufgrund der Tablettenreste, die
er bei sich hat, und aufgrund der Obduktionsergebnisse wird von einer
Selbstvergiftung ausgegangen. Der
Mann war erst am 22. August in Nostorf-Horst aufgenommen worden, nachdem die
Zentrale Ausländerbehörde Dortmund ihn dorthin weitergeleitet hatte. Am 25.
August war er im Heim das letzte Mal gesehen worden. Nach
Auskunft des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Rostock ist der Mann
vor mindestens einer Woche gestorben. Der Eintritt des Todes wird demnach
zwischen dem 25. August und dem 12. September angenommen. SVZ 18.9.13; OZ 19.9.13; NK 19.9.13; LT DS Mek-Pom 6/2258; FRat Mek-Pom 20. September 13 Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Um 11.30 Uhr entdeckt
ein Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkunft in Ludwigslust einen brennenden
Kinderwagen im Hausflur und löscht das Feuer, so daß nur geringer Sachschaden
entsteht. Die
Polizei schließt zunächst Brandstiftung nicht aus. Polizei Rostock
20.9.13 20. September 13 Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Ein 23 Jahre alter
syrischer Flüchtling wird im Rostocker Stadtteil Dierkow von drei Personen
angegriffen. Während sie ihn rassistisch beschimpfen, schlagen sie ihm mit
Fäusten ins Gesicht, und durch die Treffer eines Schlagstockes geht er zu
Boden. Dann stehlen sie ihm 100 Euro Bargeld. Aufgrund
eines Schädelhirntraumas und Rippenprellungen wird er fünf Tage lang im
Krankenhaus behandelt. Die
Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahl. Nach
ihren Erkenntnissen ist nicht von einem ausländerfeindlichen Hintergrund
auszugehen. OZ 22.9.13;
LOBBI 30. September 13 Regensburg im Bundesland Bayern. Ein 30 Jahre alter
Bewohner des Flüchtlingsheimes Pattlinger Straße schluckt mehr als 40
Schlaftabletten, um sich zu töten. Der
um 22.00 Uhr eintreffende Notarzt veranlaßt die umgehende Einweisung des
Iraners in das St.-Josef-Krankenhaus, von wo er einen Tag später in das
Bezirksklinikum Regensburg verlegt wird. Dort kommt er auf die geschlossene
psychiatrische Station. Einer der Gründe für den Selbsttötungsversuch ist die
absolute Hoffnungslosigkeit auf eine Veränderung seiner derzeitigen
Lebensverhältnisse: Er dürfe nicht arbeiten und auch nicht seine Freunde
besuchen, er sehe im Leben keinen Sinn mehr und fühle sich nutzlos, sagt er
einer Unterstützerin. Am
9. Oktober verletzt er sich erneut. Nachdem er mehr als zwei Stunden im
Aufenthaltsraum der Station auf einen Arzt gewartet hat, mit dem er sprechen
möchte, dieser aber nicht erscheint, nimmt er die Klinge aus seinem Rasierer
und versucht, sich die Pulsadern zu öffnen. Mehr als 15 Personen stürzen auf
ihn zu und verhindern Schlimmeres. Einen Arzt hat er auch am nächsten Tag noch
nicht sprechen können. Bereits
Ende April hatte er eine Überdosis Tabletten geschluckt, weil er aus der
Flüchtlingsunterkunft Schwandorf nach Regensburg verlegt werden sollte. Wegen
seiner damals zweiwöchentlichen Arztbesuche in Regensburg war beschlossen
worden, ihn dorthin zu verlegen. Nach der Selbstvergiftung wurde er einige
Zeit stationär im Bezirkskrankenhaus Regensburg behandelt. Vor
sechs Jahren mußte der Mann aus dem Iran flüchten, weil er wegen seiner
politischen Aktivitäten bedroht und verfolgt wurde. Nach einem vierjährigen
Aufenthalt in Griechenland kam er vor zwei Jahren in die BRD, wo er zunächst
in der Flüchtlingsunterkunft in Cham lebte. Seit zehn Monaten ist er jetzt in
der Asylunterkunft Regensburg. Regensburger
Flüchtlingsforum Herbst 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen. Der 30 Jahre alte
abgelehnte Asylbewerber A. X. aus der Türkei versucht, sich das Leben zu
nehmen, nachdem die Bochumer Ausländerbehörde ihn zur Ausreise aufgefordert
hat. Nach vier Jahren Deutschland-Aufenthalt hat die Behörde seine Duldung
beendet. A.
X. kommt in die Psychiatrie und wird erst am 4. Dezember wieder entlassen. Er
bleibt in psychotherapeutischer Behandlung und ist vorerst nicht
"reisefähig". Die
Abschiebung ist damit nur verschoben, jedoch nicht aufgehoben. WAZ 8.12.13 Herbst 13 Bundesland Bayern. In der Flüchtlingsunterkunft von Erding
versucht sich ein syrischer Flüchtling mit Tabletten zu vergiften und
zusätzlich das Handgelenk aufzuschneiden. Die
MitbewohnerInnen alarmieren die Leitstellen, werden jedoch nicht verstanden.
Erst als deutsche Nachbarn einen Notarzt rufen, erscheint dieser nach 40
Minuten. Die
Wohnverhältnisse in dem Container-Lager sind für viele durch Verfolgung,
Krieg oder Flucht traumatisierte Flüchtlinge katastrophal. Zehn Männer
schlafen, essen und leben auf 40 Quadratmetern je Container. Privatsphäre ist
nicht vorhanden, Aufenthaltsräume existieren nicht, nicht einmal Vorhänge
verwehren den Blick in die Container. Deutschkurse werden nicht angeboten.
Die Menschen haben oft Depressionen, aber psychologische Betreuung findet
nicht statt. Einem
70-jährigen Syrer wurde von den Sachbearbeitern des Sozialamtes Erding ein
Schlafplatz am Boden zugewiesen. Als er nach einem Herzinfarkt aus dem
Krankenhaus entlassen wird, ist die Behördenmitarbeiterin nicht in der Lage,
Kontakt zu einem Arzt herzustellen und die lebensnotwendigen Medikamente zu
organisieren. Avaaz.org.de
1.11.13; facebook.com 10.11.13; MM 15.11.13 7. Oktober 13 Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. Der Flüchtling H. ist auf
dem Weg zum Bahnhof, als er kurz nach 15.00 Uhr von hinten angegriffen und
niedergeschlagen wird. Noch während er am Boden liegt, schlägt der Angreifer
weiter auf ihn ein. Umstehende ZeugInnen, die H. bittet, die Polizei zu
rufen, unternehmen nichts. Stattdessen nähert sich ihm eine junge Familie mit
Kind und stiehlt seinen Einkaufsbeutel mit Nahrungsmitteln im Wert von 30
Euro. Schließlich
sucht er Hilfe bei Angestellten der nahegelegenen Tankstelle, die die Polizei
rufen. Diese erscheint erst nach dem zweiten Anruf eine Dreiviertelstunde
später. Die
Beamten glauben H. nicht, daß der Rucksackinhalt des Familienvaters sein
gestohlenes Eigentum ist. Da ebenso wie der Dieb auch der Schläger noch in
der Nähe ist, kann die Polizei die Personalien feststellen. H.,
der eine schwere Prellung am Knie, eine Muskelzerrung im Arm, ein
Schlagtrauma der Lunge und leichtere Prellungen der Rippen erlitten hat,
erstattet Anzeige gegen den Täter. Antifaschistisches
Netzwerk LSA 22.10.13 9. Oktober 13 Berlin – Pariser Platz. Knapp 30 Flüchtlinge
("Non-Citizens") aus Bayern beginnen vor dem Brandenburger Tor
einen unbefristeten Hungerstreik. Viele von ihnen haben schon im Juni in
München an dem Hunger- und Durststreik und im August an den großen
Protest-Märschen teilgenommen. Um
ihren Forderungen nach Anerkennung als Asylberechtigte mehr Nachdruck zu
verschaffen, trafen sie vor zwei Tagen in Berlin ein, um ihren Refugee
Struggle for Freedom hier fortzusetzen. Schon
in der ersten Nacht des Hungerstreikes versucht die Polizei, den Non-Citizens
ihre Decken und Isomatten wegzunehmen. Erst der Hinweis auf ein Urteil des
Berliner Verwaltungsgerichts zu dem Berliner Hungerstreik vor einem Jahr, in
dem die Richter urteilten, daß sich DemonstrantInnen durch einfache Mittel
vor schlechtem Wetter schützen dürfen, bringt die Beamten von der
Beschlagnahme ab. Trotzdem
bleiben Zelte und Schlafsäcke verboten, und die 27 Männer und zwei Frauen
sind dem unaufhörlichen Regen und der Kälte relativ ungeschützt ausgesetzt. Nachdem
am 2. Tag des Hungerstreiks gegen 22.00 Uhr der medizinische Notdienst
gerufen werden mußte, weil eine Person ohnmächtig wurde, muß ein zweiter
Flüchtling gegen 23.30 Uhr wegen Ohnmacht ins Krankenhaus gebracht werden. In
der Nacht wird eine dritte Person wegen ihres kritischen Gesundheitszustandes
in ein Krankenhaus eingeliefert. In
der Nacht zum 4. Tag des Hungerstreiks und zum 6. Tag wird jeweils eine
Person ins Krankenhaus gefahren. Der
6. Hungerstreiktag ist zugleich der 1. Tag des Durststreiks, den die
Non-Citizens auf ihrer Pressekonferenz ankündigen. Aus ihrem Statement an den
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und den Präsidenten des Bundesamts
für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt: "Wir wollen
unsere grundlegenden Menschenrechte, welche sich in den gleichen
Lebensbedingungen wie sie Staatsbürger_innen inne haben, ausdrücken. Weder
ihr noch irgendeine andere Person kann uns davon abhalten." Gegen
13.00 Uhr kollabiert eine weitere Person und kommt in ein Krankenhaus. Die
am Pariser Platz ständig präsenten Polizeibeamten beginnen, den Flüchtlingen
ihre Taschen und Tüten wegzunehmen, in denen sie trockene Kleidungsstücke
vorrätig haben: Kleidung, die nicht direkt zum Schutz am Körper getragen
werde, entspräche nicht den Auflagen. Am
Abend des 2. Tages der Flüssigkeitsverweigerung sind neun Non-Citizens
zusammengebrochen und in Krankenhäuser gebracht worden – bis zum folgenden
Abend sind es 12 Personen und am 4. Tag des Durststreikes und 9.
Hungerstreiktag, dem 17. Oktober, müssen sieben Personen ins Krankenhaus. Das
anhaltend schlechte Wetter und der fehlende Schutz vor Nässe und Kälte, denn
Zelte sind immer noch verboten, vor allem aber die Ignoranz der
verantwortlichen PolitikerInnen verschlimmern die gesundheitliche Situation
der Hunger- und Durststreikenden massiv. Die
meisten kehren nach den kurzen Krankenhaus-Aufenthalten wieder zum Pariser
Platz zurück und riskieren weiterhin ihr Leben. Am
18. Oktober brechen sechs weitere Flüchtlinge zusammen und werden in
Krankenhäuser gebracht. Nach
einem langen Gespräch mit dem Vizepräsidenten des Bundesamts für Migration
und Flüchtlinge (BAMF), Michael Griesbeck, der Senatorin für Arbeit,
Integration und Frauen, Dilek Kolat, und dem SPD-Politiker Rüdiger Veit, an
dessen Ende die GesprächspartnerInnen zusagen, sich für eine Umsetzung der
Forderungen in den nächsten drei Monaten einzusetzen, beschließen die
Non-Citizens am 19. Oktober, den Hunger- und Durststreik für drei Monate
vorerst auszusetzen. Die politischen Forderungen nach Anerkennung der
Asylanträge, Abschaffung der Residenzpflicht usw. halten sie weiterhin
aufrecht. Sie werden von der evangelischen Kirchengemeinde
Heilig-Kreuz-Passion vorübergehend aufgenommen, um sich von den Strapazen der
letzten Wochen zu erholen. (siehe auch: 25. Juni 13; 24. August
13; 29. August 13; 1. September 13; 9. Oktober 13 und den Text "Non-Citizens
im Jahre 2013") refugeestruggle.org; TS 9.10.13; ND 11.10.13; indymedia.de 15.10.13; TS 15.10.13; BeZ
17.10.13; TS 19.10.13 11. Oktober 13 Mittelmeer – südlich der Insel Malta. Sechs Stunden,
nachdem der syrische Arzt Mohanad Jammo von seinem Satelliten-Telefon
erstmals um Hilfe rief, weil das Flüchtlingsboot zu sinken droht, erscheint
ein Flugzeug der maltesischen Armee und wirft Rettungswesten und
Schlauchboote ab. Es ist jedoch zu spät, das Boot mit über 450 Flüchtlingen
aus Syrien und Palästina an Bord sinkt in die Tiefe. 168 Erwachsene und 100
Kinder ertrinken – unter ihnen sind auch die beiden Söhne (6 Jahre und 9
Monate alt) von Mohanad Jammo. 143
Überlebende werden nach Malta in das Internierungslager Lyster Barracks in
Hal Far nahe der Hauptstadt Valletta gebracht. Hier müssen sie damit rechnen,
bis zum April 2014 in Haft zu bleiben, bis ihre Asylanträge bearbeitet sind.
56 Gerettete kommen durch die italienische Marine nach Poreto Empedocle auf
Sizilien und besonders Geschwächte per Hubschrauber in ein geschlossenes
Auffanglager nach Lampedusa. Ein
Jahr nach dieser Katastrophe lebt Mohanad Jammo mit seiner Frau und seiner
kleinen Tochter in Bad Bergzabern in der Pfalz und berichtet in einer
TV-Reportage über die verzweifelten Versuche der Familie, lebend Europa zu
erreichen. Wegen
des Krieges in Syrien hatte das Ehepaar Jammo beschlossen, das Land zu
verlassen. Sie fuhren mit ihren drei kleinen Kindern von Aleppo per Auto nach
Istanbul. Von hier aus flogen sie ins libysche Misratah, konnten hier aber
auch nicht bleiben. Dann kaufte Herr Jammo für umgerechnet 5.300 Euro eine
"Schiffsüberfahrt" nach Europa. Zwei
Stunden nachdem das Flüchtlingsboot vom Strand vom Zouera abgelegt hatte,
wurde es von einem – wahrscheinlich libyschen - Militärschiff verfolgt und in
den folgenden sechs Stunden immer wieder beschossen. Das Flüchtlingsboot war
schließlich schwer beschädigt, so daß Mohanad Jammo ab 11.00 Uhr die
italienische Küstenwache über den Notfall informierte. Erst
beim 3. Anruf wurde ihm mitgeteilt, daß dieses Gebiet nicht unter
italienischer Aufsicht sei, sondern unter maltesischer, und es wurde ihm eine
Telefonnummer der maltesischen Küstenwache diktiert – er solle dort anrufen. Während
das Flüchtlingsboot voll Wasser lief, sich zur Seite neigte und die
Passagiere in ihrer Panik auf das Oberdeck kletterten, versuchte Mohanad
Jammo immer wieder die maltesische Küstenwache zu aktivieren. Gegen 15.00 Uhr
wurde ihm mitgeteilt, daß demnächst ein Flugzeug mit Rettungswesten und
Schlauchbooten erscheinen würde. Gegen 17.00 Uhr versank das Flüchtlingsboot
im Meer. Es
stellt sich bald heraus, daß die Flüchtlinge hätten gerettet werden können,
wenn der Wille dazu da gewesen wäre. Zum
Zeitpunkt des 1. Notrufs um 13.34 Uhr, der auch an alle in der Gegend
befindlichen Schiffe weitergeleitet wurde, bestanden mehrere Möglichkeiten,
die Menschen aus dem sinkenden Boot zu retten. 27 Meilen entfernt befand sich
die italienische Fregatte "Libra", die innerhalb einer Stunde am
Unglücksort hätte sein können, und die italienische Küstenwache aus Lampedusa
hätte das havarierte Schiff gegen 15.00 Uhr rechtzeitig erreichen können, um
die Menschen zu retten. Stattdessen wurde die Verantwortlichkeit an die
maltesische Marine geschoben, die allerdings auch nicht schnell genug
Rettungsmaßnahmen einleitete. Zeit 12.10.13;
KStA 12.10.13; Zeit 13.10.13;
FR 13.10.13; taz 14.10.13; ND
14.10.13; taz 15.10.13;
Spiegel 15.10.13; UNITED 9.12.13; zdf:zeit
12.11.14 12. Oktober 13 Güstrow-Dettmannsdorf in Mecklenburg-Vorpommern. Mehrere Täter
werfen gegen 4.30 Uhr zwei brennende Feuerwerkskörper durch ein offenes
Klappfenster in den Keller der Flüchtlingsunterkunft Glasewitzer Chaussee.
Mindestens ein Brennkörper explodiert in einem Plastik-Wäschekorb, der durch
die sich entwickelnde starke Hitze zum Schmelzen gebracht wird. Die starken
Rauchschwaden können aufgrund der Beschaffenheit des Kellerraumes nicht
weiter ins Haus vordringen. Von den 52 im Hause lebenden Flüchtlingen wird
niemand verletzt. Auch
einen Monat nach dem Anschlag haben Polizei und Staatsschutz die Täter nicht
ermittelt. Polizei Rostock
12.10.13; ND 12.10.13; NK 13.10.13; SVZ
13.10.13; ndr 1 Radio MV 14.10.13; dpa
12.11.13; BT DS 18/203 17. Oktober 13 Bundesland Bayern. Das Landgericht Traunstein entscheidet
die sofortige Entlassung eines 17-jährigen Flüchtlings aus Côte d'Ivoire
(Elfenbeinküste), der in der JVA München in Abschiebehaft einsitzt. Er
war am 12. September 13 aus dem Zug EC 88 aus Italien über Österreich kommend
wegen unerlaubter Einreise von BeamtInnen der Bundespolizei Rosenheim
festgenommen worden. Die Entlassung des Jugendlichen erfolgt aber
nicht aufgrund seines Alters, sondern wegen der fehlenden Trennung zu
Strafgefangenen. Zitat
aus dem Urteil: "In der JVA München ist zwar die Trennung von Abschiebungsgefangenen
und Strafgefangenen gewährleistet. Es besteht auch die Abteilung für
Jugendliche. Jedoch ist nicht gleichzeitig die Unterbringung in einer Jugend abteilung und die Trennung von Strafgefangenen
gewährleistet." Landgericht Traunstein
17.10.13 18. Oktober 13 Landkreis Main-Spessart in Bayern. Um 4.45 Uhr meldet ein
Bewohner der Flüchtlingsunterkunft Gemünden bei der Einsatzzentrale der
Polizei Unterfranken einen Brand vor dem Flüchtlingsheim. Als die örtlichen
Feuerwehren vor Ort eintreffen, brennen und schwelen die Dämmplatten an der
Außenfassade, und durch die Kellerfenster zieht der Rauch in das Gebäude. Die
BewohnerInnen werden aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Dabei verletzt
sich eine Frau, und ein Bewohner erleidet eine leichte Rauchvergiftung. Beide
kommen in Krankenhäuser nach Würzburg. Die
50 Rettungskräfte können den Brand an der Außenwand schnell löschen, so daß
ein Übergreifen auf das Innere des Gebäudes verhindert wird. Da
am Abend vor dem Brand zwei Personen vor dem Haus gesehen wurden, die
zündelten, wird zunächst der Verdacht der Brandstiftung formuliert, zumal ein
technischer Defekt als Brandursache ausgeschlossen werden kann. Aber
auch nach dreiwöchiger Ermittlungstätigkeit hat sich kein konkreter Verdacht
manifestiert. Anfang März 2014 werden die polizeilichen Ermittlungen gänzlich
eingestellt. nordbayern.de
18.10.13; Mainpost
18.10.13; Polizei
Unterfranken 18.10.13; Mainpost
19.10.13; jW 18.10.13; Mainpost 21.10.13; main-netz.de 13.11.13; tvtouring.de
5.3.14 18. Oktober 13 Bundesland
Nordrhein-Westfalen. Die Essener Flüchtlingsunterkunft in der Straße Im
Neerfeld wird mit einer Schleuder beschossen. Drei Tage später erfolgt eine
weitere Attacke – durch die Metall-Geschosse wird niemand verletzt. Pro Asyl
24.10.13; BT DS 18/203 19. Oktober 13 Wehr im Landkreis Waldshut - Baden-Württemberg. In der
Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft Georg-Kerner-Straße löst ein
Rauchmelder um 3.15 Uhr Alarm aus. Die aus dem Schlaf geschreckten BewohnerInnen
entdecken daraufhin im Erdgeschoß brennende Treppenstufen. Es gelingt ihnen
gemeinsam, das Feuer zu löschen. Alle 35 Personen, die derzeit im Hause
untergebracht sind, bleiben unverletzt. Die
ermittelnden BeamtInnen der Kriminalpolizei stellen fest, daß auf der nach
oben führenden Holztreppe ein Brandbeschleuniger, vermutlich Benzin,
ausgegossen und das Feuer mit Papier entfacht worden war. Ein
Bewohner berichtet, daß er gegen 3.00 Uhr im Lichtschein eines
Bewegungsmelders mehrere Personen gesehen hat, die das Haus durch den
Haupteingang betreten hatten. Zwei
Wochen später meldet die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen, daß diese
Aussage des Bewohners aufgrund einer Rekonstruktion nicht stimmen kann, so
daß sich die Suche nach Brandstiftern jetzt auch auf die BewohnerInnen selbst
ausdehnt. Allerdings heißt es auch: "Die Möglichkeit einer Tatbegehung
durch Rechtsradikale aus fremdenfeindlicher Motivation ist nach wie vor
Gegenstand der Ermittlungen." SK 19.10.13; BaZ 20.10.13; BaZ 21.10.13; SK 21.10.13; Schwarzwälder
Bote 21.10.13; SK 22.10.13; StA
Waldshut-Tiengen 31.10.13; SWP 2.11.13 22. Oktober 13 Bundesland Bayern. Ein 37 Jahre alter Flüchtling aus
Syrien steht auf dem Flachdach des sechsstöckigen Parkhauses in der Münchener
Marsstraße und droht, sich hinunterzustürzen. Er hält sich immer wieder ein
Messer an den Körper und schreit laut. Als
PassantInnen ihn um 10.00 Uhr bemerken und Polizei und Feuerwehr alarmieren,
werden das Parkhaus und die Straße großräumig abgesperrt. Die Feuerwehr legt
Sprungkissen aus, und mittels Dolmetscher und Psychologen wird versucht,
Kontakt zu dem Mann aufzunehmen. Der
Mann ist verzweifelt und fordert einen Reisepaß, um seine Familie nach
Deutschland holen zu können, die sich in einem Flüchtlingslager in der Türkei
befindet. Um 11.20 Uhr lenkt er ein und wird vorübergehend festgenommen. Er
erhält eine Anzeige wegen "Nötigung und des Verstoßes gegen seine
räumliche Beschränkung" (Residenzpflicht), da er im oberbayerischen
Lichtenfels gemeldet ist. Danach wird er wieder entlassen. AZ München
22.10.13; MM 23.10.13 25. Oktober 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen – Stadtteil Wanheim von
Duisburg. Im Treppenhaus des Wohnheims für Flüchtlinge und Spätaussiedler in
der Kaiserswerther Straße zünden Unbekannte um 2.45 Uhr eine Nebelkerze.
Dadurch entsteht 40 Sekunden lang ein roter Nebel, und die Brandmeldeanlage
wird ausgelöst. Zu dieser Zeit werden drei maskierte Personen direkt vor dem
Gebäude gesehen, und in unmittelbarer Nähe werden Aufkleber und Graffities
der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) und des
"Nationalen Widerstands Duisburg" entdeckt. Die
Polizei richtet eine Ermittlungskommission mit 13 BeamtInnen ein. Opferberatung
Rheinland; Polizei Duisburg
29.10.13; netzwerk-gegen-rechts.org
10.11.13 25. Oktober 13 Merseburg in Sachsen-Anhalt. Auf seinem Heimweg wird ein
20-jähriger Flüchtling gegen 18.30 Uhr von drei Männern verfolgt und
rassistisch beschimpft. Einer von ihnen schlägt ihm mehrmals mit der Faust
ins Gesicht. Als der Angegriffene mit seinem Handy die Polizei rufen will,
wird es ihm aus der Hand gerissen und weggeworfen. Bevor
die Polizei eintrifft, sind die Angreifer verschwunden. Der Flüchtling muß
eine Platzwunde an der Lippe und einen Zahnabbruch im Krankenhaus ambulant
behandeln lassen. Mobile Beratung
für Opfer rechtsextremer Gewalt 25. Oktober 13 Bundesland Brandenburg. Im Abschiebegefängnis
Eisenhüttenstadt treten vier Flüchtlinge für drei Tage in einen Hunger- und Durststreik.
Sie protestieren damit gegen Gerichtsentscheidungen, in denen ihre Haft bis
zu zweieinhalb Monate beantragt und vom Amtsgericht Eisenhüttenstadt
bestätigt wurde. Haftgrund: Einreise ohne Erlaubnis. Sie
waren im "Berlin-Warzawa-Express" auf dem Frankfurter Bahnhof
festgenommen worden. Aufgrund eines Verfahrensfehlers des Gerichtes müssen
die vier Flüchtlinge am 14. November frei gelassen werden. lagerwatcheisen
– Chronik 28.Oktober 13 Kleinlangheim,
Landkreis Kitzingen im Bundesland Bayern. Gegen 21.00 Uhr werden Flüchtlinge
vor ihrer Unterkunft von einem 17-jährigen Deutschen mit den Worten ''Scheiß
Kanakken, verpisst euch'' beleidigt. Der 17-Jährige dringt daraufhin mit
einem zwei Jahre älteren Freund in die Kellerräume des Gebäudes ein. Dort
urinieren sie auf Wäsche und Waschmaschinen der BewohnerInnen. Der
mittlerweile 18-Jährige wird am 28. Oktober 14 vom Kitzinger
Jugendschöffengericht zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe wegen
Volksverhetzung und – jedoch in Bezug auf einen anderen Vorfall –
Sachbeschädigung verurteilt. Das Gericht sieht keinen politischen
Hintergrund, sondern eine persönliche Auseinandersetzung mit einem Bewohner
der Unterkunft als Ursache. Das
Verfahren gegen den Mittäter, einen Ex-Bundeswehrsoldaten, wurde nach
''Durchführung erzieherischer Maßnahmen'' eingestellt. StA Würzburg
9.5.14; br.de 28.10.14; Main Post
17.8.14; Main Post 28.10.14 29. Oktober 13 Berlin. Als ein 58 Jahre alter Serbe aus seiner Unterkunft
in der Landstraße 56 zur Abschiebung abgeholt wird, zerschlägt er eine
Glasflasche auf seinem Hinterkopf und verletzt sich anschließend mit einer
Scherbe an seinem Hals. Abgeordnetenhaus
Berlin DS 17/13882 29. Oktober 13 In einer
überfallartigen Aktion läßt der Berliner Innensenator Henkel kurz vor dem
Wintereintritt 24 Flüchtlinge nach Bosnien-Herzegowina und 25 Menschen nach
Serbien abschieben. Die abgelehnten AsylbewerberInnen wurden früh morgens aus
ihren Unterkünften geholt und direkt zum Flughafen Schönefeld gefahren. Ein
Großteil der Personen gehört der Roma-Minderheit an. Unter
ihnen ist die Lebensgefährtin eines 62-jährigen Serben, der an der schweren,
chronischen und fortgeschrittenen Lungenerkrankung COPD (Chronic Obstructive Pulmonary
Desease) leidet. Er ist auf die Sauerstoffzufuhr über ein Beatmungsgerät
angewiesen, war sehr lange in stationärer Behandlung und muß betreut werden.
Das Paar ist seit 30 Jahren zusammen und hat einen gemeinsamen Sohn von 25
Jahren. Da
der Sohn in dieser Nacht aus formalen Gründen noch nicht abgeschoben werden
kann, pflegt er den Vater, kann aber dadurch keine Arbeit aufnehmen. taz 31.10.13; Philip Rusche -
Rechtsanwalt 31. Oktober
13 Flughafen Frankfurt am Main. Im Auftrag der Berliner
Ausländerbehörde wird ein Aserbaidschaner nach 12-jährigem
Deutschland-Aufenthalt in Arztbegleitung nach Baku abgeschoben. Er wurde der
Abschiebebeobachterin als flugunwillig angekündigt und hatte angedroht, sich
selbst zu töten. Aufgrund seiner Vergangenheit als Polizist und der aktuell
herrschenden Zustände in Aserbaidschan hat er Angst vor politischer
Verfolgung, Angst um sein Leben. Durch die Abschiebung wird er von seiner Frau
und Tochter getrennt, die deutsch-russische Wurzeln haben. Damit ist die
Familie getrennt. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 1. November 13 Landkreis Ostallgäu im
Bundesland Bayern. Ein 27 Jahre alter Asylbewerber befindet sich nachts vom
Bahnhof Buchloe auf dem Heimweg, als er auf der Höhe des Langwiesenwegs von
drei Männern angesprochen wird. Ohne Vorwarnung treffen ihn Fäuste ins
Gesicht, und ein Täter schlägt ihm mit einer Flasche auf den Kopf. Dann
nehmen die Angreifer ihrem Opfer sein Geld ab und verschwinden wieder in der
Dun kelheit. Der
Flüchtling muß die erlittenen Prellungen und eine Platzwunde am Kopf ärztlich
behandeln lassen. Polizei
Kaufbeuren 6.11.13 7. November 13 Bundesland
Nordrhein-Westfalen. Kurz nach 23.00 Uhr werden Feuerwerkskörper gegen das
Gebäude und einen dazugehörenden Gastank der Essener Flüchtlingsunterkunft in
der Worringstraße 244 geworfen. Eine Holztür zur Waschküche gerät in Brand,
der von den BewohnerInnen selbst gelöscht werden kann. Ein
9-jähriger Junge (Rom) erschrickt sich dermaßen, daß er von Sanitätern ins
Krankenhaus gebracht werden muß. Noch ein halbes Jahr später befindet sich
der Junge in psychologischer Behandlung. Die
Täter flüchten in einem hellen PKW. Kriminalpolizei und Staatsschutz nehmen
die Ermittlungen auf. Bereits
am 27. Oktober 13 waren die BewohnerInnen aus einem Auto heraus mit
rassistischen Parolen beleidigt worden ("scheiß Asylanten, scheiß
Ausländer"). Es besteht der Verdacht, daß es sich bei beiden Vorfällen
um dieselben Täter handelt. WAZ 8.11.13; NRZ 27.11.13; StA Essen 19.3.14; BT DS 18/203; WAZ 20.3.14
8. November 13 Hamburg-Volksdorf. In der Flüchtlingsunterkunft am Waldweg
bricht gegen 11.00 Uhr im Zimmer eines Bewohners ein Feuer aus, und der
dichte Rauch füllt schnell die Flure. Die
Berufsfeuerwehr Sasel erreicht den Ort nach 15 Minuten, jedoch ist die
erforderliche "Löschmannschaft" erst nach 50 Minuten komplett, weil
die freiwilligen Feuerwehren aus Volksdorf und Sasel ihren Einsatz aufgrund
von Personalmangel absagen müssen und nur die freiwillige Feuerwehr
Duvenstedt eintrifft. Der
Personalmangel für die Feuerwehren in den Außenbezirken von Hamburg besteht
seit Jahren, weil der Senat nicht genügend Gelder zur Verfügung stellt. Die
Beamten sprechen von "purem Glück", daß in diesem Fall das Feuer
relativ schnell gelöscht werden konnte und "nur" eine Bewohnerin
mit Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden muß. HM 9.11.13 10. November 13 Bundesland Bayern. Frau S. sucht ihren Mann und geht
deshalb zu einer Polizeiwache, um Hilfe zu erbitten. Sie wird umgehend
festgenommen und kommt in Untersuchungshaft. Ein Strafverfahren wegen
illegaler Einreise wird gegen sie eingeleitet und ihre 3-jährige Tochter wird
dem Jugendamt übergeben. Frau
S. ist lebensgefährlich erkrankt, und da eine rettende Operation in ihrem
Herkunftsland Kosovo nicht möglich ist, war sie mit ihrem Mann und Kind nach
Deutschland gekommen. Nach
sofortiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in der Bundesrepublik war die Familie
dann nach Frankreich gefahren und stellte dort erneut einen Asylantrag.
Entsprechend dem Dublin-II-Abkommen wurde ihr
Ehemann am 30. Oktober nach Deutschland zurückgeschoben, die schwangere Frau
S. blieb irrtümlich mit ihrer kleinen Tochter zurück. Sie
fuhr dann auf eigene Initiative in die Bundesrepublik zurück, um ihren Mann
zu suchen, der nach der Rückschiebung in die JVA Stadelheim (Abschiebehaft)
gebracht worden war. Der
kleinen Tochter geht es durch die Trennung von der Mutter sehr schlecht – sie
weint unaufhörlich und ruft "von früh bis spät nach ihren Eltern". Aufgrund
der Intervention des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes kann der Anwalt Michael
Sack eine Freilassung des Herrn S. erreichen (Rücknahme des Haftantrags),
nachdem auch die Ausländerbehörde im Rahmen des Haftbeschwerdeverfahrens von
der Inhaftierung der Frau S. erfahren hat. Das völlig verstörte Kind wird
daraufhin am 19. November mit dem Vater zusammengebracht. In einer
Gemeinschaftsunterkunft warten die beiden auf die Freilassung der Mutter und
Ehefrau. Vier Wochen nach ihrer Verhaftung steht jedoch noch nicht einmal ein
Verhandlungstermin fest. Eine
Frauenärztin hat inzwischen attestiert, daß die Grunderkrankung von Frau S.
eine Risiko-Schwangerschaft mit sich bringt. Am
19. Dezember wird auch Frau S. aus dem Gefängnis entlassen, so daß die
Familie wieder vereint ist. Mit
Beschluß des Landgerichts Landshut vom 9. Januar 14 wird die Abschiebehaft
von Herrn S. nachträglich als rechtswidrig festgestellt, einerseits wegen
Mängeln im Haftantrag und andererseits wegen der gemeinsamen Unterbringung
mit Strafgefangenen in der JVA Stadelheim, was dem Trennungsgebot
widerspricht. Kurze Zeit später wird auch das Verfahren
gegen Frau S. wegen Geringfügigkeit eingestellt. Info-Brief JRS
Dez. 2013; Michael Sack –
Rechtsanwalt; Jesuiten-Flüchtlingsdienst 11. November 13 Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern – Eggesin im Landkreis Vorpommern-Greifswald. Gegen
die Haustür eines Wohnhauses in der Max-Matern-Straße werden in der Nacht
Bierflaschen geworfen. Die Scheibe der Tür geht daraufhin zu Bruch. Bereits
in der Nacht auf den 7. November wurde mit Bierflaschen die Scheibe der
Eingangstür zerstört. Hinweise auf die TäterInnen hat die Polizei auch
nach einem Jahr nicht. Seit Oktober 13 wohnen in dem Haus 22
Flüchtlinge aus (u.a.) Syrien und Rußland. Im Vorfeld des Einzuges der
Flüchtlinge hatte die NPD mehrmals zu Protesten gegen die
Flüchtlingsunterkunft aufgerufen. dpa 12.11.13;
HAZ 12.11.13; NK 13.11.13 ; Polizei
Neubrandenburg 29.12.14; BT DS 18/1593 12. November 13 Landkreis Spree-Neiße
in Brandenburg. Mit ca. 40 BeamtInnen und 10 Einsatzfahrzeugen erscheint
morgens um 5.00 Uhr die Polizei in der Flüchtlingsunterkunft Forst, um eine
tschetschenische Familie und einen anderen Flüchtling abzuholen. Die Menschen
werden aus dem Schlaf geweckt und dann – entsprechend dem Dublin-II-Verfahren – nach Polen zurückgeschoben. Die 12-jährige Tochter der sechsköpfigen Familie
befindet sich seit einem Tag im Cottbusser Carl-Thiem-Klinikum. Der Verdacht
auf eine chronische Herzerkrankung soll hier durch spezielle Untersuchungen
genauer eingegrenzt werden. Noch bevor diese Untersuchungen durchgeführt
werden können – für den 27. November ist ein Ultraschall-Termin anberaumt –
wird das Mädchen von der Polizei aus dem Krankenhaus herausgeholt und in
Guben mit seinen Eltern zusammengebracht. Danach erfolgt die Rückschiebung
über die deutsch-polnische Grenze. Die Polizei-Aktion hat insgesamt große Empörung
hervorgerufen, zumal auch einige Flüchtlinge, die im Heim wohnen, durch das
Gewaltpotential retraumatisiert wurden. Die behandelnde Kinderärztin Christiana Schauer-Petrowskaja ist empört: "Das ist
ungeheuerlich .... in den ganzen Jahren meiner Tätigkeit .... habe ich so
einen Akt der Unmenschlichkeit und Dummheit noch nicht erlebt." Die Kliniksprecherin Annegret Hofmann
rechtfertigend: "Es gab eine Weiterbehandlungsempfehlung an die
polnischen Behörden." Die
Polizei zu den Vorwürfen des unverhältnismäßigen Personal-Aufgebots: "Die
Flüchtlinge sind in einer Notsituation. Da sollten die Kollegen auf alle
Fälle gerüstet sein." LR 14.11.13; LR
20.11.13; FRat Brbg
4.12.13 13. November 13 Bundesland Brandenburg. Zwei Asylbewerber werden gegen
20.30 Uhr in der Heidekrautbahn auf der Strecke von Berlin-Karow nach Basdorf
von einem Rassisten massiv beleidigt und bedroht, zudem skandiert der Täter
den "Hitlergruß". Nachdem
ZeugInnen den Vorfall der Polizei gemeldet haben, gelingt es schnell, die
betroffenen Flüchtlinge, einen 23 und einen 28 Jahre alten Pakistani, zu
ermitteln, die das Geschehene bestätigen. Danach
kann auch der Täter identifiziert werden: Es ist ein 45 Jahre alter Mann aus
Barnim. Er wird sich wegen Bedrohung und Verwendens von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen verantworten müssen. Polizei
Brandenburg 26.11.13; gegenrede.info
27.11.13 14. November 13 Berliner Bezirk Kreuzberg. Nachdem Stunden zuvor ein durch
Messerstiche in den Rücken schwer verletzter Flüchtling vor der durch
Refugees besetzten Gerhardt-Hauptmann-Oberschule in der Ohlauer Straße
aufgefunden wurde, rammt ein Sondereinsatz-Kommando der Polizei am frühen
Morgen die Eingangstür der Schule auf. Den BewohnerInnen wird befohlen, sich
auf den Boden zu legen. Ein Mann aus Marokko, der sich niedergelegt hat, wird
jetzt von einem Beamten getreten. Dabei zieht er sich eine Verletzung an der
Lippe zu und verliert einen Zahn. taz 15.11.13 19. November 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen. Als Mitarbeiter der
Ausländerbehörde Lippe gegen 1.00 Uhr morgens an einer Zimmertür in der
zweiten Etage der Flüchtlingsunterkunft in Lügde erscheinen, und mit dem
Bewohner sprechen wollen, springt dieser in Panik aus dem Fenster. Er bricht
sich bei dem Fall aus fünf Metern Höhe beide Beine. Der 24-jährige Mohammad Najrul
Islam aus Bangladesh, der weder Deutsch noch Englisch versteht, vermutete,
daß er nach Ungarn zurückgeschoben werden sollte. Tatsächlich
soll er erst in zwei Wochen nach Ungarn zurückgeschoben werden – die
Behörden-Mitarbeiter suchten einen anderen Bewohner des Heimes in Lügde. Mohammad
Najrul Islam hatte Bangladesh verlassen müssen, weil er unter Todesdrohungen
von seinem Grundstück vertrieben wurde. Er flog zunächst in den Iran. Dann
flüchtete er weiter über die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Serbien,
bis er am 6. Juni 2013 in Ungarn Asyl beantragte. Danach kam er über
Österreich in die Bundesrepublik, wo ihn am 23. Juni in Dresden die Polizei
aus dem Zug holte. Aufgrund
seiner schweren Bein-Verletzungen nach dem Fenstersprung und auch wegen
seiner Traumatisierungen entscheidet das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF), daß das Asylverfahren in der Bundesrepublik durchgeführt
wird. Lippische
Landes-Ztg 14.1.14; NW 15.1.14; Lippische
Landes-Ztg 15.1.14; MT 16.1.14 21. November 13 Bundesland Bayern. Es ist der vierte Tag eines Hunger- und
Durststreikes von insgesamt 30 jungen Flüchtlingen aus Somalia – darunter 25
unbegleitete Minderjährige im Alter von 16 beziehungsweise 17 Jahren. Schon in
der Nacht mußten vier von ihnen in ein Krankenhaus gebracht werden und im
Laufe des Donnerstags weitere fünf Jugendliche. Mit
ihrer Protestaktion fordern sie, daß sie einerseits aus ihrer derzeitigen
Unterbringung in der Bayernkaserne herauskommen und in der Jugendhilfe
untergebracht werden, die sie seit Anfang des Jahres eigentlich betreuen
sollte. Andererseits protestieren sie gegen die Essenspakete und die zu lange
dauernden Asylverfahren. So fordern sie auch die Zusage einer Anhörung beim
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) innerhalb von drei Monaten. Insgesamt
leben derzeit 142 minderjährige Flüchtlinge im Haus Nr. 58 der Freimanner
Kaserne – einige bereits über elf Monate. Für alle BewohnerInnen stehen nur
sieben Toiletten zur Verfügung. dpa 20.11.13; SZ
20.11.13; SZ 21.11.13 21. November 13 In der Zentrale Rückführungsstelle der Bundespolizei am
Flughafen Frankfurt befindet sich ein 19 Jahre alter Mann aus Somalia, der
der Bundespolizei bereits gefesselt übergeben wurde. Er ist vollkommen
teilnahmslos, reagiert nicht auf Fragen, aus seinem Mund kommt Schaum. In
der Flughafenklinik kann der Arzt keine körperlichen Besonderheiten
feststellen, sagt aber mit Blick auf die ausgeprägten Narben am Körper des
jungen Mannes, daß er nicht beurteilen könne, wie es mit ihm psychisch
aussehe. Dies sei für die Flugtauglichkeit auch nicht relevant. Der
Somalier wird unter Anwendung unmittelbaren Zwanges zum Flugzeug getragen und
in Begleitung von Bundespolizisten nach Rom ausgeflogen. Diese berichten
später, daß der Mann während des ganzen Fluges laut geweint und geschrien
habe. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 23. November 13 Berlin – Köpenick. Gegen 19.20 Uhr klettert ein
32-Jähriger über ein Baugerüst am neuen Flüchtlingsheim in der Salvador-Allende-Straße
auf den Balkon einer im zweiten Stock gelegenen Wohnung. Ein
Wachmann alarmiert die Polizei, und die Beamten können noch zwei Begleiter
des Täters am Eingang des Gebäudes festhalten. Gegen einen der beiden liegt
ein Haftbefehl wegen Diebstahls vor, so daß er zusammen mit dem Kletterer
festgenommen wird. Nach
erkennungsdienstlichen Maßnahmen wird der 32-Jährige wieder entlassen. Er
bekommt eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Alle
drei Männer gehören nach Angaben der Polizei dem "rechten Spektrum"
an, so daß ein rechtsextremistisches Motiv nicht ausgeschlossen wird und der
polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen aufnimmt. BeZ 24.11.13 23. November 13 Bundesland Brandenburg. Ein 25 Jahre alter Flüchtling aus Kenia,
der mit dem Rad in der Fürstenwalder Innenstadt unterwegs ist, wird von
hinten mit einem Motorrad angefahren. Er stürzt zu Boden und kugelt sich
dabei den Ellenbogen aus. Der Motorradfahrer und weitere Biker steigen von
ihren Maschinen, gehen auf den am Boden Liegenden zu, beschimpfen ihn und
treten auf ihn ein. Der
Kenianer muß seine Verletzungen einige Tage lang im Krankenhaus behandeln
lassen. Opferperspektive 26. November 13 Wermelskirchen in Nordrhein-Westfalen. Mitarbeiter vom
Ausländeramt des rheinisch-bergischen Kreises erscheinen nachts in der
Wohnung der Familie Duda. Die Eheleute werden mit Handschellen auf dem Rücken
gefesselt und Mehmet Duda wird abgeführt. Um 7.15 Uhr startet das Flugzeug
Richtung Kosovo mit dem 30-Jährigen, der vor 23 Jahren mit seinen Eltern in
die BRD geflüchtet war. Zurück
bleiben seine Frau Xevaheira, der 7-jährige Arijan und der 11-jährige Aslan –
damit ist die Familie getrennt. Weil
Xevaheira Analphabetin ist, wird der kleine Aslan die Familienangelegenheiten
in der Zukunft regeln müssen. Zum
aufenthaltsrechtlichen Verhängnis wurde Mehmet Duda eine körperliche
Auseinandersetzung mit einem Deut schen vor fünf Jahren, die er zusammen mit seinem Bruder
Jeton hatte. Beide waren wegen Körperverletzung bestraft worden und haben die
Strafe seit langer Zeit abgeleistet. Aufgrund der Sondergesetze für
AusländerInnen war mit der Höhe der Strafe auch ein dauerhafter Aufenthalt in
Deutschland in Frage gestellt. Auch die Tatsache, daß beide Eheleute
erwerbstätig sind und ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, spielte für die
Behörden keine Rolle. Obwohl
auch sein 26 Jahre alter Bruder Jeton eine feste Arbeit hatte, wurde dieser
schon am 8. Januar 13 in einer überfallartigen Aktion des Ausländeramtes und
der Polizei nachts – kurz nach Beendigung seiner Nachtschicht – in
Handschellen gelegt und zusammen mit seiner 6-jährigen Tochter Shiret nach
Prishtina abgeschoben. Jeton war mit drei Jahren mit seinen Eltern und
Geschwistern in die Bundesrepublik gekommen. Es
gab viel Solidarität und Unterstützung im Vorfeld der Abschiebung von Mehmet
Duda, aber auch die Mahnwachen und Anträge beim Petitionsausschuß und der
Härtefallkommission hatten letztlich keinen Erfolg. Mehmet Duda vor seiner
Abschiebung: "Wir sind hier voll im Leben integriert, ich habe eine
feste Arbeit, mein Sohn ist Mitglied im Kinder- und Jugendparlament, wir
engagieren uns in der Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhaus, dass jetzt die
Familie auseinandergerissen werden soll, ist einfach nur grausam." Als
Angehörige der Ethnie der Ashkali werden die abgeschobenen Brüder, die über
zwei Jahrzehnte in Deutschland lebten, große Probleme haben, im Kosovo Fuß zu
fassen und zu überleben. Bei
der Mahnwache im Gedenken an das Schicksal der Familie Duda – ein Jahr nach
der Abschiebung - erinnern die DemonstrantInnen daran, daß bis heute noch
immer nicht "für Kinder von Menschen, die den Aufenthaltsstatus der
Duldung haben, die UN-Kinderrechtskonvention umgesetzt" ist. Remscheid-General-Anzeiger
9.1.13; Remscheid-General-Anzeiger
10.1.13; RP 2.7.13;
AVAAZ.de 30.7.13; RP 27.11.13; Remscheid-General-Anzeiger
28.11.14 26. November 13 Landkreis Oberhavel in Brandenburg. Der tschetschenische
Flüchtling Herr I. (26) begibt sich mit seiner Frau S. (34) zur Kreis-Ausländerbehörde,
um Aufenthaltsformalitäten zu regeln. Ohne Ankündigung wird das Ehepaar dort
verhaftet und zur Polizeiinspektion Oranienburg gebracht. Dort wird Frau S.
gezwungen – sie ist bekennende Muslima – ihr Kopftuch abzugeben. Ihr psychisch
schwerkranker Mann bleibt die Nacht über an Händen und Füßen mit Schellen
fixiert. Nach einer Nacht in Einzelzellen erfolgt ihre Rückschiebung
entsprechend dem Dublin-II-Abkommen über die
deutsch-polnische Grenze und endet für das Paar direkt in der polnischen
Haftanstalt Ketrzyn. Mitte
Januar beginnt Herr I. zusammen mit einem Mitgefangenen Herrn A. einen
Hungerstreik für die Freilassung aus dem Gefängnis. Herr
A. – ebenfalls tschetschenischer Flüchtling, unter Epilepsie leidend und am
16. Dezember aus Prenzlau in Brandenburg zurückgeschoben – sitzt mit seiner
Frau, seiner 8-jährigen Tochter Linda und dem 6-jährigen Islam in Haft. Am
18. Februar 14 wird das Ehepaar I. überfallartig von maskierten Männern
abgeholt, in Handschellen gelegt und über die polnisch-russische Grenze ins
90 Kilometer entfernte Kaliningrad verschleppt. Herr
I. ist aufgrund der Erlebnisse in Tschetschenien, z.B. die Erschießung seines
Vaters durch die Milizen oder seine eigenen Foltererfahrungen, schwer
traumatisiert und stark suizidgefährdet. Vom 3. bis 24. September befand er
sich noch im Hennigsdorfer Krankenhaus zur psychiatrischen Behandlung.
Aufgrund der Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung empfahlen die
ÄrztInnen die baldige Aufnahme einer gezielten Therapie. Stattdessen
erstellt ein Amtsarzt im Auftrag der Ausländerbehörde eine
Reisefähigkeitsbescheinigung, werden die ärztlichen Gutachten ignoriert, die
Rechtsanwältin bewußt nicht informiert, um die Flüchtlinge abschieben zu
können. Wegen
der Zunahme der Flüchtlingszahlen aus Tschetschenien hatte Ende Juli das
Brandenburger Innenministerium die Empfehlung des Bundesinnenministeriums an
die Ausländerbehörden weitergereicht, in der es heißt: "Vor der
Ankündigung von konkreten Überstellungsterminen gegenüber Rückzuführenden
abzusehen, um einem Untertauchen vor der Überstellung entgegenwirken zu
können." Am
3. September 14 rügt das Landgericht Neuruppin das rechtsverletzende
Hauruckverfahren der Ausländerbehörde. Der Haftantrag sei ohne Bezug zum
Einzelfall gestellt worden und voller Textbausteine und Leerformeln gewesen.
Der darauf folgende Haftbeschluß des Amtsgerichts Oranienburg bestätigte den
fehlerhaften Antrag und war daher rechtswidrig. Im
März 2014 befindet sich das Ehepaar A. mit den bei-den Kindern immer noch in
dem polnischen Gefängnis. Sie berichten, daß noch 25 weitere Kinder dort
gefangengehalten werden. FRat Brbg
4.12.13; FRat Brbg 18.12.13; taz 29.1.14; FRat Brbg 27.1.14; taz
29.1.14; MOZ 22.2.14; MOZ
23.2.14; FRat Brbg
5.3.14; FRat Brbg 10.3.14 28. November 13 In der Zentralen Rückführungsstelle der Bundespolizei am
Flughafen Frankfurt befindet sich ein pakistanischer Flüchtling, der in
Handfesseln angebracht wird – er trägt Latschen an den Füßen. Er ist als
suizidgefährdet angekündigt und soll in Begleitung von Bundespolizisten nach
Budapest ausgeflogen werden. Es ist ihm nicht mitgeteilt worden, daß das
jetzt passieren wird. Er erzählt der Abschiebungsbeobachterin weinend,
daß er in Pakistan von den Taliban, die schon seinen Vater umbrachten, verfolgt
wurde. Er habe länger in Griechenland gelebt und sei in einem Camp in Ungarn
von anderen Flüchtlingen geschlagen worden. Der
Flugkapitän weigert sich schließlich, ihn zu befördern, und die Abschiebung
wird abgebrochen. Abschiebungsbeobachtung
FFM 2013 30. November 13 Höxter im Regierungsbezirk Detmold
–
Bundesland Nordrhein-Westfalen. Gegen 22.00 Uhr fährt ein Auto vor die Unterkunft
für Flüchtlinge in der Allenbergstraße 2 vor. Zwei bis drei unbekannte
Personen steigen aus. Einer von ihnen wirft eine Bierflasche gegen ein
Fenster des Gebäudes,
wodurch eine Scheibe zu Bruch geht. Niemand wird verletzt. Weil keine TäterInnen ermittelt werden können, wird das Verfahren später eingestellt. Polizei
Bielefeld 6.5.2014; BT DS 18/1593; LT DS NRW
16/5100 3. Dezember 13 Landkreis Potsdam-Mittelmark in Brandenburg. Eine
dreiköpfige tschetschenische Familie wird unter Androhung von Inhaftierung
und Familientrennung zur "freiwilligen" Rückreise nach Polen
gezwungen. Sie wird in ihrer Unterkunft in Bad Belzig aufgesucht, im Zimmer
festgehalten und der Kontakt zu ihrer Anwältin wird unterbunden. Obwohl
die schwangere Frau zusammenbricht, erfolgt die Rückschiebung nach dem Dublin-II-Verfahren in polizeilicher
"Freiheitsbeschränkung" (Jörg Halles, Chef der Ausländerbehörde der
Kreisverwaltung) unverzüglich über Guben nach Polen. Das geschieht einen Tag
vor Inkrafttreten der Schutzfristen, nach denen das Asylverfahren in der BRD
hätte geführt werden können. Der
schwer traumatisierte Ehemann, der schon seit längerem wegen Inhaftierung und
Folter stationär behandelt werden mußte, kommt auch in Polen ins Krankenhaus. Einige
Monate zuvor war ihr 3-jähriges Kind in einem Teich auf dem nicht
eingezäunten Nachbargelände zur Flüchtlingsunterkunft ertrunken. FRat BrBg
4.12.13; MAZ 5.12.13; Antirassistische
Initiative Berlin 4. Dezember 13 Mechernich im Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen. Als
die um 0.30 Uhr alarmierte Feuerwehr die Flüchtlingsunterkunft Elisabethhütte
im Ortsteil Roggendorf erreicht, brennt eine Hälfte eines der
barackenähnlichen Gebäude bereits lichterloh. Die sechs Personen, die in
diesem Teil schliefen, haben sich rechtzeitig retten können. Sie
waren von einem Mitbewohner geweckt worden, in dessen Zimmer der Brand
entstanden war. Dieser Mann, ein Flüchtling aus Bosnien-Herzegowina, versucht
nun immer wieder, in das brennende Gebäude zurückzulaufen. Er muß schließlich
zu seinem Selbstschutz von der Polizei gefesselt werden. Ein Notarzt kümmert
sich um ihn und veranlaßt schließlich, daß er in die Psychiatrie gebracht
wird. Noch
am selben Tag wird er einem Haftrichter vorgeführt, weil er in dringendem
Verdacht steht, das Feuer selbst gelegt zu haben, um sich das Leben zu
nehmen. Die
Feuerwehren aus Mechernich, Strempt und Kommern müssen die BewohnerInnen auch
aus den angrenzenden Baracken evakuieren, weil die Isolierung dieser in
Leichtbauweise erstellten Unterkünfte immer wieder Feuer fängt. Da
die Siedlung mit 55 BewohnerInnen zur Zeit nicht voll belegt ist, können die
Evakuierten in leerstehenden Zimmern unterkommen. (siehe auch: 12. Dezember
13) KStA 4.12.13 8. Dezember 13 Landkreis Mettmann in Nordrhein-Westfalen. Als der 44
Jahre alte Ghanaer Kallo Al-Hassan Kanu in der Flüchtlingsunterkunft von
Heiligenhaus gegen Mittag zusammenbricht, ruft sein Mitbewohner umgehend die
Notruf-Leitstelle mit der Telefonnummer 112 an. Die dort diensthabende Person
fragt zunächst nach der Krankheit, die der Patient haben könnte, woraufhin
der Anrufer antwortet, daß er das nicht wisse, denn er sei kein Arzt. 15
Minuten später ruft er die Polizei an, die ihm mitteilt, daß sie nicht
zuständig sei. Fünf- oder sechsmal wird weiterhin versucht, einen
Krankenwagen zu rufen – aber es kommt keiner. Erst als ein anderer
Mitbewohner einen Notarzt alarmiert und dieser nach einem kurzen Blick auf
den Patienten einen Rettungswagen ordert, wird Kallo Al-Hassan Kanu ins
Krankenhaus Niederberg gebracht und kommt um 15.05 Uhr umgehend auf die
Intensiv-Station. Dort stirbt er noch am selben Tag. Die
MitbewohnerInnen und Freunde des Herrn Al-Hassan erhalten die Nachricht von
seinem Tod am nächsten Tag durch die Polizei. Sie sind voller Trauer, denn
der Verstorbene, den viele "Papa Hassan" nannten, war beliebt – er hat
mindestens 12 Jahre in dieser Flüchtlingsunterkunft gelebt. Zu
der Todesursache des Verstorbenen erhalten die BewohnerInnen keine
Informationen, obwohl sie immer wieder danach fragen. Angesichts der
katastrophalen hygienischen Zustände im Heim kommt auch die Angst vor
anstekkenden Erkrankungen auf. Schließlich
gehen sie in einer spontanen Demonstration zum Rathhaus und verlangen
Auskunft. Auch die unmenschlichen Zustände des Heims in der Ludgerusstraße
kommen hier zur Sprache: Für die ca. 80 BewohnerInnen steht eine (!)
funktionierende Dusche zur Verfügung, und es gibt viel zu wenige Toiletten.
Bis zu 10 Personen und bis zu drei Familien aus unterschiedlichen
Herkunftsländern müssen sich ein Zimmer teilen, oft fällt die Heizung aus, an
Wochenenden gibt es oft keinen Strom, viele Zimmer sind voller Schimmel. Bei
diesem Gespräch, das die Flüchtlinge mit dem Stadt-Kämmerer Michael Beck
führen, sind fünf Polizisten zugegen, und bei dem Flüchtling, der am
häufigsten geredet hat, machen diese anschließend eine Identitätsüberprüfung. Später
wird bekannt, daß Kallo Al-Hassan Kanu an Bauchspeicheldrüsenkrebs litt und –
dem Vernehmen nach – einen Zuckerschock erlitten hat. Die Pressesprecherin
des Krankenhauses äußert sich dahin, daß "alles gegen eine ansteckende
Krankheit" spricht. Zwei
Tage nach dem Tod des Flüchtlings nimmt die Staatsanwaltschaft Wuppertal die
Ermittlungen auf. Auch
vier Wochen nach dem Tod ist den BewohnerInnen nicht mitgeteilt worden, woran
ihr Freund und Mitbewohner letztlich gestorben ist. Sie erhielten zwar die
Mitteilung, daß er bereits beerdigt sei, aber wo er beerdigt wurde, stehe
laut Michael Beck unter "Datenschutz". So
wurde den Menschen, die jahrelang mit ihm zusammengelebt und gewohnt haben,
die Möglichkeit genommen, sich würdig von ihm zu verabschieden. Da
die Mißstände in der ehemaligen Schule durch den Tod von Kallo Al-Hassan Kanu
jetzt öffentlich werden, bemüht sich auch die Stadt, eine sogenannte
Mängelliste "abzuarbeiten". Es sollen weitere Duschen eingebaut
werden, und auch die schimmeligen Wände sind zur Sanierung in Auftrag
gegeben. so_ko_wpt
10.12.13; WAZ 10.12.13; linkezeitung.de 11.12.13; RP 11.12.13; WAZ 20.12.13;
Karawane Wuppertal 6.1.14; Antifaschistisches
Bündnis Kreis Mettmann 9.1.14; WAZ 11.1.14 9. Dezember 13 Bundesland Niedersachsen. Im Flüchtlingsheim der
Oldenburger Gaußstraße schlägt um 11.06 Uhr die Sirene der Brandmeldeanlage
Alarm, weil es in einem Zimmer des Erdgeschosses brennt. Als die Feuerwehren
eintreffen, schlagen die Flammen bereits aus dem Fenster, und die Scheiben im
Umfeld sind geborsten. Rauch hat sich im gesamten Erdgeschoß ausgebreitet.
Die 156 hier lebenden BewohnerInnen können sich selbst ins Freie retten – nur
ein 18-jähriger Mann aus Afghanistan muß mit einer Rauchgasvergiftung ins
Krankenhaus gebracht werden. Er ist einer von vier Bewohnern des in Brand
geratenen Zimmers – seine drei Mitbewohner sind zur Zeit des Feuers nicht im
Hause. Die
insgesamt 34 Rettungskräfte der Feuerwehren Oldenburg, Ofen und Petersfehn können
den Brand relativ schnell löschen. Da
das Erdgeschoß zunächst nicht mehr bewohnbar ist, werden 18 direkt betroffene
Flüchtlinge vorübergehend in anderen Gebäudeteilen untergebracht. Die
vorläufigen Untersuchungen ergeben, daß eine vorsätzliche Brandstiftung und
ein technischer Defekt als Brandursache ausgeschlossen werden können. NWZ 10.12.13; NWZ 11.12.13 10. Dezember 13 Morgens um 4.00 Uhr
erscheinen MitarbeiterInnen der Hamburger Ausländerbehörde und
Ausländerpolizei an der Wohnung einer Roma-Familie. Die Mutter und ihre vier
kleinen Kinder – 14 Monate alte Zwillinge und zwei Mädchen im Alter von 3 und
5 Jahren – werden aus dem Schlaf gerissen. Die Mutter wird aufgefordert,
umgehend und schnell die Sachen zu packen. Dann erfolgt ihr Transport in
einem Bus nach Hannover, wo sie im Rahmen einer Sammelabschiebung mit anderen
Roma-Familien aus Norddeutschland nach Belgrad abgeschoben werden sollen. Dies
geschieht, obwohl der Familienvater derzeit stationär im Krankenhaus ist.
Seine Schwester kann ihn dort informieren, so daß er seinen Anwalt
kontaktiert, dem es noch gelingt, die Rückholung von Frau und Kindern nach
Hamburg zu erwirken, weil die Abschiebung aus vielerlei Gründen nicht
rechtens ist. Landesverband
DIE LINKE. 16.12.13; taz 17.12.13; FRat
HH 19.12.13 11. Dezember 13 Bundesland Brandenburg. Im Abschiebegefängnis
Eisenhüttenstadt trinkt ein Gefangener aus Afghanistan Shampoo. Er kommt für
mehrere Wochen ins Krankenhaus, wo er psychiatrisch behandelt wird. lagerwatcheisen
– Chronik 12. Dezember 13 Bundesland Nordrhein-Westfalen. Zum zweiten Mal innerhalb
weniger Tage brennt es in der Flüchtlingsunterkunft Elisabethhütte in
Mechernich – Ortsteil Roggendorf. Das Feuer wurde der Rettungsleitstelle gegen
2.00 Uhr gemeldet, und als die Rettungskräfte aus Mechernich, Strempt und
Kommern am Ort eintreffen, da brennt schon einer der Wohncontainer lichterloh
und kann auch nicht erhalten werden. Auch ein daneben befindlicher Container
wird stark beschädigt. Zwei Personen kommen mit Verdacht auf
Rauchgasvergiftung ins Kran kenhaus. Die
Brandursache kann zunächst nicht benannt werden – der Ausbruch des Brandes
wird im Küchenbereich vermutet. Die
Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt in den folgenden Monaten gegen einen
25-jährigen Bewohner, stellt die Ermittlungen jedoch wieder ein, weil sich
der Verdacht gegen ihn nicht erhärtet. (siehe auch: 4. Dezember 13) Polizei
Euskirchen 12.12.13; KStA 12.12.13;
express.de 12.12.13; StA Bonn 24.2.15 14. Dezember 13 Plauen im Bundesland Sachsen. Als gegen 21.00 Uhr in der
Flüchtlingsunterkunft Pausaer Straße die Brandmeldeanlage Alarm schlägt,
finden die BewohnerInnen schnell den Ort des Feuers. Es ist das Zimmer eines
35 Jahre alten pakistanischen Flüchtlings, der allerdings die Tür von innen
verschlossen hat. NachbarInnen brechen sie auf und versuchen mit vier
Feuerlöschern, die brennenden Kleidungsstücke, Möbel und den Fußboden zu
löschen. Der Pakistani liegt bewußtlos im Zimmer. Dem inzwischen
eingetroffenen Notarzt gelingt die Reanimation, so daß er ins Krankenhaus
gebracht werden kann. Er hat eine schwere Rauchgasvergiftung erlitten, jedoch
keine Brandverletzungen. Eine
Woche später schließt die Polizei einen Anschlag als Ursache des Feuers aus,
kann aber weiterhin nicht erklären, warum der Brand entstanden ist. Der
Pakistani wartet seit vier Jahren in diesem Heim auf seine Asylentscheidung.
Er war an diesem Samstagabend stark alkoholisiert. sachsen-fernsehen.de
15.12.13; ND 16.12.13;
Vogtland-Anzeiger 16.12.13; FP 20.12.13 16. Dezember 13 Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern. In einer Diskothek
wird ein Flüchtling von einem Mann zunächst provokant feindselig gemustert
und dann in die Richtung seiner drei Kumpane geschubst. Schließlich schlagen
alle vier Angreifer auf ihn ein und verletzen ihn dermaßen, daß er drei Tage
stationär im Krankenhaus behandelt werden muß. LOBBI 17. Dezember 13 Bundesland Niedersachsen. Der 34 Jahre alte libanesische
Asylbewerber Hussein Charara setzt sich in Hannover vor das Schillerdenkmal
in der Georgstraße und verkündet, daß er ab sofort weder Nahrung noch
Medikamente zu sich nehmen wird. Der an einer seltenen, schweren und
chronisch verlaufenden Magen-Darm-Erkrankung leidende Flüchtling protestiert
damit gegen die respektlose Behandlung durch die Behörden. Wie
alle AsylbewerberInnen unterliegt er den Sondergesetzen, die Arbeitsaufnahme
und freie Wohnungswahl fast unmöglich machen. Laut
Asylbewerberleistungsgesetz muß er Krankenscheine beim Sozialamt beantragen
und dort immer wieder darum betteln, die Behandlung seiner Erkrankung
durchführen lassen zu können. In
der ersten Nacht seiner Protestaktion wird er von Neonazis bedroht. Gegen
2.20 Uhr nähern sich dem Denkmal sieben männliche Personen in dunkler
Kleidung und mit Kapuzen oder Mützen anonymisiert. Einige tragen Handschuhe,
die mit Quarzsand gefüllt sind, um die Schlagkraft zu erhöhen. Ein Mann setzt
sich wie ein Boxer vor dem Kampf einen Mundschutz ein. Ein
Unterstützer von Hussein Charara ruft von seinem Handy aus die Polizei, so
daß ein tatsächlicher Angriff nicht mehr stattfinden kann, weil die Beamten
frühzeitig vor Ort sind. Es
stellt sich heraus, daß der Mann mit dem Boxer-Mundschutz Patrik K. ist, der
als einer der vier Anführer der Gruppierung "Besseres Hannover"
gilt – eine Gruppe, die wegen rechtsextremer Aktivitäten vom Innenministerium
verbo ten wurde. Nach
Gesprächen mit der Migrationsbeauftragten der niedersächsischen
Landesregierung und Vertretern der Ausländerbehörde und des Sozialamtes setzt
Hussein Charara am vierten Tag um 16.30 Uhr den Hungerstreik vorläufig aus.
Die Ausländerbehörde hat ihm schriftlich zugesichert, daß gegen ihn keine
"Aufenthalts beendenden Maßnahmen" ergriffen werden würden, bis das
Bundesamt für Migration und Flücht-linge (BAMF) über seinen Asylantrag
entschieden hat. Weiterhin ist mit dem Sozialamt ein reibungsloserer Ablauf
der Krankenscheinausgabe bzw. der Kostenübernahme vereinbart worden. HAZ 17.12.13;
HAZ 18.12.13; FRat NieSa
19.12.13; HAZ 20.12.13;
FRat NieSa 23.12.13 19. Dezember 13 Bundesland Bayern. In der Frühe erscheint ein Polizeitrupp
in der Flüchtlingsunterkunft des oberfränkischen Kronach bei einer
aserbaidschanischen Familie und gibt ihnen 30 Minuten Zeit, ihre Sachen zu
packen. Zeitgleich wird ein Sohn aus seiner Klasse der Lucas-Cranach-Schule
gezerrt, in ein Auto verfrachtet und danach mit den Eltern, dem 9-jährigen
Bruder und der sechs Monate alten Schwester über den Flughafen Frankfurt am
Main abgeschoben. Mit
der Abschiebung werden die vielversprechenden Erfolge einer Therapie des
9-jährigen geistig behinderten Sohnes zunichte gemacht. Als
die Familie vor drei Jahren in die Bundesrepublik kam, war der Junge schwer
traumatisiert. Zudem war er durch die Erlebnisse in Aserbaidschan voller
Angst, hatte Panik vor Puppen, Tieren und allem Unbekannten und neuen
Situationen. Er konnte keinen Blickkontakt aufnehmen und sich in keiner Weise
selbst versorgen. "Durch
die pädagogische Förderung, die Therapien, die gleichbleibende
Gruppenzusammensetzung konnte sich das Kind in seinen Möglichkeiten
erstaunlich gut entwickeln", so der Vorsitzende des Vereins Humanitäre
Hilfe für Menschen in Not e.V. Tom Sauer. Der Junge habe viel Vertrauen
aufbauen können, konnte Blickkontakt zu seinen Mitmenschen aufnehmen, habe
gelernt, sich die Hände zu waschen, benötige keine Windeln mehr, könne sich
selbständig an- und ausziehen und trage voller Stolz seine Schultasche allein
in die Schule. Der
Verein Humanitäre Hilfe für Menschen in Not ruft zu einer Protestkundgebung
am nächsten Tag auf. infranken.de
20.12.13; radio-plassenburg.de
21.12.13; NP 23.12.13 19. Dezember 13 Der vor drei Jahren aus Deutschland abgeschobene Mustafa
El-Haj wird als Soldat der syrischen Armee von gegnerischen Kämpfern gefangen
genommen und zusammen mit einer Gruppe Soldaten erschossen. Er stirbt mit 31
Jahren. Mustafa
El-Haj war nach seiner Abschiebung im Jahre 2010 direkt am Flughafen Damaskus
von der Armee zwangsrekrutiert worden. 14
Jahre vorher war Mustafa El-Haj als unbegleiteter Flüchtling im Alter von 14
Jahren in die Bundesrepublik gekommen und hatte Asyl beantragt. Er lebte bis
zu seiner nächtlichen Abschiebung ohne sicheren Aufenthaltstitel in Müllheim
im Bundesland Baden-Württemberg. BaZ 31.1.14 23. Dezember 13 Bundesland Sachsen. In Dresden-Leuben wird gegen 21.15 Uhr
ein 38 Jahre alter russischer Asylbewerber von einem Unbekannten angegriffen.
Er hatte gerade einen Supermarkt an der Breitscheidstraße in Richtung
Jessener Straße verlassen, als er zwischen den Hausnummern 10 und 12 von dem
Täter ohne Vorwarnung niedergeschlagen wurde. Noch am Boden liegend tritt der
Angreifer weiter auf ihn ein. Der
Russe muß mit Kopfverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Polizei Dresden
3.1.14; Focus 3.1.14; AFA Dresden
2.4.14 23. Dezember 13 Bundesland Brandenburg.
Im Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt verletzt sich ein tunesischer
Flüchtling an Kopf und Beinen und "schneidet sich die Venen auf".
Nach 5-tägigem Krankenhaus-Aufenthalt erfolgt einige Tage später seine
Rückschiebung nach Italien. lagerwatcheisen
– Chronik 24. Dezember 13 Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in der Motardstraße –
Berlin-Spandau. Gegen 17.30 Uhr betreten fünf bis sechs Männer das Zimmer
eines 18-jährigen Flüchtlings, schlagen mit Fäusten auf ihn ein, bedrohen und
verletzen ihn. Als ihm sein 24 Jahre alter Zimmernachbar zu Hilfe kommt, wird
auch dieser attackiert. Dann
demolieren die Täter die Zimmereinrichtung und flüchten mit dem Handy des
18-Jährigen und dem Portemonnaie des Nachbarn. Der
18-Jährige muß mit Schnittverletzungen am Rücken und Abwehrverletzungen an
den Händen ins Krankenhaus gebracht werden. TS 25.12.13 27. Dezember 13 Landkreis Eichsfeld in Thüringen. In der Nacht wird das
Flüchtlingsheim in Breitenworbis von Unbekannten mit Raketen und anderen
Feuerwerkskörpern beschossen. Die BewohnerInnen beobachten mehrere Personen
in der Einfahrt zum Gelände. Es gelingt ihnen, die Täter zu vertreiben. Zuvor
waren mehrere BewohnerInnen nach dem Einkaufen auf dem Weg zur Unterkunft von
zwei jungen Männern mit einem Auto bedroht worden, indem diese provozierend
auf die Flüchtlinge zugefahren waren. Das
Flüchtlingsheim, das einen Kilometer von Breitenworbis entfernt zwischen
Feldern und Agrarbetrieben liegt, war schon Mitte Dezember das Ziel von
Angriffen. Bei einem in der Einfahrt geparkten PKW wurden die Reifen
zerstochen und die Glaswände der Bushaltestelle des Lagers eingeschlagen. Einige
Tage später fuhren zwei Autos auf das Gelände. Die Insassen stiegen aus, bewarfen
das Gebäude mit Gegenständen und riefen Parolen, die für die BewohnerInnen
nicht verständlich waren. Eine Frau allerdings, die vom Fenster aus das
Geschehen beobachtete, sagte, daß die Täter in ihre Richtung die Drohung
geschrien hätten: "Heute Nacht bist du tot!" Circa 20 BewohnerInnen
gelang es schließlich, die AngreiferInnen zu vertreiben. Wieder
einige Tage später kamen die Täter nachts um 1.30 Uhr über das Feld an die
Rückseite der Unterkunft, warfen Steine auf das Gelände und verschwanden dann
wieder in der Dunkelheit. Anfang
Januar 2014 erfolgt ein weiterer Angriff morgens um 6.00 Uhr. Wieder werfen
die Täter Dinge gegen das Gebäude und schreien Drohungen und Beleidigungen. Von
Seiten der Ausländerbeauftragten des Eichsfeldkreises handelt es sich bei den
fortlaufenden Angriffen um "dumme Streiche" – der Heimleiter meint
sogar, daß die Bedrohung durch die Autofahrer Mitte Dezember ein
"Scherz" gewesen sei, den die Flüchtlinge nicht verstanden hätten.
Erst die Reaktion der Betroffenen darauf habe die nächtlichen Attacken
provoziert. Demzufolge wird auch die elektrische Beleuchtung an der Einfahrt
nicht repariert, weshalb weder die Täter noch die Autokennzeichen erkannt
werden konnten. Kommentar des Heimleiters nach dem Bericht von The Voice: Die
Flüchtlinge hätten sie ja selber irgendwann mal kaputtgemacht. The Voice 7.2.14; TLZ 19.2.14 27. Dezember 13 Bundesland Bayern. Gegen 23.50 Uhr reist ein syrischer
Flüchtling mit dem Zug IN 490 von Österreich über Passau nach Deutschland
ein. Er ist auf dem Weg nach Schweden zu seiner hochschwangeren Ehefrau.
Wegen fehlender Papiere und unerlaubter Einreise erfolgt unmittelbar seine
Festnahme. Der
24-Jährige hatte bereits vor einer Woche in Österreich einen Asylantrag
stellen müssen, weil ansonsten von dort seine Abschiebung drohte. So wird er
vom Amtsgericht Passau zu einer vierwöchigen Haft zwecks Rückschiebung nach
Österreich verurteilt. Diese
wird am 23. Januar vom Amtsgericht Mühldorf noch einmal um vier Wochen
verlängert, obwohl das Bundesasylamt in Wien eine Wiederaufnahme des
Gefangenen bereits am 8. Januar abgelehnt hatte. Aufgrund
der Beschwerde seiner Anwältin wird der Mann schließlich am 11. Februar aus
der Haft entlassen und dem Erstaufnahmelager München zugeteilt. Da
Entscheidungen des Bundesamtes erfahrungsgemäß sehr lange dauern, ist der
Mann offensichtlich ohne entsprechende Papiere Ende Februar zu seiner Frau
und seinem Kind weitergereist. LG Traunstein
19.3.14; Antirassistische
Initiative Berlin 27. Dezember 13 Breitenworbis im thüringischen Landkreis Eichsfeld. Auf
dem Rückweg von ihrem Einkauf werden die BewohnerInnen der
Flüchtlingsunterkunft aus einem Auto heraus, das die direkt auf sie zufährt,
von zwei jungen Männern provoziert. Nachdem die Angegriffenen Anstalten machen,
sich zu wehren, fliehen die AngreiferInnen. Am selben Abend erscheinen mehrere Unbekannte in
der Einfahrt zum Gelände der Unterkunft und schießen Raketen und andere
Feuerwerkskörper auf das Gebäude. Mehrere BewohnerInnen können schließlich
die AngreiferInnen vertreiben. Die alarmierte Polizei kann keine TäterInnen
mehr feststellen. In
den folgenden Tagen kommt es insgesamt zu drei wieteren Angriffen, bei denen
jeweils aus einer Gruppe Unbekannter heraus Steine und Gegenstände auf das
Gebäude geworfen und rassistische Parolen und Drohungen (''Heute Nacht bist
Du tot!'') gegrölt werden. Den BewohnerInnen gelingt es immer wieder, die
AngreiferInnen zu vertreiben. Die jeweils alarmierte Polizei kann keine
TäterInnen mehr feststellen. Am
3. Januar werden von BewohnerInnen Unbekannte auf dem Gelände gesehen, die am
selben Tag eine Scheibe einer Bushaltestelle in der Nähe zerschlagen. Auch
ein knappes Jahr nach den Angriffen hat die Polizei noch keine TäterInnen
ermitteln können. MOBIT; The VOICE 2.7.14; jusoseichsfeld.de; Polizei
Nordhausen 18.12.2014; LT DS Thüringen
5/7882 31. Dezember 13 Borna in Sachsen. Gegen die Flüchtlingsunterkunft in der
ehemaligen Berufsschule werden Silvesterraketen und Böller abgeschossen.
Verletzt wird niemand. LVZ 1.1.14; RAA Sachsen; BT DS 18/1593 Im Jahre 2013 Bundesland Brandenburg.
Zwei Frauen sollen ohne Vorankündigung aus Luckenwalde abgeschoben werden.
Sie erleiden Zusammenbrüche und kommen ins Krankenhaus, wodurch die Abschiebung
vorerst verschoben ist. FRat Brbg
4.12.13 Im Jahre 2013 Nach 10-tägiger Überfahrt landet ein Boot mit 300
Flüchtlingen an Bord aus Ägypten kommend in Lampedusa an. Die Menschen werden
in ein mit Stacheldraht abgesperrtes Gelände gebracht und dann einzeln zu
einem kleinen Polizeirevier gebracht. Hier sollen sie ihre Fingerabdrücke
abgeben. Die
Behandlung der Menschen ist äußerst brutal. Alle Flüchtlinge werden
angeschrien, sie werden geschlagen und getreten – auch vor den Kindern wird
kein Halt gemacht. Es gibt nichts zu essen oder zu trinken, und nach ein bis
zwei Tagen werden die Menschen ins Nichts entlassen. Der Palästinenser Anas
Khalil berichtet von diesen Mißhandlungen, nachdem er mit seiner Frau und
seinen Eltern Deutschland erreicht hat. Die
Familie, die eigentlich aus Palästina ist, hatte bereits sechs Jahre lang in
einem Flüchtlingslager in Damaskus gelebt, als sie auch diesen Ort wieder
verlassen müssen. Der Wohnraum ist durch den Krieg in Syrien zerstört, und
den Bruder bzw. Sohn fanden sie enthauptet vor. Sie
flüchteten nach Ägypten und dann weiter übers Mittelmeer nach Europa. Human Places Heft 01 / 2014 Im Jahre 2012 oder 2013 Ein Roma-Ehepaar wird mit seinen drei Kindern um 8.25 Uhr
von der zuständigen Ausländerbehörde zum Hamburger Flughafen gebracht. Die
Frau hält sich den Leib, bittet auf die Toilette gehen zu dürfen. Sie bricht
im Beisein zweier Bewacherinnen dort im Vorraum zusammen und verletzt sich
dabei am linken Oberschenkel – es bildet sich ein großes Hämatom. Sanitäter
der Flughafenfeuerwehr werden gerufen, und die Frau kommt in einen Warteraum,
wo sie sich hinlegen kann. Sie selbst schickt ihren Mann und die Kinder aus
dem Raum hinaus, denn sie will allein mit der Abschiebungsbeobachterin reden.
Dieser
erzählt sie, daß sie große Angst vor einer Rückkehr in ihr Herkunftsland hat,
denn sie sei dort vergewaltigt wor-den und ihr Mann wisse es nicht – und
dürfe es auch nicht erfahren. Als
die Sanitäter erscheinen, gerät die Frau in große Panik: sie hyperventiliert
und schreit, daß sie vergewaltigt wurde und daß niemand sie anfassen dürfe. Dies
hört jetzt ihr Mann, der mit dem jüngsten Kind auf dem Arm immer wieder zu
ihr wollte. Auch er bricht jetzt zusammen, die Kinder sind sehr erschrocken,
können die Situation nicht einordnen und haben Angst um ihre Eltern. "Jetzt
verstehe ich, warum meine Frau weg wollte, ich bring ihn um, ich weiß wer es
war .... er hat mich und meine Kinder mit einer Pistole bedroht, ich wusste
nicht warum, jetzt weiß ich es." Auf
dem Weg zur Psychiatrie Ochsenzoll kollabiert die Frau erneut, so daß der
Rettungswagen stoppen muß, damit sie medizinisch stabilisiert werden kann. Dann
wird sie im Krankenhaus zur stationären Behandlung aufgenommen. Der Mann und
die Kinder werden in ihre Unterkunft zurückgefahren. Zwischen
Abschiebungshaft und freiwilliger
Ausreise 13.1.14 Im Jahre 2012 oder 2013 Flughafen Hamburg. Ein tunesischer Flüchtling wird von Polizeibeamten
gegen 5.00 Uhr zum Flughafen gebracht – er hat weder Gepäck noch Geld dabei.
Er soll entsprechend dem Dublin-II-Verfahren
nach Italien rückgeschoben werden. Er
betont mehrmals, daß er auf keinen Fall nach Italien zurück wolle – notfalls
würde er alles dafür tun, nicht lebend nach Italien zu kommen. Daraufhin
entscheiden die ihn begleitenden Beamten, ihn zu fesseln. Im Wagen auf dem
Weg zum Flugzeug versucht der Tunesier heftig, sich zu widersetzen, er
schreit laut und springt auf, um mit dem Kopf an die Decke zu stoßen. Die
Beamten brechen die Rückschiebung ab. Zwei Wochen später wird der Tunesier
mit einem Charterflug nach Italien überstellt. Zwischen
Abschiebungshaft und freiwilliger
Ausreise 13.1.14 |